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Rezension Zivilrecht: Unterhaltsrecht


Roßmann / Viefhues, Taktik im Unterhaltsrecht, Anspruchsgrundlagen - Beratungs- und Gestaltungspraxis – Prozessführung, 2. Auflage, Luchterhand 2013

Von Richter am Amtsgericht Carsten Krumm, Lüdinghausen
 

„Taktik im Unterhaltsrecht“ ist ein Familienrechtsbuch für alle Praktiker, die mit Familienrecht befasst werden, und damit sowohl für Anfänger, als auch für Fortgeschrittene. Das Autorenteam des bereits in 2. Auflage erschienenen Buches besteht aus den einem Anwalt (Roßmann) und einem Richter (Viefhues) – dies ist sicher eine optimale Mischung, da es in dem Buch nicht nur um materielles Unterhaltsrecht geht, sondern um Anwaltstaktik, die Beratungs- und Gestaltungspraxis und auch die Prozessführung. Diese Verknüpfung führt dann aber dazu, dass das Buch nicht einfach (z.B. auch für diese Rezension) zu überfliegen ist. Einen Mangel des Buches stellt dies nicht dar – der Leser, der sich auf das Buch einlässt, wird sehr viel Mehrwert daraus ziehen können. Erforderlich hierfür ist aber eine Einarbeitung durch genaues Anschauen der Gliederung und Querlesen einiger Abschnitte einschließlich zu findender Musterschreiben, damit sich die interne Verknüpfung von Prozessrecht, anwaltlicher Sachbearbeitung und materiellem Recht erschließt und das spätere Arbeiten am konkreten Einzelfall rationell möglich ist.

Zunächst befasst sich Roßmann auf den ersten 55 Seiten des Buches in Kapitel 1 mit der Mandatsannahme in Unterhaltssachen. Es geht dabei meist um ganz praktische Fragen, die sich insbesondere Anfänger im Anwaltsberuf stellen werden: Wie sieht es mit der anwaltlichen Vollmacht aus? Welche Haftungsrisiken drohen? Gibt es standesrechtliche Probleme? Beleuchtet werden aber auch die (vielleicht noch wichtigeren) Themenkreise VKH und der „Nichtfamilienrechtlern“ i.d.R. unbekannte Verfahrenskostenvorschuss. Das Kapitel schließt ab mit 9 thematisch passenden Schriftsatzmustern.

Sodann widmet sich Viefhues in den Kapiteln 2 und 3 der Auskunft als regelmäßiger Voraussetzung eines Unterhaltsstreits und den materiellen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs. Wer einmal das Vergnügen hatte, Viefhues gerade zu dem zweiten Thema zu hören, weiß, dass hier erstklassige Darstellungen zu erwarten sind. Diese Erwartungen werden dann auch nicht enttäuscht. Während er im Bereich der Darstellung des Auskunftsanspruchs und seiner Durchsetzung noch mit 40 Seiten auskommt (incl. 4 Musteranträge), nimmt er sich für das Unterhaltsrecht als Herzstück des Buches 270 Seiten Platz. Die Darstellungen hier sind optisch ansprechend aufgebaut und durch zahlreiche Einschübe, Tipps und Hinweise aufgelockert. Wieder finden sich viele Musterschreiben aber auch Übersichten und Checklisten zu einzelnen Problemfeldern. Die Darstellungen sind leicht verständlich. Vielleicht sollte mancher Leser – namentlich der Anfänger – bei einer Buchlektüre mit diesem Kapitel beginnen und danach erst die vorstehenden Abschnitte lesen. Besonders gut gefallen die in den Text eingeschobenen Berechnungsbeispiele, so etwa zu dem (für Anfänger) nur schwer verständlichen Berechnungsweg zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs, wenn Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht wird (S. 137 ff.).

Das von Roßmann verfasste Kapitel 4 befasst sich dann mit einem nur für Anwälte wichtigen Thema, nämlich der Vertragsgestaltung in Unterhaltssachen, die gerade nach der großen Unterhaltsrechtsreform erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Hier ist für den vorsorgenden Anwalt wichtig, genau richtig zu formulieren und die Grenzen der Vertragsfreiheit im Blick zu halten. Roßmann bietet hierfür zahlreiche Formulierungsvorschläge für einzelne Klauseln, aber auch für ganze Abschnitte zum Thema Unterhalt in Eheverträgen (vgl. etwa S. 396 ff.).

In Kapitel 5 – ebenso wie Kapitel 3 von zentraler Bedeutung für das Buch - geht es dann um die prozessuale Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs. Es geht also um Fragen des FamFG und der ZPO, da es sich bei dem Unterhaltsverfahren ja um eine so genannte Familienstreitsache handelt, auf die im Wesentlichen ZPO-Regeln Anwendung finden. Roßmann als der verantwortliche Autor zeigt hier auf, was der Unterhaltsgläubiger wissen muss. Für den Anwalt des Unterhaltsverpflichteten sind diese 300 Seiten starken Erörterungen freilich genauso geeignet und ebenfalls ans Herz zu legen. Hier werden auch nicht nur prozessuale Basics vermittelt, sondern vielmehr dicke Bretter gebohrt. Besonders zu erwähnen ist hier die Darstellung zur einstweiligen Anordnung in Unterhaltssachen (Rn. 110 ff.). Die Darstellung erstreckt sich dabei auf alle erdenklichen Prozesssituationen, so auch etwa auf vollstreckungsrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit Unterhaltsverfahren. Auch in diesem Kapitel sind zahlreiche Musteranträge (i.d.R. auch vollständig ausformuliert) zu finden. Mir sagen bei einer ersten Durchsicht des Buches und einem Querlesen einzelner Passagen in Kapitel 5 insbesondere die Darstellungen zu der immer wieder problematischen Abänderung von Unterhaltstiteln zu (Gliederungspunkt E).

Die Verzeichnisse des Buches sind ausführlich und gut gepflegt. Besonders ist zu erwähnen das eigene Verzeichnis der Muster und Formulierungsvorschläge (XXIII), das dem anwaltlichen Leser einen Blick in Formularbücher erspart. Letztlich ist noch darauf hinzuweisen, dass das Buch ein jBook ist – man kann es also auch online lesen. Ich kann die Anschaffung nur empfehlen und zwar nicht nur Rechtsanwälten, sondern auch Richtern oder anderen mit Unterhaltsverfahren befassten Juristen.

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