Redmann, Agiles Arbeiten im Unternehmen – Rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Anforderungen, 1. Auflage, Haufe 2017
Von Carina Wollenweber-Starke, Wirtschaftsjuristin, LL.M., Bad Berleburg
Das Werk „Agiles Arbeiten im Unternehmen – Rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Anforderungen“ von Britta Redmann beschäftigt sich mit neuen Formen der Zusammenarbeit wie bspw. dem Homeoffice und selbstorganisierten Arbeitsgruppen. Es beinhaltet 231 Seiten inkl. Stichwortverzeichnis und ist in 3 Teile untergliedert. Darüber hinaus sind ein sehr kurzes Intro und ein ebenso kurzes Fazit vorhanden. Teil 1 besteht aus 4, Teil 2 aus 6 und Teil 3 aus 2 Kapiteln. Während die Teile 1 und 2 sich eher der Theorie widmen, soll insbesondere der 3. Teil den Bezug zur Praxis herstellen.
Der 1. Teil trägt die Überschrift „Bedeutung von Agilität in der Arbeitswelt“. Die Autorin erklärt, wie sich die Gesellschaft durch den technischen Fortschritt verändert und welche Auswirkungen dies auf das Arbeiten hat. Dabei berichtet sie u.a. von Unternehmen, welche bereits auf ein agiles Arbeiten setzen (z.B. S. 15). Der starke Wandel betrifft auch bestimmte Berufe (S. 26: Abb. 4). Die Autorin erläutert die neuen Anforderungen an die Führungskraft 4.0. (S. 29). Das 4. Kapitel „Agilität und Recht“ zeigt auf, warum die Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen so entscheidend ist. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine sehr kurze Einführung in das Recht.
Der 2. Teil „Erscheinungsformen von Agilität und ihre rechtliche Beurteilung“ knüpft nahtlos daran an, da es hier tatsächlich um eine rechtliche Einschätzung geht. Dieser Teil besteht aus 6 Kapiteln, deren Aufbau dabei immer identisch ist: Auf den Punkt „Agiler Spirit“, welcher sich mit der tatsächlichen Durchführung beschäftigt, folgt der „Legal Check“ – also die rechtliche Beurteilung, ob die gewollte Umsetzung juristisch möglich ist. Das 1. Kapitel „Agiler Arbeitsort“ befasst sich mit dem Ort, an welchem die Arbeit verrichtet wird. Im 2. Kapitel „Agile Arbeitsräume“ widmet sich die Autorin u.a. diversen Raumkonzepten und deren Vorteilen. Allgemeine, nicht-juristische Nachteile werden dabei jedoch nicht erwähnt. „Agile Arbeitszeit“ lautet die Überschrift von Kapitel 3. Hier werden bspw. flexible Modelle wie Job-Sharing (S. 78 f.) oder crowdworking (S. 90) vorgestellt. Das 4. Kapitel nennt die Autorin „Agile Arbeitsorganisation“. Neben dem Direktionsrecht und dem Lohn werden insbesondere die vernetzten Strukturen behandelt. Das 5. Kapitel steht unter der Überschrift „Agile Arbeitsmethoden“ und befasst sich u.a. mit Scrum, Design Thinking, Bar Camp und Ted Talk (S. 110 ff.). Dabei sollte insbesondere die Tabelle auf S. 117 f. beachtet werden, aus welcher der Leser den Nutzen der jeweiligen Arbeitsmethode auf einen Blick erkennen kann. Etwas unglücklich ist, dass die Autorin bei Scrum zunächst die Vorzüge aufzeigt und danach dem Leser mitteilt, was überhaupt unter Scrum zu verstehen ist (S. 110). Das 6. Kapitel („Agiles Performance-Management“) umfasst zunächst eine Definition dieses Begriffes (S. 138 f.). Es thematisiert u.a. die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit, aber auch die Mitarbeiterbewertung und zeigt auf, welche Elemente ein Performance-Management agil machen (S. 139).
