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Rezension Zivilrecht: Gesamtes Kostenhilferecht

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Poller / Teubel, Gesamtes Kostenhilferecht, 2. Auflage, Nomos 2014
 
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
 
 
Nachdem bereits die Erstauflage zum Kostenhilferecht erfolgreich platziert werden konnte, bedarf es nun angesichts der Reformen im Prozesskosten- und Beratungshilferecht einer Neuauflage. Das Werk zum gesamten Kostenhilferecht steht in der Tradition des Nomos-Verlages, ein Themengebiet in einem Band handlich zusammenzufassen und die betroffenen Bereiche insgesamt abzudecken, ohne dabei von den Grenzen eines Rechtsgebiets eingeengt zu werden. Dies kann man z.B. auch bei den Kommentaren zum Gesamten Strafrecht und zum Gesamten Zwangsvollstreckungsrecht sehen, die sich mit raschen Neuauflagen im Markt unentbehrlich gemacht haben. Der Umfang der Neuauflage zum gesamten Kostenhilferecht ist auf 1080 Seiten gestiegen. Das Autorenteam wird aus Justiz und Anwaltschaft gebildet. Die Gestaltung des Kommentars folgt dem bewährten Muster der Nomos-Handkommentare mit gut gegliedertem Text, eingeschobenen Aufzählungen, Arbeitshilfen, sogar Schaubildern. Die Fußnoten sind optisch abgesetzt.
 
Neben den bereits genannten Neuerungen im Prozesskosten- und Beratungshilferecht bietet der Kommentar noch weitere Neuerungen, nämlich die durch das zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zum 01.08.2013 erfolgten Änderungen. Die Herausgeber sparen nicht mit ihrer eigenen Einschätzung der Reformen, u.a. befürchten sie eine Erosion des Rechtsberatungsmonopols der Anwaltschaft.
 
Der Beginn der Kommentierung ist der Prozesskostenhilfe vorbehalten und nimmt naturgemäß viel Raum ein. Später werden außerdem die Verfahrenskostenhilfe und die Beratungshilfe kommentiert. Weitere Abschnitte stellen das Kostenhilferecht im Strafverfahren sowie in weiteren Verfahren dar, darunter das Insolvenzverfahren sowie das arbeitsgerichtliche Verfahren. Es folgen Kapitel zum Gebühren- und zum Berufsrecht sowie abschließend zur Rechtsschutzversicherung samt möglicher Haftungsfallen und Problemen bei der Durchsetzung des Gebührenanspruchs. Neben den rein rechtlichen Ausführungen kommen immer wieder prozess- und mandatstaktische Aspekte zur Sprache, ebenso die korrekte Gebührenabrechnung. Auf diese Weise ist der Kommentar nicht nur ein Nachschlagewerk, sondern eine echte Arbeitshilfe.
 
Ein kurzer Blick in einzelne Kommentierung kann den - so viel sei vorweggenommen - hervorragenden Eindruck des Werks zu unterstreichen. Gleich zu Beginn des § 114 ZPO erläutert Poller die Möglichkeit, für einen Vergleichsschluss bereits im Bewilligungsverfahren Prozesskostenhilfe zu erhalten, weist dabei aber zugleich auf die BGH-Rechtsprechung und die gegenteilige Ansicht der Oberlandesgerichte bezüglich des Umfangs der Bewilligung hin (§ 114 ZPO, Rn. 30). Im Rahmen der Prüfung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe wird zudem das Erfordernis der Schlüssigkeit der Klage gut aufbereitet, insbesondere das Verbot der Vorwegnahme von Beweisergebnissen (§ 114 ZPO, Rn. 76 ff.). Der neu eingeführte Begriff der Mutwilligkeit wird samt gesetzlicher Definition und Gesetzesbegründung seziert und der reale Anwendungsbereich so nachvollziehbar eingeschränkt (§ 114 ZPO, Rn. 109). Die Frage der Mutwilligkeit wird die Beschwerdegerichte in Zukunft mit Sicherheit gut beschäftigen. Ebenso lobend zu erwähnen ist die Darstellung des Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss als Hindernis der PKH-Bewilligung (§ 115 ZPO, Rn. 133 ff.). Selbst Einzelfragen wie zur Scheinehe bei Antrag auf Verfahrenskostenhilfe (§ 76 FamFG, Rn. 99) werden gut und nachvollziehbar unter Angabe der vorhandenen Ansichten beantwortet.
 
Die Kommentierung der Beratungshilfe gefällt mir am gesamten Kommentar eigentlich am besten. Insbesondere die ohnehin schon zuvor umstrittene Frage der „nachträglichen“ Antragstellung ist in gleich zwei Normen kommentiert (jeweils Köpf, § 4 BerHG, Rn. 19; § 6 BerHG, Rn. 10 ff.). Die neue Frist des § 6 Abs. 2 S. 2 BerHG wird klar als Ausschlussfrist bezeichnet, zum anderen wird deutlich gemacht, dass die anwaltliche Tätigkeit von Beginn an auf Beratungshilfe ausgelegt gewesen sein muss. Das Folgeproblem, wann der Antrag unterzeichnet sein muss, wird in den zwei verschiedenen Ansichten der Rechtsprechung ebenfalls deutlich aufgezeigt, genauso wie der daraus entstehende Absicherungsbedarf des Rechtsanwalts. Der Kommentar hebt sich damit deutlich vom Konkurrenzwerk von Groß ab, der diese Frage (12. Aufl., § 6 BerHG, Rn. 10 ff.) unter Kritik der Rechtsprechung des BVerfG in eine Richtung beantwortet, ohne dabei die Position des Anwalts zu berücksichtigen, der es mit einem Amtsgericht zu tun hat, das sich um die Kommentierung von Groß nicht kümmert, sondern der Gegenansicht folgt. Lobend zu erwähnen ist korrelierende Kommentierung von Köpf im RVG, z.B. zu § 44 RVG später im Werk, wo die zum Teil komplizierte Prüfung der Frage, ob eine oder mehrere Angelegenheiten bzw. Ansprüche abgerechnet werden dürfen, angegangen wird (§ 44 RVG, Rn. 19).
 
Gut gelungen ist des Weiteren die umfassende Kommentierung der Pflichtverteidigung durch Bendtsen. Die Erläuterungen sind gut und zutreffend, etwa was die Bestellungsvoraussetzungen angeht (schön z.B. die Abbildung der Diskussion zur Bestellung für den Fall des Bewährungswiderrufs, § 140 StPO, Rn. 150), aber auch was das Beschwerderecht betrifft (§ 141 StPO, Rn. 68 ff.). Sonderkonstellationen wie das Bußgeldverfahren sind in einem separaten Abschnitt erfasst.
 
Das Fazit ist klar: auch die Neuauflage des Kommentars kann ich mit Nachdruck empfehlen. Die Arbeit in der Praxis wird durch das Werk enorm erleichtert, gerade weil es alltägliche und typische Konstellationen aufgreift und Lösungen anbietet, zudem da kein Rechtsgebiet ausgeklammert wird und darüber hinaus gezielt auf den Abrechnungsbedarf des Anwalts abgezielt wird. Auch andere Rechtsanwender wie etwa Richter und Rechtspfleger können Detailinformationen problemlos für die Fallbearbeitung einsetzen.

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