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Rezension Öffentliches Recht: Promotion

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von Münch / Mankowski, Promotion, 4. Auflage, Mohr Siebeck 2013

Von Ref. iur. Arian Nazari-Khanachayi, Frankfurt a. M.


Spätestens nach dem erfolgreichen Ablegen der jeweiligen Hochschulprüfung (Examen, Magister pp.) stellen sich eine Reihe an zukunftsbezogenen Fragen: Berufseinstieg und/oder Assistenten- bzw. Referendarszeit stehen weiteren Hochschulabschlüssen gegenüber. Hat man sich hier zunächst für eine Promotion entschieden, gehen eine Reihe weiterer Fragen mit dieser Entscheidung einher, die man sich beantworten muss, bevor man eine ausgeglichene Abwägungsentscheidung treffen kann: Soll man die Promotion vor einem ggf. durchzuführenden Referendariat angehen? Wie soll die Promotion finanziert werden? Wie soll die Themenwahl stattfinden? Bei welchem Betreuer soll die Promotion angefertigt werden? Die Neuauflagen des Werkes von Prof. Dr. Dr. h.c. Ingo von Münch, ehemaliger ordentlicher Professor für Öffentliches Recht in Bochum und Hamburg und zudem ehemaliger praktizierender Politiker, und – seit dieser Auflage – Prof. Dr. Peter Mankowski, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Rechtsvergleichung und Internationales Privat- und Prozessrecht an der Universität Hamburg, liefert auf 295 Seiten für jene und viele weitere Fragen eine ausgewogene und differenzierte Hilfestellung.

Dabei lässt sich die gedankliche Herangehensweise im Rahmen des Werkes in vier Zeitphasen einteilen: Der Leser wird ausgehend von der Vorplanung eines Dissertationsvorhabens (Kapitel I. – VI.) über die Umsetzung des Dissertationsvorhabens (Kapitel VII. – XI.) bis hin zum Abschluss des Dissertationsverfahrens (XII.) geführt und zum Schluss (XIII. – XVII.) mit den Konsequenzen unredlichen Verhaltens im Dissertationskontext konfrontiert. Dabei ist der Text äußerst leserlich, amüsant (siehe etwa S. 31: „[…] die Metamorphose vom Menschen zum Volljuristen […]“) und übersichtlich geschrieben. Ein Fußnotenapparat im klassischen Sinne enthält das Werk nicht, sondern Fundstellen als „Anmerkungen“ im Anhang des Werkes. Diese Darstellungsweise wird Lesern aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich bekannt sein. Allerdings schreiben die Autoren – wohl ihrem juristischen Hintergrund geschuldet – bisweilen unter Bezugnahme auf Aussagen, die sich in den Fußnoten befinden. Der aufmerksame Leser wird somit gezwungen, im Buch herumzublättern, um einzelne Aussagen vollumfängliche erfassen zu können. Auch wenn die kritischen und zugleich erheiternden Aussagen der Autoren hinsichtlich juristischer Fußnotenapparate zutreffend sind (äußerst lesenswert S. 122 ff.), würde der klassisch-juristische Fußnotenapparat der Leserfreundlichkeit dienen und sollte für künftige Auflagen angedacht werden.

