Schaffstein / Beulke / Swoboda, Jugendstrafrecht, 15. Auflage, Kohlhammer 2014
Von Dr. Torsten Obermann, RiAG, Münster / Lüdinghausen
Das vor über 50 Jahren von Friedrich Schaffstein begründete Standardwerk zum Jugendstrafrecht liegt nunmehr in der insgesamt 15. Auflage vor, und damit in der dritten alleine vom aktuellen Team – dem Passauer Professor Dr. Werner Beulke und der Bochumer Professorin Dr. Sabine Swoboda – bearbeiteten Fassung. Bereits im Vorwort stellen die Autoren klar, dass die Einordnung des Werkes in die Reihe der Studienbücher die Zielgruppe nur begrenzt erfasst. Zwar bezweckt das Buch eine systematische Darstellung der Materie, es richtet sich aber nicht nur an Studierende, sondern auch an alle in der Jugendstrafrechtspflege Tätigen. Insbesondere für diese sind auch die kriminologischen und kriminalpolitischen Zusammenhänge interessant, deren Darstellung das gesamte Werk durchdringt.
Das gut 350 Seiten starke Buch gliedert sich in drei Teile: eine umfassende allgemeine Einleitung sowie die Darstellungen von materiellem und formellen Jugendstrafrecht. Neben einem detaillierten Inhaltsverzeichnis am Anfang bietet das Buch ein ausführliches Stichwortregister, welches im Zusammenspiel mit der Gliederung nach Randnummern eine schnelle und zielsichere Orientierung ermöglicht.
Der mit Einleitung überschriebene Teil geht inhaltlich über eine bloße Einführung in die Thematik deutlich hinaus, schon zumal er fast ein Fünftel des gesamten Textes umfasst. Neben einer historischen Darstellung bietet er insbesondere auch eine umfassende Darstellung zu Umfang und Entwicklung der Jugendkriminalität. Ausgehend von aktuellen, grafisch aufgearbeiteten Statistiken werden Erklärungsmuster besprochen, wobei einerseits stets vor zu simplen, monokausalen Erklärungen gewarnt wird, andererseits aber auch kriminalpolitische Forderungen an die Strafrechtspflege aus den Ergebnissen abgeleitet werden. So wird ausführlich die Situation ausländischer Jugendlicher erörtert, wobei deutlich herausgearbeitet wird, welche Faktoren Statistiken verzerren können.
An diese Einleitung schließt sich die eigentliche Darstellung des Jugendstrafrechts an. In systematischer Darstellung werden die wesentlichen rechtlichen Regelungen und Begriffe erörtert, wobei die Sprache stets bei aller Präzision hervorragend lesbar bleibt. Durch einfache Beispielsfälle wird die Theorie aufgelockert und lebendig präsentiert. Auch hier zeigt sich der besondere Wert des Werkes stets in der Rückkoppelung der rechtlichen Ausführungen zunächst an die praktische Wirklichkeit und davon ausgehend an kriminalpolitische Forderungen.
Im zweiten Teil, dem materiellen, Jugendrecht werden die Altersstufen und das Sanktionssystem des JGG vorgestellt. Hier wird z.B. bei der Erörterung des § 105 JGG die ungleichmäßige Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende nach Deliktsgruppen statistisch dargelegt. Herausgearbeitet wird in diesem Zusammenhang, dass obwohl im Bereich leichterer Verkehrstaten mehr jugendtypische Übermutstaten vorliegen dürften als bei schwerer Gewaltkriminalität, bei ersterer nur in knapp der Hälfte der Fälle Jugendstrafrecht angewendet wird, bei letzteren aber praktisch ausschließlich. Dies wird überzeugend mit der verbreiteten praktischen Erledigung von Verkehrsdelikten durch das (summarische) Strafbefehlsverfahren erklärt, welches sich damit in diesem Bereich als wenig sachgerecht erweist.
Beim System der Sanktionen steht die Erörterung von Arrest und Jugendstrafe im Fokus. Wie stets unter Anbindung an empirische Daten wird die Wirksamkeit der Sanktionen und davon ausgehend die Indikation für ihre Verhängung erörtert. Eine besonders eingehende kritische Auseinandersetzung erfährt der neu geregelte Warnschussarrest, dessen Ziele und Gefahren über immerhin zwölf Randziffern hinweg ausführlich dargestellt werden.
Im letzten Teil des Buches, der dem Verfahrensrecht gewidmet ist, werden die Beteiligten am Jugendverfahren eingehend dargestellt und Besonderheiten im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren aufgeführt. Praktische Probleme beim Vollzug der Jugendstrafe an bestimmten Tätergruppen (Süchtige, Ausländer) werden ebenso thematisiert, wie aktuelle Diskussionen um eine am Erziehungsgedanken ausgerichtete Vollzugsgestaltung.
Studierende werden die wirklich hervorragende Lesbarkeit, die Prägnanz der Gedankenführung und den mit knapp 30,- € durchaus erschwinglichen Preis des Werkes schätzen, Praktiker die Möglichkeit zur zielgerichteten Recherche sowie insbesondere die gerade im Jugendstrafrecht wichtige Rückkoppelung an die aktuelle empirische Forschung. Für beide Zielgruppen gleich hilfreich ist die im Anhang befindliche Übersicht über Vollstreckung und Vollzug der Strafe nebst Rechtsmittelsystem, die insbesondere ein schnelles Auffinden der maßgeblichen Normen ermöglicht.
Zusammenfassend ist das Buch jedem Studierenden mit Neigung zum Strafrecht und jedem professionell mit dem Jugendstrafrecht Befassten uneingeschränkt ans Herz zu legen!