Kaiser / Kaiser / Kaiser, Die Anwaltsklausur: Zivilrecht, 6. Auflage, Vahlen 2015
Von Rechtsreferendar Arian Nazari-Khanachayi, LL.M. Eur., Heidelberg
Die sog. „Kaiser-Skripte“ sind bei Rechtsreferendaren sehr beliebt und genießen einen sehr guten Ruf. Dies mag seinen Grund darin haben, dass die Skripte einerseits das für die Examensklausuren gewichtigste Wissen klausurorientiert präsentieren, weshalb sie dem Leser die Vorbereitung auf die Examensklausuren immens erleichtern, und andererseits die vorgestellten Themen in der Regel aus der Analyse von Original-Examensklausuren ableiten, weshalb sie dem Leser ein Gespür für die Anforderungen in der Zweiten Juristischen Prüfung zu vermitteln vermögen. Auch die Neuauflage des Werkes von RA Torsten Kaiser, Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Seminarleiter bei den Kaiserseminaren und Mitherausgeber der JA, VRiLG a.D. Horst Kaiser, ehem. AG-Leiter für Referendare, ehem. Mitglied des Gemeinsamen Prüfungsamtes Nord für das Assessorexamen und Seminarleiter bei den Kaiserseminaren, und RiLG Jan Kaiser, Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), geschäftsführender Gesellschafter der Kaiserseminare und Seminarleiter bei den Kaiserseminaren, folgt dem vorstehend erwähnten Muster und illustriert auf 151 Seiten die Anforderungen an eine zivilrechtliche Anwaltsklausur.
In formaler Hinsicht ist das Werk im gewohnten Layout gehalten, so dass besonders wichtige Elemente in grau untermalten Kästchen hervorgehoben werden, viele Examenstipps geliefert werden und die Fußnoten vornehmlich Rechtsprechungsnachweise und Nachweise aus den gängigen Kommentaren enthalten, aber auch auf einschlägige sonstige Kaiser-Skripte verweisen. Hervorzuheben ist in formaler Hinsicht die Auswahl der Themen, da die Autoren nicht nur die unterschiedlichen Perspektiven, die dem Rechtsanwalt begegnen können (z.B. Kläger oder Beklagter), sondern auch die unterschiedlichen prozessualen Situationen berücksichtigen (d.h. vor dem Erkenntnisverfahren, einstweiliger Rechtsschutz oder Zwangsvollstreckung). Insofern kann davon ausgegangen werden, dass das Werk die möglichen Konstellationen einer Anwaltsklausur abdeckt.
Wie bereits erwähnt, besticht das Werk – ähnlich wie die sonstigen Kaiser-Skripte – durch die besonders examensorientierte Darstellungsweise: So geben die Verfasser an notwendigen Stellen Hinweise dazu, wie der Aktenauszug (die Klausur) am effizientesten zu lesen ist (z.B. Rn. 49: Lektüre der Klageschrift vorziehen bei einer Klausur aus Beklagtensicht). Daneben werden erfreulicherweise die häufigsten Klausurkonstellation nicht nur in der „Reinform“ dargestellt, sondern auch vorkommende Abweichungsmöglichkeiten hinreichend berücksichtigt (z.B. Rn. 50b–50d: Fristeinhaltung im Rahmen des § 276 Abs. 1 ZPO, wobei das in diesem Zusammenhang bestehende Problem der Existenz eines Versäumnisurteils mit unterschiedlichen Nuancen und den jeweils unterschiedlichen Lösungswegen präsentiert wird). Diese Herangehensweise ist besonders zu loben, weil dadurch dem – aufmerksamen – Leser aufgezeigt wird, dass eine Standardfrage durch feine Veränderungen des Sachverhalts – bisweilen – eine, im Vergleich zur Standardlösung, andere Lösung erfordert, sodass ein Gespür für das Achten auf Details eines jeden Aktenauszugs entwickelt werden kann. Des Weiteren ist gerade für das Einüben der Lösungsformulierung hervorzuheben, dass die Verfasser eine Vielzahl an Formulierungsbeispiele präsentieren (vgl. etwa Rn. 71, Rn. 95 o. Rn. 111), die mit diversen Mustern abgerundet werden (z.B. Rn. 47 f., 71) und ihren Höhepunkt in den das Skript abschließenden Musterverträgen für den Bereich der Kautelarklausuren finden (ab Rn. 150 ff.). Daneben werden Aufbauhinweise mit entsprechenden Verweisen auf häufig vorkommende Fehlerquellen offengelegt, damit der Leser diese Vermeiden kann (z.B. Rn. 93: Beginn einer Zwangsvollstreckungsklausur mit der materiellen Rechtslage als Kardinalsfehler, weil die Rechtsbehelfsprüfung stets zuvorderst erfolgen muss). Für Leser, die bei der Vorbereitung auf die Klausur im Rahmen der Zweiten Juristischen Prüfung besonders auf zeitersparendes Lernen bedacht sind, beinhaltet das Werk insofern eine große Hilfestellung, als zum einen stets auf ähnlich gelagerte „Klausurtypen“ aufmerksam gemacht wird und zum anderen unter Betonung der Ausgangssituation nur noch Besonderheiten einer Anwaltsklausur erwähnt werden (vgl. etwa Rn. 121: bei der „sog. unechten Zwangsvollstreckungsklausur“ ergäben sich grundsätzlich keine Besonderheiten). Schließlich ist aus dem Bereich der Darstellung zu den Kautelarklausuren hervorzuheben, dass die Verfasser diesbezüglich besonders weiterführende taktische und arbeitsmethodische Hinweise dahingehend liefern, wie der Bearbeiter an die jeweils unterschiedlichen Wünsche des Mandanten heranzugehen hat (z.B. Rn. 133: bei der Erstellung von AGB stets die äußeren Grenzen der Wirksamkeit der jeweiligen Klauseln mit Blick auf beispielsweise §§ 305c, 306a BGB und dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion achten und den Mandanten hierauf aufmerksam machen).
Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass das Werk von Kaiser/Kaiser/Kaiser jedem Rechtsreferendar empfohlen werden kann: So kann das Werk einerseits eingesetzt werden, um sich mit den häufigsten Klausurtypen aus dem Bereich der Anwaltsklausuren mit den unterschiedlichsten Perspektiven und in den einzelnen Prozesssituation vertraut zu machen; andererseits kann das Werk aber auch als Wiederholungshilfe eingesetzt werden, um das eigene Wissen – gegebenenfalls nochmals vor den Klausuren – gerade in den examensrelevantesten Themenbereichen mit Praxisbezug zu überprüfen und zu verfestigen.