Der 3. Teil („Beispiele aus der Unternehmenspraxis und Expertenbeiträge“) beginnt mit insgesamt 11 Interviews, in denen die Autorin Fragen stellt und Repräsentanten von diversen Unternehmen oder Organisationen antworten. Dabei soll die Auswahl der Interviewpartner ein möglichst breites Spektrum abdecken, indem unterschiedliche Branchen und Größenordnungen umfasst sind. Zuvor erfolgt immer eine steckbriefartige Vorstellung des Gesprächspartners mit Angaben z.B. zur Branche, Mitarbeiteranzahl und zum Sitz. Dabei ist es besonders interessant zu sehen, wie andere Unternehmen die Herausforderungen des agilen Arbeitens handhaben und welche rechtlichen Instrumente dabei eingesetzt werden (z.B. S. 157: Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit und zum Homeoffice). Dabei folgen die Interviews zwar einem ähnlichen Aufbau; aber die Fragen sind mitunter doch verschieden. Das Kapitel „Analysen von Experten“ schließt den 3. Teil ab. Es besteht aus insgesamt 3 Beiträgen zu unterschiedlichen, nicht-juristischen Beiträgen.
Insbesondere die Mitbestimmung durch den Betriebsrat (z.B. S. 54 ff.), der Datenschutz und das allgemeine Persönlichkeitsrecht sind wiederkehrende Themen. Z.T. finden sich aber lediglich pauschale Verweisungen auf Vorschriften (z.B. S. 70 zum Arbeits- und Umweltschutz). Dies ist für den Leser nur wenig hilfreich. Wünschenswert wären u.a. explizite Beispiele, inwieweit eine bestimmte Handlung des agilen Arbeitens gesetzeskonform ist oder auch gegen eine Norm verstößt.
Die Praxisorientierung ergibt sich bspw. aus den geführten Interviews in Teil 3 und aus den Verweisen auf die Arbeitsweisen anderer Unternehmen (z.B. S. 71, 137 f.). Allerdings geht die Autorin dabei davon aus, dass sich der Leser bereits mit den Begriffen auskennt, sodass aus dem Werk an sich bspw. nicht deutlich wird, worum es sich bei dem Begriff „Jahresarbeitszeit“ (S. 71) handelt und der Leser selbständig Recherchen anstreben müsste.
Der Praxisbezug wird ebenso ab und an deutlich, wenn die Autorin Formulierungsvorschläge für Klauseln gibt (z.B. S. 53, 94 für Versetzungsklauseln). Diese sind durch eine graue Hinterlegung hervorgehoben. Positiv ist, dass auch die rechtlichen Nachteile Beachtung finden (z.B. S. 95).
Insbesondere dienen auch konkrete Vorschläge dem Leser. So äußert sich die Autorin zu kollaborativen Plattformen und den personenbezogenen Daten der Mitarbeiter (S. 126 f.) sowie zu Vereinbarungen mit dem Betriebsrat (z.B. S. 134, 150).
Das Werk bietet gelegentlich auch nützliche Hintergrundinformationen (z.B. 79 zum Job-Sharing). Allerdings setzt es ebenfalls an der ein oder anderen Stelle bereits spezielles Hintergrundwissen voraus (z.B. S. 209 in Bezug auf die Maslow-Ebenen), ohne näher auf dieses einzugehen. Der Leser muss dann ggf. selbst recherchieren um zu erfahren, was gemeint ist.
Besonders hervorzuheben ist, dass die Autorin sich auch mit den ggf. auftretenden negativen Aspekten des agilen Arbeitens befasst (z.B. S. 145 zu subjektiven Rückmeldungen). Diese sind z.T. in den Interviews des 3. Teils zu finden (z.B. S. 169). Dazu zählen ebenfalls die rechtlichen Grenzen (z.B. S. 183, 187, 192), sodass dem Leser nicht nur die vielen Vorteile des agilen Arbeitens näher gebracht werden.
Insgesamt verdeutlichen 17 Abbildungen das Gesagte. Daneben sind diverse graue Kästen vorhanden, welche mit Ausrufezeichen versehen sind und die wichtigsten Stichpunkte bzw. Definitionen beinhalten. Diese stellen zentrales Wissen dar. Gelegentlich existiert auch eine kurze Vorschau in Stichpunkten (z.B. S. 64), bevor auf die Einzelheiten eingegangen wird.
