Spieth / Lutz-Bachmann, Offshore-Windenergierecht, 1. Auflage, Nomos 2018
Von Ref. iur. Johann von Pachelbel, Essen
Energie aus Windrädern auf dem Meer hat sich in den letzten Jahren zu einem unverzichtbaren Teil des deutschen Energiemix entwickelt. Trotz großer technischer Schwierigkeiten und unternehmerischer Risiken ist die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone in der Nordsee bereits ausgebucht: Diverse Windparks sind schon gebaut und am Netz, eine große Anzahl ist gerade im Bau und noch weitere sind geplant. Dass so viele Ressourcen in so kurzer Zeit in die Entwicklung und Realisierung von Offshore-Windparks geflossen sind, ist auch in der intensiven Gesetzgebung begründet, die einen anreizenden regulatorischen Rahmen setzen möchte, um diese erneuerbare, „saubere“ Energie zu fördern und zu einem Pfeiler der Energiewende in Deutschland zu machen. Das betrifft vor allem die finanzielle Förderung von Offshore-Windenergieprojekten mit Hilfe von Umlagemechanismen, die einen Teil der Kosten für die Realisierung diesen Projekten auf den Stromverbraucher abwälzen. Ebenso soll der Ausbau von Offshore- Windenergie geordnet und koordiniert geschehen, um Ineffizienzen zu vermeiden: Es wurde also ein Rechtsrahmen für die Raum- und Bauplanung in der Nordsee geschaffen. Weiterer Regelungsbedarf entstand für spezielle Fragen, wie zum Beispiel der Aufteilung der Kosten für den Anschluss der Offshore- Windparks an das Stromnetz zwischen dem Projektbetreiber und dem für den Anschluss zuständigen Netzbetreiber. Nach diversen gesetzgeberischen Reformen in den letzten Jahren, die jeweils auf neue Probleme und Herausforderungen reagierten, hat sich nun ein Regelungsrahmen gebildet, der vor allem aus drei Gesetzen besteht: dem Erneuerbare Energien – Gesetz (EEG) für die finanzielle Förderung von Windenergieprojekten, dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), wo unter anderem die Reichweite der Anschlusspflicht des Netzbetreibers für Offshore-Windparks geregelt ist und schließlich das erst 2017 in Kraft getretene Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG), welches die Raumplanung in der Nordsee dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zuweist und detailliert das Planfeststellungsverfahren für die Projekte regelt.
Der vorliegende Kommentar von den Rechtsanwälten Wolf Friedrich Spieth und Sebastian Lutz-Bachmann sammelt alle für Offshore-Windparks relevante Normen aus den drei Gesetzen zusammen und kommentiert diese. Evident vorteilhaft an solchen Nachschlagewerken, die praxisbezogen die relevanten Normen für bestimmte wirtschaftliche Aktivitäten zusammenstellen, ist die Vermeidung, dass man für bestimmte gesetzesübergreifende Fragen einen Stapel von vielen Kommentaren um sich herum verteilt hat, sondern kompakt ein einziges Buch. Weiterhin sind die Kommentierungen kohärent ausgestaltet, was das Auge und den Verstand nicht verwirrt und das Nachschlagen deutlich erleichtert.
Der vorliegende Offshore Windenergierecht Kommentar ist ein Kurzkommentar, die aufgeführten Normen sind in knapper, für die Praxis gebotener Kürze und Übersicht dargestellt. Die relevanten rechtlichen Erläuterungen werden knapp gegeben, nur vereinzelt wird tiefer in einzelne Rechtsfrage hineingezoomt. Dafür finden sich in den Fußnoten umfangreiche Hinweise auf Spezialliteratur und Primärquellen. Der Fußnotenapparat ist modern und enthält auch viele Verweise auf Internetseiten, zum Beispiel Blogs oder Seiten von Institutionen und Behörden. Die raumplanerischen Normen sind mit Graphiken und Bildern untermalt, was die Anschaulichkeit sehr fördert. Leider nur sind manche dieser Bilder aufgrund einer eigenartigen Wahl von verschiedenen Grautönen nicht sehr gut erkennbar. Die Darstellung des Textes gelingt, eine gute Mischung aus fettgedruckten Überschriften und Schlagwörtern sowie eine nicht zu kleine Schriftgröße machen das Lesen leicht und einfach.
