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Rezension: Straßenverkehrsrecht

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Burmann / Heß / Hühnermann / Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Auflage, C.H. Beck 2022

Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl

Der „kleine“ Kommentar zum Straßenverkehrsrecht erscheint alle zwei Jahre in neuer Auflage und jedes Mal gibt es Neuerungen, die den Autoren viel Arbeit machen. Inzwischen ist die Rechtsprechung zu den Dieselfällen im Überfluss vorhanden und muss entsprechend in den Ausführungen kanalisiert und bewertet werden. Der BGH konkretisiert das verbotene Kraftfahrzeugrennen sukzessive. Und das Gesetz zum autonomen Fahren aus dem Juli 2021 muss auch seine Berücksichtigung finden. Schon anhand dieser breitgefächerten Aufstellung der Themen kann man näherungsweise abschätzen, wie umfangreich und flexibel dieser Kommentar ist. Etwa 2200 Seiten mit Anhängen und Verzeichnissen harren der Lektüre durch die Rechtsanwender. Inzwischen ist eine fünfte Bearbeiterin (Wimber) zum Team gestoßen und hat die anspruchsvolle Kommentierung des Sachschadens übernommen.

Durch die komprimierte Form der Kommentierung, also von so vielen Normen auf verhältnismäßig engem Raum, müssen die Bearbeiter Schwerpunkte setzen, aber auch an geeigneter Stelle Themen inkorporieren, für die es keine eigene Kommentierung geben konnte. Schön zu sehen ist dies z.B. bei § 23 StVO, wo passend zu den Pflichten des Fahrzeugführers auch Abstecher in die StVZO gemacht werden, um einige der dort normierten Pflichten des Fahrzeughalters anzusprechen, u.a. das Fahrtenbuch oder die Betriebsverantwortlichkeit. Diesbezüglich würde es mir klug erscheinen, wenn man im Anhang II, wo die StVZO im Text abgedruckt ist, auf die Kommentierungen hinweisen würde. Denn so besteht die Gefahr, dass man sie nur durch Zufall entdeckt – im Inhaltsverzeichnis sind sie z.B. auch nicht erwähnt.

Glanzstück des Kommentars sind meiner Ansicht nach - neben der wunderbar detaillierten Kommentierung zu § 249 BGB - die Erläuterungen zu den unfallrelevanten Normen der StVO. Die Kommentierungen vereinen Grundlagenwissen und Einzelfälle und führen auf diese Weise die Leser zu mancher Erkenntnis, die sich nicht aus jedem anderen Werk zum Verkehrsrecht ergibt, seien es Kommentare oder vor allem Handbücher. Denn während der Lektüre wird rasch klar, dass die jeweiligen Autoren die Normen und das systematische Zusammenspiel der Grundbegriffe des Verkehrsrechts von Grund auf verstanden haben und auf dieser Wissensbasis viel effektiver Wissen bei den Lesern platzieren können als dies durch die Aneinanderreihung von Sonder- und Einzelfällen aus der Judikatur je denkbar wäre. So werden Schutzzweck der Norm, Anscheinsbeweis, Haftungsverteilung und gefahrerhöhende Aspekte von Fahrverhalten mit Leben gefüllt und die Argumentation im eigenen konkreten Fall wird wesentlich erleichtert, manchmal sogar erst ermöglicht, wenn man konsequent mit diesem Kommentar arbeitet. Im direkten Zusammenhang zu lesen sind natürlich die Erläuterungen zur Gefährdungshaftung im StVG, wo ebenfalls in erfreulicher Breite und erstaunlicher Tiefe bspw. der Betrieb eines Kfz oder die Unabwendbarkeit erklärt werden.

Natürlich könnte ich bei zahlreichen Normen kritisch einhaken, Auslassungen monieren, fehlende Auseinandersetzung mit umstrittener Rechtsprechung beklagen oder die eine oder andere Fehlverweisung benennen. Dies ist aber bei einem so breiten Kommentaransatz gar nicht zu vermeiden und kein Werk dieses Umfangs wird wohl den Stempel der Vollständigkeit und Fehlerfreiheit für sich reklamieren wollen. Wichtig sind vielmehr der Gesamteindruck und der Nutzen für die Rechtsanwender und da hat dieser „kleine“ Straßenverkehrsrechtskommentar nach wie vor eine Vorreiterrolle, was Präzision und Aktualität angeht. Aus meiner Sicht gehört dieses Werk auf den Schreibtisch jedes Verkehrsrechtlers, bei Einsteigern in das Themengebiet sollte der Kommentar ohnehin Pflichtlektüre sein.


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