Mrozynski, SGB I – Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil, Kommentar, 6 Auflage, C.H. Beck 2019
Von Rechtsanwalt Marco Junk, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Saarbrücken
Das SGB I als allgemeiner Teil des Sozialrechts, welches grundsätzlich auf alle Bereiche des Sozialrechts Auswirkung entfaltet, ist für Praktiker bei vielen Fragestellungen mit zu Rate zu ziehen und findet bei Fallgestaltungen jeglicher Art Anwendung. In der täglichen Fallbearbeitung kann für allgemeine Fragen getrost auf das vorliegende Werk, welches die 71 Normen des SGB I auf 1019 Seiten (inklusive Anlagen) bespricht und damit erheblichen Umfang entfaltet, zurückgegriffen werden.
Wo es relevant ist, werden auch die anderen Bücher des Sozialgesetzbuches angesprochen. Zu nennen ist beispielhaft die Kommentierung zu § 29 SGB I (S. 504 ff.), in deren Rahmen Änderungen des BTHG auf das SGB IX und das SGB XII dargestellt werden, mitsamt vieler nützlicher Informationen wie z.B. Tag des jeweiligen Inkrafttretens (auch für zukünftige Änderungen) oder ob und welche Übergangsvorschrift es gibt. So fällt ein Überblick über die im Einzelfall einschlägige Rechtslage und erste Orientierung, welche Fassung der jeweiligen Norm Anwendung findet, leicht. Aber auch andere Gesetze und anzuwendende Normen z.B. die ZPO zur Frage der Pfändung oder die Normen des BGB zu Aufrechnungsfragen (§ 51 SGB I) sind bei Relevanz zumindest angesprochen. Auch datenschutzrechtliche Fragestellungen nach der DS-GVO werden im Rahmen des § 35 SGB I erörtert, um die Frage des Sozialgeheimnisses umfassend zu beleuchten.
Positiv fällt auf, dass die einzelnen Normen systematisch aufgearbeitet und die Besonderheiten des Sozialrechts herausgestellt werden. Zu vielen Normen gibt es einen kurzen Überblick, der für das Verständnis relevant ist, sei es zur Entstehungsgeschichte der Norm, zum Verhältnis zu anderen Vorschriften oder zur Frage der sozialrechtlichen Besonderheiten in der Anwendung. Diese Ausführungen sind nicht überfrachtet, dienen aber der praxisgerechten Auslegung der jeweiligen Norm und Argumentation im Einzelfall.
Es werden daneben viele Beispiele und Einzelfälle zu den jeweiligen Normen dargestellt, welche eine gute Orientierung zu Literatur und Rechtsprechung ermöglichen. Es sei exemplarisch auf die Frage der Ausübung des Ermessens i.S.d. § 39 SGB I hingewiesen. Hierzu werden detailliert viele Ermessensfragen für die einzelnen Gebiete des Sozialrechts dargestellt (Rn. 42-48 a) .
Wo relevant werden auch Verfahrensfragen angesprochen, um die Ausführungen zu vervollständigen. Es sei z.B. verwiesen auf die Frage der Pfändung von Sozialleistungen gem. § 54 SGB I, in dessen Rahmen sich der Autor (Rn.40-47) mit den in der Praxis auftretenden Problemen zu diesem Themenkreis beschäftigt, also z.B. welches Gericht zuständig ist, wie ein ausreichend bestimmter Pfändungsantrag aussieht, wie sich Fehler auswirken, welche Rechtsmittel es gibt etc.
Die Kommentierung an sich ist übersichtlich aufgebaut, bei größeren Abschnitten ist ein Inhaltsverzeichnis vorangestellt. Schlagworte sind fett hervorgehoben und damit fällt eine Orientierung leicht, auch wenn sich das Zitieren von Entscheidungen und weiterführender Literatur im Fließtext als etwas störend auf den Lesefluss auswirkt.
Generell sind die einschlägige Rechtsprechung sehr umfassend aufgearbeitet und viele Fundstellen dargestellt. Teilweise werden gerichtliche Entscheidungen auch in Auszügen zitiert. Nach Aussagen des Autors sind bis Juni 2019 erschienene Literatur und Rechtsprechung eingearbeitet.
Zusammenfassend lässt dich der vorliegende Kommentar für die Praxis sehr empfehlen, egal in welchem Bereich des Sozialrechts man tätig ist. Jeder, der mit dem Sozialrecht in Berührung kommt, wird sich in diversen Konstellationen auch mit dem SGB I beschäftigen müssen. Zur praxisnahen Bearbeitung solcher Fragestellungen ist das Werk sehr gut geeignet und hilfreich, gerade wegen der systematischen Darstellungen, der Auslegungshinweise, der Darstellung von Einzelfällen und auch der zahlreich zitierten und sehr aktuellen Literatur und Rechtsprechung. Positiv hervorzuheben sind die diversen Verweise auf Gesetze außerhalb des SGB I und die Erörterung des Zusammenspiels der Normen. Viele der in diesem Bereich auftretenden Fragestellung wird man nach Blick in das vorliegende Werk beantworten können, ansonsten findet man zumindest Lösungsansätze.