Die zahlreichen Tabellen (z.B. S. 29) sind sehr übersichtlich gestaltet und bieten Informationen auf einen Blick. Dies ist für den Leser von großem Vorteil. Besonders praktisch sind die Gegenüberstellungen zu herkömmlichen und zukünftigen Performance-Systemen (S. 139) sowie zu Feedback und Beurteilung (S. 143). Aber auch die Tabelle zum Arbeitszeitgesetz (S. 76) ist nützlich, indem sie dem Leser aufzeigt, inwieweit das Recht der Gestaltung der Arbeitszeit Grenzen setzt.
Kurze Zusammenfassungen werden durch einen grauen Kasten vom restlichen Text abgegrenzt und durch die Worte „Agiles To-do“ hervorgehoben (z.B. S. 54). Dadurch erhält der Leser die wichtigsten Informationen in kurzen Sätzen auf einen Blick.
Hilfreich ist insbesondere, dass die Autorin nicht nur auf Urteile verweist, sondern auch explizit mitteilt, wenn eben noch keine Rechtsprechung zu einem Thema vorhanden ist (z.B. S. 104, 126). Somit wird dem Leser deutlich gemacht, dass an dieser Stelle noch Rechtsunsicherheit besteht. Wenn doch bereits Urteile existieren, so wird mitunter auch aus diesen zitiert (z.B. S. 53, 101).
Ebenfalls hervorzuheben ist, dass die Autorin auf neu erlassene Gesetze (z.B. S. 100 zum Zeitarbeitsgesetz) hinweist. Neben dem Inhalt der Norm wird auch deren Fundstelle im Gesetz angegeben.
Randnummern sind zwar nicht vorhanden. Aber generell ist festzustellen, dass kaum Verweise existieren, sodass eine Nummerierung auch unterbleiben kann. Mit Hilfe des Inhalts- und Stichwortverzeichnisses findet sich der Leser gut zurecht. Allerdings ist anzumerken, dass nicht alle Gliederungsebenen im Inhaltsverzeichnis vorhanden sind. Durch das Literaturverzeichnis wird der Leser mitunter auf weiterführende Literatur aufmerksam gemacht.
Die Sprache kann grundsätzlich als leicht verständlich beschrieben werden. Gelegentlich werden allerdings englische Begriffe in den deutschen Satz aufgenommen (z.B. S. 140: „...betrifft das gemeinsame Commitment zur Zusammenarbeit...“; S. 144: „...Anwendung von Likes...“). Das Verständnis dürfte für den Leser jedoch regelmäßig kein Problem sein.
Darüber hinaus ist deutlich zu erkennen, dass das Werk aufeinander aufbaut. So wird im vorderen Teil ein Begriff erwähnt, der später häufiger verwendet wird (z.B. S. 166: Scrum). Der Leser muss in diesem Fall nicht das ganze Buch chronologisch lesen, sondern kann auch das vorhandene Stichwortverzeichnis bemühen.
Die Autorin baut zudem eine Verbindung zum Leser auf, in dem sie ein Wir-Gefühl vermittelt (z.B. S. 47: „Zum Arbeiten brauchen wir schon längst kein Büro mehr.“; S. 144: „Wir kennen das...“). Die Autorin wirft außerdem Fragen auf, die sich auch der Leser stellen wird (z.B. S. 50, 75).
Fazit: Das vorliegende Werk eignet sich insbesondere für Entscheider, die die Struktur und Arbeitsweise im Unternehmen anpassen oder optimieren möchten. Zwar geht die Autorin auch auf rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Anforderungen ein. Dies scheint allerdings eher in den Hintergrund zu treten. Vielmehr werden das agile Arbeiten an sich und die unterschiedlichen Ausprägungsformen beleuchtet.
Positiv zu bewerten ist, dass nicht nur die Vor-, sondern auch die Nachteile dargestellt werden, sodass der Leser umfassende Einblicke erhält. Ebenfalls hervorzuheben sind die Interviews mit den Gesprächspartnern aus diversen Branchen, sodass der Leser ebenfalls praktische Einblicke erhält und erkennen kann, welche agilen Methoden sich für die Praxis besonders eignen und durchsetzen. Durch die vielen Tabelle und grauen Kästen bekommt der Leser Zugriff zu wichtigen Informationen auf einen Blick.