Eberth / Müller / Schütrumpf, Verteidigung in Betäubungsmittelsachen, 6. Auflage, C.F. Müller 2013
Von Richter am AG Carsten Krumm, Lüdinghausen
„Erfreulich dünn“, das war das Erste was mir bei Erhalt des Buches der drei Fachanwälte für Strafrecht Eberth, Müller und Schütrumpf einfiel. Ein Verteidigerhandbuch mit gerade einmal 266 Seiten für ein schwer durchschaubares Rechtsgebiet wie das Betäubungsmittelrecht ist nämlich eher selten, vor allem dann, wenn es wie das vorliegende Werk bereits in 6. Auflage erscheint. Das Werk befasst sich mit allen Ebenen der Verteidigung, wenn Betäubungsmitteldelikte in Rede stehen oder standen.
Eberth, Müller und Schütrumpf richten sich mit dieser 6. Auflage an alle Verteidiger, aber auch Richter und Staatsanwälte. Besonders empfehlenswert ist es sicherlich für Anfänger im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts, die sicher beim ersten Zugriff auf die Materie beim Blick in die handelsüblichen BtMG-Kommentierungen überfordert sind. Ziel des Buches ist in erster Linie, einen schnellen und zuverlässigen Überblick über die Materie und die anzutreffenden Probleme zu bekommen. Genau dazu eignet sich „Verteidigung in Betäubungsmittelsachen“ hervorragend. Zu empfehlen ist für den Erstleser, das Buch durchzublättern und an einigen interessanten Punkten zu schmökern. Für die Fallbearbeitung bedarf es dann freilich der Lektüre ganzer Sinnabschnitte. Ein weiterer Blick in einen Kommentar wird sich freilich hierdurch nicht vermeiden lassen. Man hat durch das Buch dann jedoch ein Grundgerüst an Wissen parat, das die Kommentierungen dann auch leichter verständlich werden lässt.
Von der Aufmachung her ist das Buch absolut positiv zu bewerten. Es finden sich zahlreiche Übersichten und Tabellen. Zu nennen sind etwa der Überblick zu der „nicht geringen Menge“ (Rn. 161) oder die Darstellung möglicher Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe (Rn. 248). Einzelne Fettungen im Text und zahlreiche aussagekräftige Zwischenüberschriften machen das Lesen oder auch nur Überfliegen des Textes leicht und angenehm.
Thematisch beginnen die Autoren zunächst erwartungsgemäß mit einer Darstellung der einzelnen Drogen und des Phänomens der Abhängigkeit. Sodann werden die wichtigsten Straftatbestände im Betäubungsmittel dargestellt. Dies umfasst natürlich die eigentlichen Betäubungsmittelstraftaten des Betäubungsmittelgesetzes. Ferner werden Tötungsdelikte im Zusammenhang mit Betäubungsmittelkonsum dargestellt, was systematisch durchaus sinngebend ist, zumal § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG auch die „leichtfertige Todesverursachung“ durch BtM-Überlassung unter Strafe stellt.
Sehr gut im Rahmen der Erörterungen der einzelnen Tatbestandsmerkmale und Delikte sind Übersichten, die die Prüfung der jeweiligen Normen bzw. Tatbestandsmerkmale erleichtern. Ein gutes Beispiel hierfür stellen etwa Übersichten dar, die aufzeigen, was unter gewerbsmäßigem Handeltreiben zu verstehen ist (Rn. 87) oder unter Handeltreiben mit Waffen (Rn. 89). Hervorragend ist zudem die Darstellung der Konkurrenzen im Hinblick auf die einzelnen Betäubungsmitteldelikte, die erfahrungsgemäß selbst erfahrenen Praktikern oftmals Probleme bereiten. Insbesondere die für Neueinsteiger ins Thema kaum systematisch greifbare Rechtsfigur der „Bewertungseinheit“ wird kurz und zutreffend erläutert (Rn. 94).
Ein eigenes Kapitel ist dem Thema Betäubungsmittel und Straßenverkehr gewidmet. Diese Schwerpunktsetzung trägt er den Praxisbedürfnissen durchaus Rechnung, da oft der Betäubungsmittelkonsum an sich nur auf diesem indirekten Wege zu einer Ahndung führt. Auf etwa 20 Seiten werden so die §§ 315c StGB, 316 StGB, 111a StPO, 69 ff. StGB, 24a StVG ebenso dargestellt wie die Fahrverbote nach § 25 StVG bzw. 44 StGB. Was den Verteidiger besonders freuen wird, sind die Spezialausführungen zu verwaltungsrechtlichen (Führerschein-)Maßnahmen bei Betäubungsmitteldelinquenz, Rn. 205 des 228.
In einem weiteren Kapitel befassen sich Eberth, Müller und Schütrumpf mit den Rechtsfolgen von Betäubungsmittelstraftaten. Insbesondere werden auch typische Strafzumessungsfehler dargestellt und die Fragen rund um den in Betäubungsmittelsachen häufig vorkommenden Verfall und Einziehung. Ausführlicher Erörterungen finden sich dann auch zum Aufklärungsgehilfen des §§ 31 BtMG.
Schließlich enthält das Buch in Teil 3 noch Darstellungen zur Rehabilitation. Hierbei geht es etwa um Bewährungsweisungen oder auch das Zurückstellungsverfahren nach § 35 BtMG. Angesichts der Kompaktheit der Darstellungen bleiben in diesem Kapitel leider prozessuale Fragen weitgehend auf der Strecke. Für eine Einführung in die Thematik ist in die Darstellung insoweit sicher ausreichend. Dem Strafverteidiger wird aber nichts anderes übrig bleiben, als sich in anderen Büchern weiter zu informieren, so etwa über das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG, wenn nämlich die Staatsanwaltschaft eine Zurückstellung nicht vornehmen will.
Im letzten „echten“ Buchkapitel widmen sich die Autoren den verfahrensrechtlichen Besonderheiten der Betäubungsmittelverfahren. Es werden hier ausgewählte Probleme des Verfahrens kurz dargestellt, mit denen erfahrungsgemäß immer wieder Verteidiger in Betäubungsmittelverfahren konfrontiert sind, so etwa verdeckte Ermittlungsmethoden, der Frage der Nachweisdauer und Nachweismöglichkeiten von Betäubungsmittelkonsum, die Durchsuchung und Beschlagnahme und schließlich auch Verwertungsfragen.
Am Buchende finden sich dann 9 Musteranträge. Hier hätte man sich vielleicht mehr wünschen können. Hilfreich wären vielleicht auch Kurzeinschübe von üblichen Textbausteinen in den laufenden Text gewesen. Dem guten Eindruck des Buches tut dies jedoch keinen Abbruch. Vielmehr führt gerade die „Auslagerung“ der Musterschriftsätze dazu, dass das Buch vom Inhalt her schnell erfassbar und auch tatsächlich schnell lesbar ist.
Alles in allem handelt es sich damit bei dem Buch von Eberth, Müller und Schütrumpfum ein tolles Werk für Verteidiger, die gelegentlich mit Betäubungsmittelsachen konfrontiert sind oder solchen, die als Berufsanfänger in Betäubungsmittelverfahren verteidigen müssen. Ob dem in Betäubungsmittelsachen erfahrenen Verteidiger die Darstellungen Neues liefern, müsste dieser nach einem Schmökern im Buch für sich entscheiden.