Nun zum Inhalt des Kommentars. Zuerst sind 29 §§ des EEG auf 160 Seiten kommentiert. Enthalten sind 9 §§ aus den nicht energieträgerspezifischen allgemeinen Bestimmung zu Erneuerbare-Energie-Anlagen im Sinne des EEG. Dabei werden nur diejenigen §§ in den Blick genommen, die spezielle Relevanz für Offshore-Windenergie haben. Sodann werden die §§ zur Ausschreibung der EEG-Förderung und zur genauen Bestimmung der Förderhöhe für Offshore-Windenergieprojekte in den Blick genommen. Inhaltlich offenbart die Kommentierung keine neuartigen Rechtsansichten oder besonders rechtswissenschaftlich innovative Gedanken. Nichtsdestotrotz hat die Kommentierung für den Praktiker einen Wert, nämlich die Priorisierung der Rechtsfragen. Hier ist die Handschrift der Herausgeber, beides ausgewiesene Experten im Gebiet der Rechtsberatung von Offshore-Windenergieprojekten, erkennbar. Die Themen sind wohlgeordnet, für die Praxis wichtige Fragen nehmen den meisten Platz ein, wohingegen für die Praxis irrelevante Rechtsfragen ausgespart oder nur kurz erwähnt werden. Der Schwerpunkt der Kommentierung liegt sodann auf dem neuen WindSeeG. Dieses wird in seiner Gänze kommentiert. Das WindSeeG enthält ein völlig neues Regelungssystem für den geordneten und öffentlich geführten Ausbau von Windenergie auf See, weshalb es hier viele ungeklärte Fragen gibt. Auch gibt es aufgrund der Neuheit des Gesetzes erst wenige Kommentierungen. Hier enthalten die Kommentierungen des vorliegenden Buches sehr wohl innovative Gedanken und der Wert der Kommentierung geht über das bloße Ordnen und Priorisieren hinaus. Da es aber ein Kurzkommentar ist, sind einige Rechtsfragen nicht in aller Ausführlichkeit beantwortet. Dies ist zu diesem Zeitpunkt aber wahrscheinlich noch gar nicht machbar, weil sich gerade erst zeigt, wo in der Praxis Rechtsfragen entstehen. Der Rezensent hat selbst mit diesem Kommentar in der Offshore Windenergie Rechtsberatung gearbeitet und konnte einige Male erfolgreich mit Mehrwert auf den vorliegenden Kommentar zum WindSeeG zurückgreifen. Zuletzt werden die §§ im EnWG kommentiert, die den Netzanschluss von Offshore-Windenergieanlagen regeln. Diese Regelungen existieren seit 2012 und waren eine Reaktion auf eklatante wirtschaftliche Probleme der Netzbetreiber bei der Finanzierung und Realisierung von Netzanschlüssen. Nun sind die Anschlusspflichten und auch Haftungspflichten der Netzbetreiber vollumfänglich geregelt und die Risiken neu verteilt. Auf Kommentierungen dieses für die Praxis extrem relevanten Feldes wird in der Praxis oft zurückgegriffen. Im vorliegenden Kommentar sind die rechtswissenschaftlichen Fragen und Meinungen wiedergegeben, jedoch steuert der Kommentar keine neuen und innovativen Standpunkte zur Diskussion bei. Hier erschöpft sich also der Wert wie bei der EEG-Kommentierung eher in der Ordnung und Priorisierung.
Der Rezensent war im Ergebnis mit der Kommentierung des WindSeeG zufrieden und wusste sie in der Rechtsberatung zu gebrauchen. Die Kommentierung des EEG und EnWG ist weniger nützlich gewesen, jedoch war ein der Kommentar immer gut für ein schnelles Nachschlagen. Aufgrund der noch raren Kommentierungslage in Bezug auf das auf Offshore-Windparkprojekte anwendbare Recht ist der vorliegende Kommentar unterm Strich sehr zu empfehlen!