Kotulla, Umweltrecht, Grundstrukturen und Fälle, 6. Auflage, Boorberg 2014
Von Prof. Dr. Thorsten Hesselbarth, Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl
In diesem Jahr – und damit sehr aktuell, was gerade in der schnelllebigen Materie wie der des Umweltrechts von großer Bedeutung ist – ist im Richard Boorberg Verlag das Lehr- und Studienbuch „Umweltrecht, Grundstrukturen und Fälle“ erschienen. Es umfasst 226 Seiten (Format DIN A4), davon 183 Seiten mit einem inhaltlichen Teil. Verfasser des Werks ist Dr. Michael Kotulla, Professor an der Universität Bielefeld und dort seit dem Jahre 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere Umweltrecht.
Das Lehrbuch von Kotullaist in neun Teile gegliedert. Die beiden ersten Teile mit etwas mehr als 30 Seiten können als der allgemeine Teil bezeichnet werden. So beschäftigt sich der Verfasser zunächst mit den allgemeinen Grundstrukturen und -prinzipien sowie den wichtigsten Begriffsbestimmungen des nationalen Umweltschutzrechts. Es wird hierbei in erfreulicher Weise ein streng logischer, ja fast schon chronologischer Aufbau verfolgt: Zunächst wird der Begriff „Umwelt“ als solches erläutert, danach wird auf die verschiedenen Umweltbeeinträchtigungen eingegangen und als zwangsläufige Reaktion hierauf der Umweltschutz mit seinen wichtigsten Handlungsprinzipien (Vorsorge-, Verursacher- und Kooperationsprinzip) dargestellt. Schließlich geht der Verfasser auf die rechtliche Verankerung des Umweltschutzes ein, das Umweltschutzrecht mit seinen Rechtsquellen, seinen Instrumentarien und den verfassungsrechtlichen Verflechtungen. Auf diese Weise gelingt es in einfacher und anschaulicher Weise das Grundverständnis für das Umweltschutzrecht insgesamt zu schärfen, ohne dabei auf eine gewisse fachliche Tiefe zu verzichten. Im zweiten Teil wird das Umweltschutzrecht der Europäischen Union erläutert. Entsprechend der vorgegebenen Ordnung ist dieser Teil in Kapitel zum primären und zum sekundären Unionsrecht unterteilt und es werden die für den Umweltschutz relevanten Vorschriften herausgearbeitet und erklärt. Da zu Beginn eines jeden Kapitels die allgemeine Struktur des Unionsrechts und dessen Zusammenspiel mit dem nationalen Recht erläutert werden (Anwendungsvorrang etc.), sind die Ausführungen auch für einen unionsrechtlich noch unbefangenen Leser sehr gut verständlich.
In den Teilen 3 bis 9 seines Lehrbuchs geht der Verfasser auf den materiellen Teil der nationalen Vorschriften des Umweltrechts ein. Er beschränkt sich dabei nicht nur auf die „klassischen“ umweltrechtlichen Rechtsgebiete (Immissionsschutz-, Wasser-, Bodenschutz-, Naturschutz- und Abfallrecht), sondern bezieht auch das Strahlenschutzrecht (Atom- und Strahlenschutzvorsorgegesetz) und das Gefahrstoffrecht (Chemikalien-, Pflanzenschutz-, Dünge- und Gentechnikgesetz) mit ein, so dass ein umfassender Überblick über die wichtigsten Bereiche des Umweltrechts gewährleistet wird (nicht einbezogen sind allerdings die nicht verwaltungsrechtlichen Bereiche des Umweltrechts – beispielsweise das Umweltstrafrecht –, so dass der Titel des Lehrbuchs mit „Umweltverwaltungsrecht“ besser bezeichnet wäre). Interessant ist, wie das Lehrbuch innerhalb dieser Teile aufgebaut ist. Es wird ein recht vorschriftenorientierter Aufbau gewählt, die Rechtsnormen werden grundsätzlich in der vom Gesetz vorgegeben Reihenfolge erläutert. Dies führt gerade für einen juristisch noch nicht so geschulten Leser dazu, dass die Erläuterungen auf einfache Weise am Gesetz nachvollzogen werden können. Trotz dieses Aufbaus wird aber nicht darauf verzichtet, das für Lehrbücher typische und erforderliche Aufzeigen von Zusammenhängen innerhalb eines Gesetzes oder auch zwischen den verschiedenen Gesetzen einzubringen (z.B. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 5 BImSchG oder das Nebeneinander der Anzeigen nach § 15 BImSchG und § 35 Abs. 4 KrWG), wobei es hier doch an vereinzelten Stellen zu kleineren Defiziten kommt (z.B. fehlt ein Querverweis zurück auf § 40 Abs. 1 BImSchG am Ende von Rn. 118 im immissionsschutzrechtlichen Teil). Zur Förderung des Verständnisses von Zusammenhängen tragen schließlich auch die vielen praktischen Beispielsfälle zu einzelnen Themenfeldern sowie die am Ende des Lehrbuchs angefügten Übersichten bei. Inhaltlich zeichnet sich das Lehrbuch durch eine gezielte Schwerpunktsetzung innerhalb der einzelnen Rechtsmaterien aus. Aufgrund der übersichtlichen und in allen Teilen des Lehrbuchs immer wiederkehrenden Systematik – jeder Teil ist grundsätzlich in Kapitel zu den Rechtsquellen, zur Gesetzgebungskompetenz und zu den inhaltlichen Regelungen der jeweiligen Fachgesetze eingeteilt – können die Inhalte sehr gut aufgenommen werden. Unterstützt wird dies durch die konsequente grafische Hervorhebung der entscheidenden Begriffe. Leider ist die Schwerpunktsetzung nicht immer auf die praktisch wichtigen Paragrafen ausgerichtet (z.B. werden die Grundpflichten des § 22 BImSchG nur kurz erwähnt) und teilweise finden sich doch recht lange Passagen, in denen im Wesentlichen nur der Gesetzeswortlaut wiederholt wird (z.B. zu Beginn des immissionsschutzrechtlichen Teils, siehe nur die Rn. 8 bis 10a).
Insgesamt stellt dieses Lehrbuch gerade für „umweltrechtliche Einsteiger“ einen hervorragenden Leitfaden dar, um sich im Dschungel der umweltrechtlichen Vorschriften zurechtzufinden und ist somit speziell für diesen Personenkreis wärmstens zu empfehlen. Dies gilt dabei nicht nur für den studentischen Einsteiger, sondern aufgrund vieler praktischer Hinweise auch für diejenigen, die erstmals, nebenbei oder nach langer Zeit mal wieder mit der praktischen Anwendung des Umweltverwaltungsrechts befasst sind.