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Rezension: Umsatzsteuer in der öffentlichen Verwaltung

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Trost / Menebröcker, Umsatzsteuer in der öffentlichen Verwaltung – Leitfaden für Kreise, Städte und Gemeinden, 2. Auflage, Haufe 2019

Von Ass. iur. Fabian Bünnemann, LL.M., LL.M., Essen



Die Umsatzsteuer in der öffentlichen Verwaltung war vor Jahren noch kein allzu großes Thema. Spätestens seit Inkrafttreten des § 2b UStG ist das Thema aber auch aus der öffentlichen Verwaltung nicht mehr hinwegzudenken. Gelten auch juristische Personen des öffentlichen Rechts nun grundsätzlich als Unternehmer (§ 2 UStG), regelt § 2b UStG die Ausnahmen hierzu. Danach sollen juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG zu behandeln sein, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Daher ist bei jeder Tätigkeit danach zu differenzieren, ob es sich um eine hoheitliche oder um eine unternehmerische Tätigkeit handelt. Allerdings kann eine juristische Person des öffentlichen Rechts nichtsdestotrotz als Unternehmer zu behandeln sein, nämlich dann, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Hinterlassen hat die Neuregelung bislang vor allem Fragezeichen – insbesondere im Hinblick auf die zentrale Frage, wann denn nun „größere Wettbewerbsverzerrungen“ vorliegen.

Der vom Gesetzgeber vorgesehene und recht großzügig bemessene Optionszeitraum (§ 27 Nr. 22 UStG), den juristische Personen des öffentlichen Rechts wählen konnten, führt nunmehr dazu, dass – jedenfalls nach aktueller Rechtslage – der neue § 2b UStG ab dem 01.01.2021 flächendeckend Anwendung finden wird. Städte und Gemeinden, aber auch Kreise, Kirchen und sonstigen Anstalten und Körperschaften öffentlichen Rechts sind allerdings derzeit wohl überwiegend noch nicht in der Lage, die neue Rechtslage anzuwenden. Dazu hat auch beigetragen, dass die neue Norm eine Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe enthält, zu denen nahezu keine Rechtsprechung vorliegt. Gleichzeitig hat sich die Finanzverwaltung bislang weitgehend mit Stellungnahmen zurückgehalten und erst kürzlich begonnen, einige Hinweise zu geben, die – das sei ebenfalls erwähnt – den Spielraum für die öffentliche Verwaltung eher kleiner als größer werden lassen.

Allein die vorstehend skizzierte Gemengelage zeigt, dass es sich durchaus – auch für kleinere Verwaltungen – lohnt, sich mit der Umsatzsteuer auseinanderzusetzen. So freut es mich, dass das von Christian Trost und Matthias Menebröcker verfasste Werk „Umsatzsteuer in der öffentlichen Verwaltung“ nunmehr bereits in zweiter Auflage erschienen ist und damit ein kompetentes und kompaktes Werk, gleichsam für Einsteiger und Praktiker geeignet, zur Verfügung steht.

Das Werk ist in vier Teile gegliedert. Der erste Teil enthält eine Einführung in die Besteuerung der öffentlichen Verwaltung. In den darunter zu findenden Kapiteln werden nicht nur die Grundlagen der Umsatzsteuer, vor allem rechtlicher Art, geklärt, sondern auch verschiedene wichtige Begrifflichkeiten (etwa Verwaltung, Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsträger) definiert.

Die eingangs geschilderten Problemlagen zur Umsatzsteuerbarkeit werden im zweiten Teil prägnant dargestellt. Sieht man sich etwa den Abschnitt zu den „Ausnahmen von der Unternehmereigenschaft nach § 2b UStG“ an (Rn. 386 ff.) zeigt sich, wie wichtig die strukturierte Darstellung ist, da der Leser hier ansonsten schnell den Überblick verlieren würde. Die Komplexität rührt dabei maßgeblich aus der (noch) großen bestehenden Rechtsunsicherheit. So schreiben auch die Autoren treffend: „Die Tatbestandsmerkmale wie auch die Regelfälle sind sehr vage gehalten und verwenden eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe“ (Rn. 389). Mögen die Ausführungen zu § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG (Rn. 510 ff.) durch das BMF-Schreiben vom 14.11.2019 (III C 2 - S 7107/19/10005 :011, DOK 2019/0974402 = BStBl I 2019, 1140) praktisch wohl obsolet geworden sein, so sind die übrigen Ausführungen – etwa zu den Vorbehaltsaufgaben (Rn. 503 ff.) – sehr erhellend.

Der dritte Teil behandelt die Grundlagen der Umsatzbesteuerung an sich, von steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätzen über Steuerschuld, Rechnungen, Vorsteuerabzug bis hin zum Besteuerungsverfahren.

