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Rezension Zivilrecht: AIFM-Richtlinie

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Dornseifer / Jesch / Klebeck / Tollmann (Hrsg.), AIFM-Richtlinie, 1. Auflage, C.H. Beck 2013

Von David Eckner, London


Mit dem in 2009 erstmals in der Öffentlichkeit diskutierten Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM, Alternative Investment Fund Managers) hat das europäische Finanzmarktrecht, neben zahlreichen anderen Interventionen, die bisher einschlägigste Änderung und Fortentwicklung erfahren. Die einundsiebzig Artikel umfassende Richtlinie wurde am 8. Juni 2011 vom Europäischen Parlament und Europäischen Rat verabschiedet und veröffentlicht, zum 22. Juli 2013 waren die Mitgliedstaaten verpflichtet die AIFM-Richtlinie umzusetzen. Aufgrund des Maximalharmonisierungsansatzes hat die Richtlinie zu einer ‚wahren Revolution‘ der kollektiven Vermögensanlage in nahezu sämtlichen Mitgliedstaaten geführt. Dies zeigt sich etwa darin, dass – obgleich bereits die Umsetzung in mitgliedstaatliches Recht mehr als ein halbes Jahr zurückliegt – noch immer wesentliche Fragen bei der Anwendung der Richtlinie bestehen. Daran übt sich nunmehr neben der Aufsicht – hier vor allem die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA mitsamt allen mitgliedstaatlichen Finanzmarktaufsichtsbehörden – vor allem die Praxis. Über diese Übung geht der vorliegende Kommentar hinaus und liefert aus der deutschsprachigen Fachliteratur erstmalig ein referenzfähiges Werk, das sowohl in praktischer als auch wissenschaftlicher Hinsicht den ersten Baustein bei der Beschäftigung mit der AIFM-Richtlinie liefert.

Qualität verspricht bereits der Buchdeckel, das Herausgeberquartett besteht aus ausgewiesenen Experten der kollektiven Vermögensverwaltung: Frank Dornseifer, Geschäftsführer beim Bundesverband Alternative Investments e.V. in Bonn, Dr. Thomas A. Jesch, Counsel bei Kaye Scholer LLP in Frankfurt a.M., Dr. Ulf Klebeck, Head Fund Governance & Legal bei Vontobel Asset Management in Zürich, sowie Dr. Claus Tollmann, Regierungsdirektor im Bundesministerium für Finanzen in Berlin. Um dieses, durch zahlreiche Publikationen in selbigem Bereich ausgewiesene Expertenherausgeberteam haben sich weitere achtzehn Autoren aus Wissenschaft, Praxis und Aufsicht gesellt.

Der fast tausendeinhundertfünfzig Seiten umfassende Kommentar versteht sich als ein früher Orientierungsrahmen für den Umgang mit der AIFM-Richtlinie und vor allem die anstehende respektive erfolgte Umsetzung. In Deutschland wurde das Investmentgesetz abgeschafft und durch ein umfassenderes, die AIFM-Richtlinie berücksichtigendes Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt. Dieses ‚Single-Rule-Book‘ haben die Autoren bereits in einer weit fortgeschrittenen Entwurfsfassung berücksichtigt und sehr verständlich referenziert sowie problematisiert. Entlang der Kommentierung der Artikel der AIFM-Richtlinie wird somit zunächst der Faden in Form einer Gegenüberstellung mit dem KAGB gezogen. Einen erheblichen Beitrag für die Lesbarkeit und klare Strukturierung liefert sodann die explizit erwähnten „Bezüge zum KAGB“, d.h. Bezugspunkte zur deutschen Umsetzung sind nicht in den Fließtext der Kommentierung der AIFM-Richtlinie verwoben. Damit ist der Kommentar universell einsetzbar und weitgehend nicht auf die deutsche Jurisdiktion konzentriert. Das Sachverzeichnis ist ebenso strukturiert. Die detailreiche Untergliederung erlaubt das Auffinden von KAGB- als auch AIFM-Richtlinienbezügen sehr gut.

Besonders hervorzuheben ist die in den Anhang des Kommentars gestellte Synopse, die die AIFM-Richtlinienartikel den Paragraphen des KAGB-E (Diskussionsentwurf) sowie des KAGB-E (Regierungsentwurf) gegenüberstellt. Insbesondere im Hinblick auf die wissenschaftliche Befassung mit den Rechtsakten trägt diese Gegenüberstellung besonderes Gewicht, da sie die Zurückverfolgung des als ‚Dschungel‘ bezeichneten KAGB ermöglicht. Nicht minder partizipiert die Praxis von der Synopse, als dass sie den schnellen Zugriff bei der europarechtskonformen Auslegung des KAGB bietet. Nicht weiter verwunderlich ist in jedem Fall, dass der Kommentar nicht vor dem Problem der ‚Rechtsgeschichte‘ halt machen konnte, das vor allem im dynamischen Finanzmarktrecht jeder Publikation anhaftet. Stand der Kommentierung ist auf Ende 2012 datiert, der Markt hat inzwischen aufgeholt. Nichtsdestotrotz stellt der „Dornseifer/Jesch/Klebeck/Tollmann“ den ersten großen Steinwurf der deutschen Fachliteratur in Sachen AIFM-Richtlinie sowie KAGB dar – gerade aufgrund des europäischen Fokus ein unverzichtbarer Begleiter durch den ‚regulatorischen Dschungel‘ der kollektiven Vermögensverwaltung.

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