Breyer / Endler / Sturm, AnwaltFormulare Strafrecht, 5. Auflage, C.F. Müller
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Fast 1500 Seiten
für eine monothematische Formularsammlung zeugen zum einen von einem umfassenden
Ansatz der beteiligten Herausgeber und Autoren, zum anderen aber auch von der
schieren Notwendigkeit, die Materie mit Arbeitshilfen zu durchdringen. Das Werk
erscheint inzwischen in fünfter Auflage und dies auch in erfreulicher
Regelmäßigkeit. Die Besprechungen zu den Vorauflagen (4. Auflage,
3. Auflage)
waren positiv, gerade auch was das Preis-Leistungs-Verhältnis anging. Dass das
Werk in Zeiten gestiegener Kosten für Energie und Papier dennoch weiterhin nur
136 EUR kostet, ist bemerkenswert.
Die
Zusammensetzung des großen Autorenteams zeigt die überwiegende Beteiligung von
Fachanwälten für Strafrecht, nur drei Richter sind als Autoren beteiligt. Die
Kapitel sind – natürlich – stilistisch leicht unterschiedlich, aber ist bei
einer großen Bearbeiteranzahl kaum zu vermeiden. Neben den titelgebenden Mustern
am Ende der Abschnitte oder Kapitel werden Checklisten und viele Praxistipps
angeboten, um die assoziativen Elemente rund um das jeweilige Einzelthema
herauszustellen. Das ist auch nötig, da ein Formular immer nur ein abstrakter
Vorschlag sein kann und den Rechtsanwendern das Denken nicht abgenommen werden
soll.
Es existiert ein
echter Fußnotenapparat, der vornehmlich auf der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, gängigen Kommentaren und Praxishandbüchern beruht. Auch dies
zeigt, dass man sich auf die Vorarbeit der jeweiligen Autoren dem Grunde nach
verlassen, zugleich aber auch die Stichhaltigkeit der Formularvorschläge prüfen
kann. Mitunter wirken mir die Nachweise aus der Rechtsprechung jedoch ein wenig
betagt, was in der Folgeauflage einmal kritisch geprüft werden sollte. Gerade
wenn elementare Entscheidungen von BVerfG oder BGH fehlen, fällt das negativ
auf.
Die insgesamt 238
Muster verteilen sich auf 23 Kapitel. Begonnen wird mit der Übernahme des
strafrechtlichen Mandats und dann kann man sich im strafrechtlichen Verfahren sukzessive
voranarbeiten: Ermittlungsverfahren, Untersuchungshaft, Zwischenverfahren,
Hauptverfahren, Beweisantragsrecht und Rechtsmittel nehmen zusammen mit dem
Kapitel zum Mandat gut die Hälfte des Buches ein. Sodann folgen Abschnitte zur
Tätigkeit für den Geschädigten und ausgewählte materiell-rechtliche oder
verfahrensrechtliche Schwerpunkte: Kapitaldelikte, Betäubungsmittelverstöße,
Sexualstrafrecht, Jugendstrafrecht, Verkehrsstrafrecht mit kleinem
Bußgeldanteil. Hinzu kommen das Wirtschaftsstrafrecht im Allgemeinen, einige
Erläuterungen zu Umfangsverfahren, Steuerstrafrecht, Strafvollstreckung und
Strafvollzug sowie weitere abrundende kleinere Kapitel. Es ist klar, dass das
Darstellungsvolumen immens ist und nicht alle Varianten erfasst werden können, aber
die Auswahl der Themen ist erfreulich breit gefächert.
So geht es bei der
Mandatsübernahme auch um viele andere Themen, die bedacht werden müssen: Wann
ist der Verteidiger verhindert, das Mandat zu übernehmen? Wie kann er sich
schlimmstenfalls selbst strafbar machen? Welche Folgen drohen
außerstrafrechtlich, also z.B. für das Gewerbe, für die Anstellung im
öffentlichen Dienst, für das Aufenthaltsrecht des Mandanten etc.? Auch der
Umgang mit der Presse, d.h. der eigenen Äußerung, der Bewahrung des Mandanten
vor der Presse und der Unterbindung von Pressemitteilungen durch staatliche
Organe wird zutreffend gewürdigt. Das Formular zur Geltendmachung eines
Unterlassungsanspruchs (S. 100) ist da folgerichtig, auch wenn man das an sich
gar nicht als strafrechtlichen Handlungsvorschlag erwartet hätte.