Schließlich widmet sich der vierte Teil noch einzelnen „Produktbereichen“, vor allem aus der kommunalen öffentlichen Verwaltung. Diese Bereiche werden in diesem Teil nochmals vertieft, was gleichzeitig den direkten Zugriff auf die entsprechenden Problemlagen erleichtert. Hier habe ich mir die Ausführungen speziell zum Bereich der „inneren Verwaltung“vertieft angesehen (S. 335 ff.). Nach einer kurzen Definition des Begriffs werden verschiedene, häufig vorkommende Tätigkeiten auf ihre Umsatzsteuerbarkeit untersucht, so etwa die Personalvertretung, das Rechnungsprüfungsamt, der Bereich „zentrale Dienste“ mitsamt Poststelle, Callcenter und Druckerei und das Personalmanagement. Die Ausführungen berücksichtigen stets die bisherige Rechtslage gem. § 2 Abs. 3 UStG a.F. sowie dessen richtlinienkonforme Auslegung, aber auch die neue Rechtslage nach § 2b UStG. Die gegebenen Hinweise sind für die Praxis äußerst zweckdienlich. Gerade in kleineren Verwaltungseinheiten, die nicht ständig mit dem Umsatzsteuerrecht befasst sind, helfen die Ausführungen, um aufkommende Fragen oftmals schnell klären zu können.

Besonders an dem vorliegenden Werk ist sicherlich zweierlei: Erstens der Fokus auf die öffentliche Verwaltung. So gibt es in diesem Bereich vielerlei Besonderheiten zu beachten, die in übrigen Handbüchern und Kommentaren nicht derart herausgehoben behandelt werden. Hier setzt das Werk klare Akzente und stellt die Themen heraus, die den geneigten Leser und Rechtsanwender interessieren. Zweitens ist aber auch der Untertitel Programm, das Werk enthält tatsächlich einen – wenn auch teils groben – „Leitfaden für Kreise, Städte und Gemeinden“. Dieser wird nicht nur im Werk an sich abgebildet, sondern wird durch die zur Verfügung gestellten Arbeitshilfen unterstützt. Hierfür liegt dem Werk ein „Buchcode“ bei, mit dem die Arbeitshilfen unproblematisch online abgerufen werden können. Während die dort zur Verfügung gestellten einschlägigen BMF-Schreiben und OFD-Verfügungen, Richtlinien und Gesetzen sicherlich ein „nice to have“ sind, stellen vor allem die Prüfungsschemata und Übersichten den eigentlichen Mehrwert für den Praktiker dar. Dass sich diese auf lediglich fünf Dokumente beschränken, ist allerdings doch misslich und hat mich etwas enttäuscht zurückgelassen. Hier besteht definitiv noch Optimierungspotenzial. Nichtsdestotrotz erhöhen jedenfalls die im Werk vorhandenen Abbildungen (etwa Rn. 241), Prüfschemata (etwa Rn. 542, 813) und die vielen Beispiele (etwa Rn. 520, 623 oder 686) den Gebrauchswert beträchtlich und machen das Werk zu einem guten Begleiter für die tägliche Praxis.

Der Trost/Menebröcker ist insgesamt sehr fundiert und verfügt über einen gut strukturierten Fußnotenapparat. Dies ist gerade dann praktisch, wenn der Leser sich tiefgehender mit einer bestimmten Problemstellung auseinandersetzen möchte. Gut gefällt mir zudem die durchgehende Randnummerierung, die die Zitation einer konkreten Stelle deutlich erleichtert. Dies macht sich auch im Stichwortverzeichnis bemerkbar, das folgerichtig nicht auf Seitenzahlen, sondern auf Randnummern verweist.

Soweit die Autoren ein „Lehrbuch für die öffentliche Verwaltung“ (S. 14) schaffen wollten, ist ihnen dies durchaus gut gelungen. Meine Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass naturgemäß nicht jede Frage und jede aktuelle Entwicklung behandelt wird. Dies ist aber auch gar nicht der Anspruch der Autoren. Viel wichtiger ist, dass Praktikern in der öffentlichen Verwaltung ein gutes Einstiegswerk an die Hand gegeben wird, um sich mit den umsatzsteuerrechtlichen Grundlagen in diesem Spezialgebiet vertraut zu machen. Gleichzeitig hält das Werk auch für die tägliche Arbeit einiges für den Leser bereit. Die vielen Beispiele und Hinweise zu speziellen Konstellationen in der öffentlichen Verwaltung sind ungemein hilfreich, insbesondere bei der schnellen Klärung kleinerer Fragen. Für 79,95 Euro bekommt der Leser ein sehr strukturiertes und fundiertes Werk, das praxisorientiert ist und sich nicht in wissenschaftlichen Diskursen verliert – genau das, was man von einem guten Praxishandbuch erwartet. Damit stellt der Trost/Menebröcker auch in der zweiten Auflage eine lohnenswerte Anschaffung dar.



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