Petersen, Die mündliche Prüfung im ersten juristischen Staatsexamen – zivilrechtliche Prüfungsgespräche, 2. Auflage, De Gruyter 2012
Von Ref. iur. Arian Nazari-Khanachayi, Frankfurt
Die staatliche Pflichtfachprüfung besteht zu einem nicht zu unterschätzendem Teil (regelmäßig 1/3 der Gesamtprüfungsleistung) aus der mündlichen Prüfung. Deswegen stellt sich nach den Klausuren und einer dringend zu empfehlenden Erholungsphase folgende Frage: Wie bereitet man sich effektiv auf die mündliche Prüfung vor? Die Suche nach einschlägiger Literatur zeigt sich allerdings als von wenig Erfolg gekrönt (vgl. auch Malkus, JuS 2011, 296, ebd.). Daher ist die Neuauflage des Lehrbuchs von Jens Petersen, Professor für Bürgerliches Recht, Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Potsdam, sehr zu begrüßen. Petersenvereint auf 152 Seiten eine solide Wiederholung der prüfungsrelevanten Teilgebiete des Zivilrechts einerseits, mit diversen – auf den eigenen Erfahrungen des Verfassers basierenden – Verhaltensempfehlungen für typische Prüfungssituationen andererseits.
Die ersten 20 Seiten des Buches (Erster Teil) widmet Petersendem Zeitfenster unmittelbar vor der Prüfung. Hierbei werden insbesondere Hinweise bezüglich des Vorgesprächs mit den Prüfern, der mentalen Vorbereitung auf die Unberechenbarkeit der spezifischen Prüfungssituation und der Reaktionsmöglichkeiten im Rahmen der Prüfung selbst ausgesprochen. Dieser Einleitung schließen sich sodann im zweiten Teil die 10 Prüfungsgesprächssimulationen an. Abschließend wird in einem dritten Teil (S. 139 ff.) auf den Kurzvortrag, welcher in einigen Bundesländern als Prüfungsleistung abverlangt wird, eingegangen: zum einen wird im Stil des ersten Teils dargeboten wie ein solcher Kurzvortrag abläuft und welche „Typen von Prüfungsthemen“ existieren, zum anderen ein Beispielsfall aus dem Zivilrecht vorgestellt.
Inhaltlich gehen die Gespräche auf Standardprobleme aus den jeweiligen Bereichen ein, die jedem Examenskandidaten geläufig sein sollten. Hervorzuheben sind daher nicht die materiell-rechtlichen Ausführungen, sondern PetersensZwischenbemerkungen. So wird dem bedeutenden Hinweis, dem Prüfungsgespräch in jedem Stadium aufmerksam zu folgen, anhand typischer Situationen, in denen ein neuer Kandidat gefragt werden würde, Nachdruck verliehen: es biete sich an, den Sachverhalt im Lichte einer aufgestellten Prämisse von einem Kandidaten analysieren zu lassen, um die Konklusion von einem anderen Kandidaten ableiten zu lassen. Auf diese Weise könne der Prüfer überprüfen, „ob dieser [zweite Kandidat] den bisherigen Überlegungen des anderen Prüflings gefolgt ist“ (S. 34). Sollte eine solche Situation auftreten und der gefragte Prüfling schweigen, so sei dies „peinlich“, weil er damit signalisieren würde, er sei dem Prüfungsgespräch nicht gefolgt oder habe nicht folgen können (S. 48). Ferner wird verraten, wie man bei der Strukturierung der eigenen Gedanken auch im Rahmen einer mündlichen Prüfung Zeit gewinnen kann: eine Betonung desjenigen, „was sicher ist“ hilft hierbei sicherlich weiter (S. 55). Wobei dem zugefügt werden sollte, dass eine Überreizung dieser Methode einige Prüfer auch verärgern, damit den Vorwurf des sich um eine präzise Antwort ‚drücken wollen‘ hervorrufen kann. Das richtige Deuten der Reaktionen des Prüfers ist ohnehin eine zu berücksichtigende Komponente der mündlichen Prüfung: das langsame Herantasten an Lösungsmöglichkeiten und nicht zu sehr aus der ‚Deckung herauswagen‘ sind hierbei hilfreich (S. 53). Eine solch herantastende Herangehensweise würde auch keine negative Auslegung durch den Prüfer befürchten lassen (S. 60). In diesem Zusammenhang ist ebenfalls von besonderer Bedeutung, nicht nur die Reaktionen des Prüfers zu deuten, sondern auch etwaige Hinweise ernst zu nehmen, sie rechtlich einzuordnen und differenziert zu betrachten (S. 79). Doch sollte man sich vor ‚Fallen‘ hüten, die dazu dienen das Gesamtverständnis abzufragen. Solche Fragen erfordern eine systemtische Herangehensweise und den Mut, sich nicht verunsichern zu lassen. Ein typisches Beispiel im Gesellschaftsrecht liefert Petersen auf S. 135 mit der Frage, ob eine GmbH bei einer typischen GmbH & Co. KG beschränkt oder unbeschränkt haftet.
Diese vorstehend hervorgehobenen Beispiele, vermögen bereits die hohe Bedeutung des Lehrbuchs von Petersen zu veranschaulichen. Die mündliche Prüfung beinhaltet eine Leistungsanforderung, die im Rahmen des Studiums in der Regel kaum eingeübt wird. Gerade in diesem Bereich ist es also mehr als notwendig, den Büchermarkt mit Fachliteratur zu versorgen. Dieser Aufgabe wird Petersen mit seinem Buch gerecht und trägt insbesondere durch seine unzähligen Zwischenbemerkungen dazu bei, ein Gespür für das Leistungsprofil im Rahmen der mündlichen Prüfung entwickeln zu können. Aus eigener Erfahrung kann berichtet werden, dass die Lektüre dieses Lehrbuchs zum Erfolg in der Prüfung beitragen kann. Daher muss Examenskandidaten, die sich auf eine mündliche Prüfung vorbereiten möchten, eine uneingeschränkte Leseempfehlung ausgesprochen werden. Darüber hinaus kann das Unterlassen der Lektüre dieses – in seinem Stil singulären – Werkes durch den genannten Lesekreis ohne jegliche Bedenken sogar als fahrlässig bezeichnet werden.