Staudinger / Halm / Wendt, Kommentar Versicherungsrecht, 2. Auflage, Luchterhand 2017
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Sebastian Leppla, Kaiserslautern
Drei Jahre nach der Erstauflage erscheint dieser Kommentar, der mit Recht als Praktiker- oder Fachanwaltskommentar bezeichnet werden kann, nun in einer Neuauflage. Beeindruckend und konzeptgetreu stellt sich bereits der Bearbeiterstamm dar. Lassen sich dort doch vor allem Vertreter der Praxis finden – zum Teil mit nicht unerheblichem Bekanntheitsgrad. Wer alleine einem bekannten Namen Kompetenz und Autorität beimisst, wird sich hier sicherlich gut vertreten fühlen. Aber ein bekannter Name alleine ist nichts wert, ohne den gewünschten Inhalt. Und dieser ist durchaus vorhanden. Neben einer ausführlichen Kommentierung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) - nebst Einführungsgesetz (EGVVG) - mit den dort angesprochenen Versicherungssparten findet sich auch eine Kommentierung zum Reiseversicherungsrecht, zur Vertrauensschaden- und Warenkreditversicherung und zu den Allgemeinen Bedingungen der Haftpflichtversicherung von Ansprüchen aus Benachteiligungen (AVB Benachteiligungen), welche den Versicherungsschutz für den Fall der Inanspruchnahme v.a. aufgrund von Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) betreffen. Abschließend werden in Grundzügen das Versicherungsaufsichtsrecht, das Versicherungsunternehmensrecht und das Internationale Versicherungsrecht dargestellt.
Ein solcher nomineller Inhalt alleine zeugt natürlich noch nicht von der Qualität eines Werkes, ist doch von einem Kommentar zu der einschlägigen Materie nichts Anderes zu erwarten. In der täglichen Praxis - bei der Bearbeitung versicherungsrechtlicher Mandate unter Verwendung dieses Werkes – fällt positiv auf, dass die praktisch relevanten Fragestellungen sehr ausführlich und verständlich dargestellt sind. So wird beispielsweise nach dem Fortfall des „Alles-oder-Nichts-Prinzips“ bei der Verletzung vertraglicher Obliegenheiten durch den Versicherungsnehmer durch die entsprechende Reformgesetzgebung zum 01.01.2008 häufig darüber gestritten, wie und unter welchen Voraussetzungen die nunmehr einschlägige quotale Kürzung der Leistung des Versicherers zu ermitteln ist. Hierzu enthält die Kommentierung zu § 28 VVG eine ausführliche Darstellung, welche bei der Historie der Neufassung dieser Vorschrift beginnt und über die Rechtsfolgen des Versäumnisses der den Versicherern gesetzlich für eine begrenzte Zeit eingeräumten Anpassungsmöglichkeit ihrer einschlägigen Versicherungsbedingungen bis hin zu den Voraussetzungen und Kriterien der Quotenbildung reicht. Besonders der letzte Punkt wird ausführlich unter Bezugnahme auf den bestehenden Meinungsstreit und mit einer begründeten Darstellung des eigenen Standpunktes des Bearbeiters dargestellt.
Eine erwähnenswerte Eigenart dieses Kommentars ist zugleich Fluch und Segen, wobei der Segen allerdings überwiegt. Die jeweils zu den Normen des VVG zu berücksichtigenden Nebengesetze und Bedingungswerke sind nicht etwa am Ende des Werkes als Anhänge angegliedert, sondern werden fortlaufend im Rahmen der Kommentierung nach den Normen des VVG dargestellt, in deren Kontext sie stehen. So findet sich z. B. in Teil III. zum Haftpflichtversicherungsrecht nach dem Abschnitt zur Pflichtversicherung gem. §§ 113-124 VVG unmittelbar im Anschluss eine ausführliche Kommentierung zu den einschlägigen Nebengesetzen -namentlich dem Pflichtversicherungsgesetz, der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung, dem Haftpflichtgesetz und zu den einschlägigen Musterbedingungswerken, wie den AKB 2015, den AHB 2008, den BBR-PHV etc., wobei auch die maßgeblichen Musterbedingungen zur Umwelthaftpflichtversicherung und zur Produkthaftpflichtversicherung nicht ausgespart sind. Dabei ist auf jeder rechten Buchseite in der Kopfzeile – wie auch bei den Kommentarstellen zum VVG – das Kürzel des jeweiligen Gesetzes bzw. des jeweiligen Bedingungswerkes angegeben. Beim Blättern auf der Suche nach der Kommentierung zu einer bestimmten Vorschrift im VVG kommt es aufgrund des Umfanges dieser eingegliederten Kommentierungen leicht dazu, dass man sich darin „verirrt“, ohne einen Anhaltspunkt zu haben, ob die gesuchte Vorschrift des VVG weiter vorne oder weiter hinten zu finden ist. Wie gesagt, ein hinnehmbarer „Fluch“ im Vergleich zu dem auf der Hand liegenden Vorteil, den die Darstellung der Begleitregelungen im thematischen Kontext bietet. Gleichwohl wäre – nicht zuletzt aus Gründen der Zeitersparnis – ein kleiner Hinweis in der Kopfzeile, auf welche VVG-Vorschrift sich der jeweilige Annex bezieht, wünschenswert, um dem Leser die Orientierung zu erleichtern.
Ansonsten besticht das Werk durch eine klare Gliederung und seine verständliche Sprache und ist daher für den täglichen Einsatz uneingeschränkt zu empfehlen.