Inhaltlich besticht das Werk durch eine sehr ausgeglichene und abwägend-darstellende Vorgehensweise. Die Autoren berücksichtigen bei ihrer Darstellung eine Reihe an unterschiedlichen Faktoren mit fächerübergreifendem Bezug und tragen für die jeweiligen Einzelaspekte Argumente und Gegenargumente vor, um dem (künftigen) Doktoranden eine Hilfestellung im Entscheidungsfindungsprozess zu liefern. Zudem werden auch eine Vielzahl an Anekdoten mit informativen und – teilweise – unterhaltsamen Wert dargeboten: So z. B. im Rahmen des Abschnitts über die Annahme als Doktorand, wenn es um veraltete Ablehnungsfloskeln geht und hierbei der „provinzielle Lebenslauf“ als Grund heute wohl nicht mehr üblich sei (näher hierzu S. 47). Des Weiteren liefern die Autoren neben den vorstehend erwähnten Abwägungshilfen eine unzählige Vielzahl an nützlichen Hinweisen, die ggf. nicht jedem (künftigen) Promovierenden bekannt sein dürften: So etwa der Hinweis auf die Möglichkeit eines „speziellen Wiedereinsteigerstipendiums“ insbesondere für Frauen nach einer Familiengründungsphase (siehe hierzu S. 95 mit Anm. 12). Lobenswert ist ferner der Umstand, dass sich die Autoren nicht die Gelegenheit nehmen lassen, Kritik am Promotionsprozess auszuüben: So wird etwa im Rahmen der Beschreibung einer promotionsbegleitenden Assistentenstelle auf die Vor- und Nachteile der Arbeit am Institut hingewiesen (vgl. S. 87 ff.). Insofern sind die vorgebrachten Aspekte hinsichtlich der Tätigkeit an einem Lehrstuhl – aus eigener Erfahrung des hiesigen Verfassers – durchaus und im vollen Umfang zustimmungswürdig. Kritisch wird dieser Teil insbesondere im Hinblick auf die Vergabe von Viertel- und Achtelstellen bei voller Arbeitsbelastung, was zu einer effektiven Verhinderung der Promotion führt (vgl. S. 90). Doch nicht nur die institutionelle Seite in der Person des Doktorvaters wird kritisch hinterfragt, sondern auch Promovierende, wenn es beispielsweise heißt, dass politische Stiftungen ohne Bezug zur eigenen gesellschaftspolitischen Haltung wie „Bankautomaten“ angesehen werden, weil „[e]igene Überzeugungen […] offensichtlich zu teuer [sind], als dass man sie sich leisten könnte.“ (siehe für diese äußerst zustimmungswürdige Kritik S. 96). Ein weiteres Beispiel für Kritik an Promotionskandidaten kann in der humorvollen Erwähnung von Titeln mit Untertiteln und weiteren Untertiteln sein (lesenswert S. 63). Schließlich ist mit Blick auf die aktuellen Diskussionen im Zusammenhang mit diversen „Plagiatsaffären“ und dem aktuellen Urteil des VG Düsseldorf v. 20.03.2014 – 15 K 2271/13, welches den Entzug der Doktorwürden von Annette Schavan (ehemalige Bildungsministerin [!]) durch die zuständige Hochschule (siehe für Hintergrundinformationen zu diesem Fall S. 191 u. 193) bestätigt hat, ist der Abschnitt mit dem zynisch anmutenden Titel „summa cum fraude: Plagiate“ besonders lesenswert (zynisch insofern, als hier vermutlich eine Anspielung darauf vorliegt, dass einige der Plagiate mit dem Prädikat summa cum laude benotet waren; siehe auch S. 189). Nach der Lektüre dieses Abschnitts, sollte der Leser für wissenschaftliches Fehlverhalten sensibilisiert sein, sodass das Werk in diesem Teil – auch – einen pädagogischen Zweck zu erfüllen im Stande ist.

Die Neuauflage der „Promotion“ sollte für jeden Absolventen – unabhängig vom Fachgebiet – mit dem Ziel einer Dissertation Pflichtlektüre sein. Denn eine Promotion ist kein „Selbstläufer“, sie sollte auch nicht bloß der – inflationären – Titelvergabe dienen. Vielmehr sollte der Doktorand die Doktorandenphase als besondere Gelegenheit zur geistigen Bereicherung wahrnehmen. Freilich wird der Weg zur Promotion vom Doktoranden eine Vielzahl an Einzelentscheidungen abverlangen, die mit Hilfe dieses Werkes auf einer soliden Abwägungsbasis gestützt werden können.

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