Dallmayer, Die Station in Zivilsachen, 8. Auflage, C. H. Beck 2014
Von Ref. iur. Arian Nazari-Khanachayi, Frankfurt a.M.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Ersten Juristischen Staatsprüfung muss das Referendariat absolviert werden, bevor das zweite Staatsexamen abgelegt und danach der Status des Volljuristen erlangt werden kann. Dabei bildet das Zivilgericht regelmäßig die erste Station des Referendariats. Insofern wird der Universitätsabsolvent erneut in die Rolle des „Anfängers“ schlüpfen müssen: Während im Studium hauptsächlich fertige Sachverhalte im Gutachtenstil zu bearbeiten waren, geht es nunmehr nicht nur überwiegend darum, Gerichtsentscheidungen im Urteilsstil zu schreiben, sondern zusätzlich um die Ermittlung des Sachverhalts (genauer: Tatbestand i.S.d. § 313 ZPO; näher hierzu Dallmayer, S. 17 ff.). Tobias Dallmayer, Richter und hauptamtlicher Arbeitsgemeinschaftsleiter am Landgericht Traunstein, präsentiert mit der nunmehr 8. Auflage seines Werkes einen äußerst verlässlichen Leitfaden, womit sich der „Anfänger“ an die neuen Herausforderungen herantasten kann. Dabei illustriert Dallmayer auf 207 Seiten die wichtigsten Schritte im Zivilprozess stets vor dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen als Prüfer und Arbeitsgemeinschaftsleiter (vgl. auch Vorwort).
Formal ist das Werk ersichtlich von dem Bestreben getragen, Übersichtlichkeit, Handhabbarkeit und Einprägsamkeit walten zu lassen. So werden etwa Tipps, Klausurhinweise, der Hinweis auf häufige Fehlerquellen und sonstige Zusatzausführungen, die nicht unmittelbar der Stoffvermittlung dienen, gesondert hervorgehoben. Der Autor bedient sich hierfür der unterschiedlichsten Instrumente: Tabellarische Übersichten, Graue und umrahmte Kästchen, Schaubilder, aber auch Mindmaps werden durchweg eingesetzt, um die dargestellte Materie in visueller Hinsicht für den Leser erfassbar zu machen. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Mindmaps des Autors im Anschluss an die jeweiligen Abschnitte (siehe etwa S. 55, 66, 78). Mindmaps erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, weil mit ihnen der Versuch verbunden ist, komplizierte Zusammenhänge und größere Systematiken auf einem Blick zu präsentieren.
Inhaltlich besticht das Werk insbesondere durch den Zuschnitt auf die Bedürfnisse von Referendaren. Wie vorstehend erwähnt, lässt Dallmayerseine Feder von seiner Prüfungs- und Arbeitsgemeinschaftsleitererfahrungen führen: Stets werden die häufigsten Fehlerquellen im Rahmen der einzelnen Schritte gesondert hervorgehoben und Klausurhinweise und Tipps gegeben, um solchen Fehlern entgegen zu wirken. Dabei bleibt es freilich nicht: Dallmayer gibt darüber hinaus Hinweise zu sog. „Punkteschmieden“ (näher hierzu z.B. S. 22). Dem Bereich der Klausurhinweise lassen sich ferner der bisweilen vorzufindenden Hinweise auf typische Klausursachverhalte zuordnen: Beispielsweise wird im der Rahmen der Darstellung des Themas der Beteiligung Dritter an einem Verfahren (vornehmlich nach der Rechtshängigkeit, um die Wirkungen der materiellen Rechtskraft auszugleichen) auf die geringe Bedeutung der Hauptintervention und die dementsprechend stärkere Berücksichtigung der Nebenintervention und Streitverkündung verwiesen, um sodann die examensrelevanten Sachverhalte einer näheren Erläuterung zuzuführen (vgl. S. 141 ff.).
Dass die Triebkraft des Werkes die Schulung von Referendaren ist, zeigt sich auch in der leserfreundlichen Gestaltung: So wird etwa im Rahmen der Darstellung der Anwendung des § 91a ZPO (Kosten bei Erledigung der Hauptsache) darauf hingewiesen, dass die vollständige Erfassung der dargestellten Materie von Kenntnissen der „Erledigung der Hauptsache“ abhinge, welche erst – aus systematischen Gründen – im weiteren Verlauf des Werkes (ab S. 101) dargestellt wird (vgl. S. 69).
Schließlich muss die Aktualität des Werkes in zweierlei Hinsicht gelobt werden: Zum einen liefert Dallmayer im Anschluss an die jeweiligen Abschnitte einige examensrelevante Rechtsprechung aus jüngster Zeit. Hierbei wird der Sachverhalt kurz skizziert und die Entscheidung in der gebotenen Kürze repetiert (siehe z.B. S. 53, 64, 77). Zum anderen muss hervorgehoben werden, dass der Autorstets mit Blick auf die aktuelle Rechtslage, respektive die bevorstehende Rechtslage arbeitet: So wird etwa darauf hingewiesen, dass ab dem 01.01.2014 nach § 232 S. 1 ZPO bei allen anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen eine Belehrungspflicht besteht (näher zu den Einzelheiten S. 23). Dies muss in diesem Falle – unter Berücksichtigung der bisweilen zu beobachtenden Praxis in anderen Werken – keine Selbstverständlichkeit sein, weil das Vorwort auf Dezember 2013 datiert ist. Insofern muss diese vorausschauende Arbeitstechnik des Autors gelobt werden, wenngleich dieser Anspruch bei allen Werken zugrunde gelegt werden sollte.
Die Gesamtschau der Vorgehensweise zeigt durchweg die Intention Dallmayers,mitseinem Werk Referendaren eine Hilfestellung für eine erfolgreiche Ausbildung anzubieten. Denn der Autor betont zu Recht zweierlei: Zum einen sei ein Scheitern in den meisten Fällen nicht dem fehlenden Wissen, sondern der fehlenden Methodenkompetenz geschuldet. Zum anderen müsse betont werden, dass die Aufgabe des Juristen nicht in der bloßen Wiedergabe der auswendiggelernten Sekundärliteratur, sondern in eine exakte und methodengetreue Anwendung des Gesetzes und ggf. der Rechtsprechung besteht (so die zustimmungswürdige Wertung des Autors, vgl. S. 3; näher zu diesem bereits im Studium vorhandenen Problem Nazari-Khanachayi/Höhne, Rechtstheorie 45 [2014], 1–34).
Zusammenfassend ist die 8. Auflage des Werkes von Dallmayer zu loben. Nicht nur bestehende Grundstrukturen werden (visuell) ansprechend präsentiert. Vielmehr wird die Neuauflage auf den Stand der aktuellen Rechtsprechung und Gesetzgebung gebracht und bietet so „Anfängern“ im Referendariat einen verlässlichen Leitfaden für den Einstieg in die Zivilstation. Der Leser dieses Werkes kann sich einerseits aufgrund der leserfreundlichen Gestaltung die Materie mühelos erarbeiten und andererseits – aufgrund der unzähligen Sonderhinweise des Autors vor dem Hintergrund seiner eigenen Erfahrungen als Prüfer und Arbeitsgemeinschaftsleiter – Fehlerquellen in den Blick nehmen, um solche Fehler nicht zu begehen. Das Werk kann also ohne Einschränkung empfohlen werden.