Neuerungen wie die
Auswechslung des Pflichtverteidigers (leider mit Druckfehler bei der Norm, S.
160) sind aufgenommen und in ein Formular gegossen worden. Im Rahmen einer
(recht kurzen) Beschwerde gegen eine Maßnahme im Ermittlungsverfahren wird gut
auf die Notwendigkeit tatsächlicher und rechtlicher Erwägungen hingearbeitet
(S. 206). Auch die Anträge auf Einstellung des Verfahrens (S. 267/270)
kombinieren gleich mehrere Aspekte, um Staatsanwaltschaft bzw. Gericht zum
entsprechenden Ermessen zu bewegen, sodass auch hier klar dokumentiert wird,
dass eine sorgfältig vorbereitete Eingabe mehr Aussicht auf Erfolg hat als eine
bloße Wiedergabe von Plattitüden.
Die Formulare zu
Terminsabstimmung, Terminsverlegung und (selten zulässiger) Beschwerde gegen
eine Nichtverlegung (S. 471 ff.) sind ebenfalls gut gelungen. Ergänzen würde
ich bei der Terminsabstimmung das Angebot des Verteidigers, das Gericht zu
einer von diesem vorgeschlagenen Zeit telefonisch zu kontaktieren, oder das Angebot,
einen geeigneten Termin über beide Geschäftsstellen zu koordinieren. Es kommt
nämlich nie gut an, wenn der Verteidiger den Richter auffordert, sich bei ihm
wegen einer Terminsabstimmung zu melden.
Im
Beweisantragsrecht wurde das gesetzlich inzwischen verankerte Prinzip der
Konnexität aufgegriffen. Die Thematik wird mit vielen Praxistipps ergänzt und
mit vielen verschiedenen Mustern begleitet (S. 653 ff.). Vor allem die
Umschreibungen zu einer negativen Beweistatsache sind lehrreich, um Abweisungen
eines Antrags als unzulässig möglichst zu vermeiden.
Etwas ungünstig
erscheint mir, wenn bei einem Kapitel mit verschiedenen Unterthemen nicht zu
jedem wenigstens ein kurzes Formular verfasst wurde. Immerhin kauft man sich ja
kein reines Handbuch, sondern ein kombiniertes Formular- und Erläuterungsbuch. So
ist im Kapitel zum Verkehrsstrafrecht nur ein einziges strafrechtliches Muster
enthalten, dafür dann aber einige zum Bußgeldrecht. Weiterhin gibt es dort keine Checkliste und keine Praxishinweise zum Strafrecht, stattdessen wiederum nur eine Checkliste zum OWi-Mandat. Das ist zwar jeweils eine nette
Beigabe, aber geht klar am Ziel des Werks vorbei.
Dass Muster nicht
nur exemplarisch kurz, sondern auch einmal in erfreulichem Umfang verfasst werden,
zeigt das Schlusskapitel zum Wiederaufnahmeverfahren, das sich – entsprechend der
Bedeutung des Antrags – über mehrere Seiten erstreckt (S. 1365).
Was bleibt als
Fazit? Das Werk ist variantenreich, deckt viele Bereiche des materiell-rechtlichen
und prozessualen Strafrechts ab und bietet in vielen Fällen konkrete
Umsetzungshilfen in Form von Formularen. Wenn solche nicht oder nicht für alle
Fallgestaltungen erstellt wurden, so unterstützen die Autoren die
Rechtsanwender immerhin mit Praxistipps und Checklisten. Wenn es Kapitel gibt,
die nur erläuternd aufgebaut sind, wird damit das Ziel des Werks verfehlt und
diese sollten in der Folgeauflage dringend angepasst und ergänzt werden. Das
Werk ist auch für mich als Richter lesenswert und lehrreich, gerade um zu
verstehen, warum und mit welcher Formulierung manches beantragt wird. Für Berufseinsteiger
sehe ich einen Mehrwert neben der verbesserten Rechtsanwendung vor allem in den
vielen Tipps und Warnungen, die wie nebenbei erteilt werden, um berufliche
folgenschwere Fehler für den Mandanten und den Verteidiger selbst zu vermeiden.