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Rezension Öffentliches Recht: Das Mandat der EZB

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Thiele, Das Mandat der EZB und die Krise des Euro, 1. Auflage, Mohr Siebeck 2013

Von stud. iur. Andreas Seidel, Göttingen
 

„Dieses Buch sollte nicht nur jeder Jurist gelesen haben“ – so oder so ähnlich müsste wohl die Rezension dieses Werkes eingeleitet werden. Die Brisanz des Themas, das schon im Titel genannt wird – „Eurokrise“ –, ist so frappierend, dass es peinlich ist, wie wenig die breite Öffentlichkeit im Grunde davon weiß. Die Krise ist in aller Munde, doch wirklich durchdrungen wird sie nur von wenigen – wenn das zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon möglich ist. Überall schwirren Begriffe wie EFSF, ESM und EZB herum, jeder hat sie gehört, doch was bedeutet das? Was steckt hinter diesen Begriffen? Wo setzen sie an oder wie wirken sie? Und um noch einmal sie juristisch zu hinterfragen: Welche normativen Grundlage gibt es und wie sind Mechanismen wie der ESM geregelt? Ich bin der Überzeugung, dass vor diesen Fragen selbst viele Personen, die sich dem „Bildungsbürgertum“ zuschreiben würden, kapitulieren müssen. Die Flut der Informationen und die europäischen und internationalen Implikationen sind zu diffus für die Meisten.

Dieses Buch, so wie viele vor ihm und wahrscheinlich auch viele nach ihm, versucht, Licht in das Dunkel zu bringen. Thiele schrieb es kurz nach der mündlichen Verhandlung des zweiten Senats des BVerfG im ESM-Hauptsacheverfahren am 17. Juni 2013 und somit in einer Zeit größter Ungewissheit: Ungewissheit vor allem mit Blick auf das Europa der Zukunft oder besser gesagt, die Eurozone der Zukunft. Es kann somit Themen wie die Eurokrise nicht abschließend beschreiben und schon gar nicht bewerten, diese Aufgabe kann man getrost Astrologen zuweisen – zumindest für den Augenblick.

Thielebeginnt mit einem Überblick in die Krise. Er nimmt den Leser mit in die Ursachenforschung und geht von dort aus weiter bis zum heutigen Zeitpunkt. Nach diesem kurzen Umriss des Grundes für dieses Buches und Mechanismen wie dem EFSF oder dem ESM kommt er zu den beiden Kernstücken dieses Buches. Er erläutert zum Einen die Stellung der EZB samt seines Mandats, den Instrumenten, die sich daraus ableiten und seiner Unabhängigkeit. Zum Anderen die Zulässigkeit der Maßnahmen, die im Rahmen der Staatsschuldenkrise ergriffen wurden. Dabei beschränkt sich Thiele nicht nur auf nationales Recht, sondern legt den Maßstab des europäischen Primärrechts an die Maßnahmen an. Sodann folgen mit der Zusammenfassung und einem Ausblick die letzten Kapitel dieser Darstellung.

Dieses Buch hat – um dem Thema gerecht zu werden – einige wenige englischsprachige Zitate und Begrifflichkeiten. Der Autor hat sich leider entschieden, diese nicht zu übersetzen. Dies kann zwar vorteilhaft sein, etwa wenn aus dem Treaty on the Functioning of the European Union der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird. Dennoch ist es auffällig. Dies soll dem allgemeinem Bild dieses Buches jedoch keinen Abbruch tun: Dieses Buch erläutert in kurzer prägnanter Weise, was die Eurokrise ist und stellt trefflich die zahlreichen juristischen Implikationen dar. Insgesamt ist es – wie oben schon angedeutet – ein Buch, dass viel mehr Leute lesen sollten, als die Verkaufszahlen vermutlich zeigen werden.

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