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Rezension Zivilrecht: Praxishandbuch Unterhaltsrecht

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Kleffmann / Soyka, Praxishandbuch Unterhaltsrecht, 1. Auflage, Luchterhand 2012

Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
 

Neben den zahlreichen Gesamtdarstellungen zum Familienrecht haben sich in jüngerer Zeit nicht nur Folgeauflagen bestehender Werke, sondern auch ganz neue Titel zu Einzelfragen des Familienrechts in den Fokus der Rechtsanwender platziert. Das vorliegende Handbuch widmet sich vollumfänglich dem Unterhaltsrecht und seiner prozessualen Geltendmachung und das auf deutlich unter 500 Seiten. Gerade die Konzentration auf wesentliche Aspekte zusammen mit der Komprimierung des vermittelten Wissens macht heutzutage für den Praktiker den entscheidenden Mehrwert eines Buches aus. Das Autorenteam besteht aus Fachanwälten für Familienrecht und Richtern von Oberlandesgerichten, teilweise bereits einschlägig bekannt aus anderen familienrechtlichen Veröffentlichungen. Aufbauschemata, Berechnungsbeispiele, Praxistipps und Schaubilder ergänzen den übersichtlich gestalteten Fließtext.

Dass die Ausführungen mit der „Düsseldorfer Tabelle“ beginnen und nicht mit irgendwelchen theoretischen Abhandlungen, zeigt dem Leser sofort, dass er sich zielorientiert mit der Materie befassen kann. Natürlich muss er vom Referenzzahlenwerk des Unterhaltsrechts mitsamt den für sein OLG erlassenen Hinweisen und Leitlinien ausgehen, um danach die Realisierbarkeit der dort ermittelten Forderung zu prüfen. Auf die Tabelle wird auch im weiteren Verlauf des Buches immer wieder Bezug genommen (z.B. S. 114). Sodann folgt ein umfassendes Kapitel zur Einkommensermittlung, in welchem zahlreiche Zusatzaspekte pragmatisch einfließen, etwa steuerrechtliche Fragen bei der Ermittlung von Abschreibungen auf Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (S. 33 ff.) oder insolvenzrechtliche Themen bei der Darstellung des bereinigten Nettoeinkommens (S. 85). Lesenswert sind auch die zahlreichen Unterkapitel zum fiktiven Einkommen, etwa bei Strafgefangenen (S. 71).

Der Kindes- und der Ehegattenunterhalt werden danach in zwei eigenen Abschnitten erfasst und entsprechend ihrer Bedeutung ausführlich erläutert. Auch hier kommen in der Praxis immer wiederkehrende Probleme intensiv zur Sprache, so etwa der Ausbildungsunterhalt (S. 116) oder die Tenorierung des Unterhalts (S. 124), aber ebenso typische Detailfragen wie der Kostenvorschuss (S. 135) oder die Änderung des Selbstbehalts beim Zusammenleben mit einem neuen Partner (S. 230). Immer wird zudem auf die prozessuale Seite Rücksicht genommen und in passenden Unterkapiteln zur Darlegungs- und Beweislast verankert.

Eine Reihe von kürzeren Abschnitten vervollständigt zunächst die Thematik, etwa zum Elternunterhalt, zum Unterhalt nicht miteinander verheirateter Eltern, zu familienrechtlichen Ausgleichsansprüchen oder zum Unterhalt eingetragener Lebenspartner. Danach kann der Leser mit einem weiteren Schwertpunktkapitel wieder tief in das Unterhaltsrecht eintauchen, denn es geht um Verwirkung, Befristung, Herabsetzung und Verjährung des Unterhaltsanspruchs. Wiederum ergänzen sich materiell-rechtliche und prozessuale Erläuterungen in ausgewogener Weise, wobei dem Leser praktisch durchaus schwierige Elemente wie etwa das schwerwiegende Fehlverhalten nach § 1579 Nrn. 7 und 8 BGB anschaulich anhand von Beispielen nahegebracht werden (S. 335 ff.). Auch die notwendige Auslegungsarbeit bei der Prüfung einer Verwirkung nach § 242 BGB wird mit ausreichenden Argumentationshilfen untermauert (S. 348 ff.).


Nach einem Zwischenkapitel zu Unterhaltsvereinbarungen setzt das Kapitel zum Verfahrensrecht einen passenden und umfassenden Schlusspunkt. Neben allgemeinen prozessualen Fragen wie dem zuständigen Gericht oder dem Rechtsschutzbedürfnis widmen sich die Autoren z.B. dem gestuften Klageantrag, der Abänderung des Unterhaltstitels, sowohl was Urteile als auch Vergleiche angeht, dem einstweiligen Rechtsschutz oder der prozessualen Umsetzung des Vorschussanspruchs für die Verfahrenskosten. Dass die Verfahrenskostenhilfe ganz am Ende der Ausführungen erwähnt wird, überrascht dann doch etwas, denn in anderen Standardwerken, etwa Garbe / Ullrich, Verfahren in Familiensachen, ist diese der Ausgangspunkt der Erläuterungen.

Insgesamt halte ich dieses Handbuch für eine wichtige Neuerscheinung, sowohl für den Neueinsteiger in Familiensachen als auch für den etablierten Praktiker, der sein vorhandenes Wissen auffrischen und abgleichen will. Die Rechtsfragen des Unterhaltsrechts sind pragmatisch und präzise aufgegriffen worden und die Autoren geben instruktive und gut verständliche Antworten. Wer dennoch weitere Recherchen anstellen will oder muss, ist durch das umfangreiche Nachweissystem der einzelnen Kapitel mit Fundstellen bestens ausgestattet. Eine gelungene Neuerscheinung.

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