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Rezension: Die Klausur im Zwangsvollstreckungsrecht

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Lackmann / Wittschier, Die Klausur im Zwangsvollstreckungsrecht, 6. Auflage, Vahlen 2021

Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl

Das Zwangsvollstreckungsrecht gehört zur forensischen Praxis von Beginn an dazu und schon im Referendariat wird man zwangsläufig ab dem ersten Tag zur Auseinandersetzung mit der Materie gezwungen: immerhin ist (üblicherweise) Ziffer 3 des Tenors des Erkenntnisurteils dem Ausspruch über die (vorläufige) Vollstreckbarkeit vorbehalten. Werden dann später Klausuren des Examens korrigiert, fallen Auslassungen und Denkfehler dort schnell auf. Dann ist der Stempel „nur bedingt praxistauglich“ bedrohlich nahe. Noch schlimmer ist es mit Klausuren, die als Einstieg das Zwangsvollstreckungsrecht aufweisen, über das man dann in die materiell-rechtliche Prüfungen vorzudringen hat. Hier bestehen teilweise unnötige Blockaden im Kopf der Prüflinge, die es frühzeitig zu vermeiden oder abzubauen gilt. Gerade hierfür ist das vorliegende Hybridwerk von Lackmann / Wittschier hervorragend geeignet, vereint es doch auf überschaubarem Raum eine (kleine) Einführung in die Essentialia des klausurrelevanten Zwangsvollstreckungsrechts und zugleich die konkrete Umsetzung in Klausuren zur Thematik. Dass die beiden Autoren ehemalige Arbeitsgemeinschaftsleiter für Referendare sind, verwundert dabei wenig. Denn nur, wenn man sich mit der didaktischen Aufbereitung der mitunter doch sperrigen prozessualen Materie befasst hat, kann man an den Punkten ansetzen, die das Verständnis der Referendarinnen und Referendare erschwert.

Das Werk ist zunächst optisch gut aufgemacht, wenngleich sich im visuellen Bereich noch Luft nach oben ergibt (insbesondere wenn man es mit dem Werk von Duchstein, Besprechung hier, vergleicht). Der Fließtext ist gut unterteilt, Schlagworte sind mit Fettdruck hervorgehoben, es gibt echte und ausführliche Fußnoten, Aufzählungen und Tenorierungsvorschläge. Die Klausurvorschläge sind übersichtlich gestaltet, wenngleich mir eine einleitende skizzierte Lösungsübersicht fehlt, sodass man immer auf den Volltext der Lösung angewiesen ist.

Nach einer kurzen Einleitung beginnt die Darstellung mit der Vollstreckungserinnerung. Sodann folgen die Vollstreckungsgegenklage, die Drittwiderspruchsklage und direkt die einstweilige Verfügung. Weitere Kapitel behandeln die Einziehungsklage und das Klauselverfahren. Anschließend werden auf fast 50 Seiten Standardprobleme des zivilrechtlichen Assessorexamens vorgestellt, alphabetisch sortiert und mit jeweils wenigen Seiten Umfang, sodass man sich in einem Parforceritt zum einen über die relevanten Themen einen Überblick verschaffen kann, aber auch rasch die eigenen Schwachstellen entdecken wird, sodass eine Nachlese gezielt durchgeführt werden kann.

Näher angesehen habe ich mir das Kapitel zu § 767 ZPO. Hier werden zunächst die möglichen Anwendungsbereiche vorgestellt, z.B. auch bei Einwendungen gegen einen Prozessvergleich, und die durch den BGH festgelegten Zulässigkeitsvoraussetzungen skizziert, u.a. die Existenz eines wirksamen Titels, was zwangsläufig die Abgrenzung zu Rechtsbehelfen gegen die Wirksamkeit des Titels mit sich bringt. Zudem wird die analoge Anwendung des § 767 ZPO erläutert (Titelgegenklage) und die Tendenz der Rechtsprechung benannt, dass entgegen der gerade geschilderten Abgrenzung zu den Rechtsbehelfen nach §§ 732, 768 ZPO die Statthaftigkeit der Titelgegenklage auch zur Geltendmachung der Unwirksamkeit aus formalen Gründen bejaht wird. In der Klausur muss natürlich dogmatisch genau gearbeitet werden, aber als Ausblick auf die spätere Praxis sind Hinweise wie dieser Gold wert. Vor den Klausurbeispielen werden stets Vorschläge für Tenor und Nebenentscheidungen angeboten, sodass man nach der Lektüre des Theorieteils eine Vorstellung davon bekommt, was eigentlich als Ergebnis einer Klausur verlangt werden könnte. Denn nichts ist peinlicher, als in der mündlichen Assessorprüfung an praktischen Anforderungen zu scheitern wie bspw. der Formulierung des Tenors, eines Vergleichs oder eines Beweisantrags, was man ja in den zwei Jahren Ausbildungszeit erlernt haben sollte.

Passend zum Thema möchte ich noch, was die praktische Anwendung angeht, auf § 9 (Die einstweilige Verfügung) hinweisen: Dort wird das Urteil im Verfügungsverfahren mit Tenorierung vor und nach Widerspruch plastisch erläutert (Rn. 93 / Rn. 98) und insbesondere, wenngleich knapp, erklärt, dass es keines Ausspruchs zur Vollstreckbarkeit bedarf, da Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes aus der Natur der Sache vorläufig vollstreckbar sind, eine Sicherheitsleistung aber angeordnet werden darf und dann auch eine deklaratorische Vollstreckbarkeitsentscheidung in den Tenor gehört. Eine solche Frage würde ich mit Sicherheit in einer mündlichen Prüfung stellen und auch in der Klausur ist das entsprechende Wissen ein Garant für das Wohlwollen des Korrektors.

Das Klausurenbuch sollte nicht als einziges Werk, sondern in Kombination mit dem zugehörigen Lehrbuch bearbeitet werden, um bei Detailfragen nicht sofort in einem Kommentar blättern zu müssen. Inhaltlich und vom Umfang her ist das Werk ein tolles Hilfsmittel für das Referendariat und bietet für das ungeliebte Zwangsvollstreckungsrecht eine sichere Wissens- und Anwendungsbasis.


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