Quantcast
Channel: Die Rezensenten
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2723

Rezension Strafrecht: Schuld und Strafe

$
0
0

Roth / Hubig / Bamberger, Schuld und Strafe – Neue Fragen, 1. Auflage, C.H. Beck 2012

Von Stud. iur. Janina Hinz, Tübingen
 

Im Mai 2010 veranstaltete das Justizministerium Rheinland-Pfalz zusammen mit dem Neurobiologen Gerhard Roth eine Tagung zum Thema „Schuld und Strafe – Neue Fragen“. Der im C.H. Beck Verlag erschienene Tagungsband, gibt auf knapp 130 Seiten in anschaulicher Weise die einzelnen Vorträge sowie deren elementaren Inhalt wieder. Die Beiträge setzen sich mit Fragen zur Willens- und Entscheidungsfreiheit, der Schuldfähigkeit bis hin zu Strafe und deren Sanktionen auseinander und beleuchten diese im Angesicht neuster neurowissenschaftlicher Forschungsergebnisse.

Das Werk umfasst insgesamt neun verschiedene Beiträge mehrerer Autoren, welche aus den Bereichen der Hirnforschung, Forensischen Psychiatrie und Rechtswissenschaft stammen. So unterschiedlich wie die Autoren sind, so unterschiedlich sind auch ihre Beiträge gestaltet, was zu einem abwechslungsreichen Lesevergnügen führt, aber leider auch den Nachteil mit sich bringt, dass stellenweise die Einheit und Verbundenheit der einzelnen Beiträge untereinander fehlt. An der einen oder anderen Stelle wünscht sich der Leser zudem einen tieferen Einblick in die Materie, um getroffene Aussagen in einen größeren medizinischen- und juristischen Gesamtkontext einordnen zu können. Dies würde aber mit Sicherheit den Anspruch an einen Tagungsband bei weitem übersteigen. Abhilfe schaffen allerdings zahlreiche Fußnoten, sowie teilweise umfangreiche Literaturverzeichnisse am Ende der jeweiligen Beiträge, welche dem Leser die Möglichkeit des intensiven Auseinandersetzens mit der Thematik bieten.

Sehr gelungen und überaus sinnvoll erweist sich die Einleitung und zugleich der Vortrag von  Justizminister Heinz Georg Bamberger. Er klärt über die fundamentale und zentrale Rolle des Schuldbegriffs auf und verdeutlich wie wichtig eine klare Definition von Schuld sei (vgl. S.1 f.). Weiterhin untersucht er die Willens- und Handlungsfreiheit auf ihre philosophischen-theologischen, aber auch naturwissenschaftlichen Aspekte. Seinen Vortrag schließt er mit einer Reihe von Fragen ab, welche sich aus dem Zusammenhang der Erkenntnisse der modernen Neurowissenschaft für die Frage nach Schuld und Strafe ergeben (vgl. S.5). Die anschließenden Vorträge behandeln je nach Autor verschiedene Ansatzweisen und zeigen neue Gesichtspunkte, nach denen die Antwort auf die Frage nach Schuld und Strafe gesucht werden kann. Gleichzeitig werfen sie neue Fragen in den Raum, so etwa ob es nach naturwissenschaftlichen Erkenntnissen überhaupt Schuld gibt, welche Konsequenzen dies für die Jurisprudenz hat oder ob der Schuldbegriff neu überdacht werden muss. Beispielsweise konstruiert Prof. Dr. Norbert Nedopil, Leiter der Forensischen Psychiatrie der Universitätsklinik in München, in seinem Vortrag die Auswirkungen einer Medikalisierung des Strafrechts (vgl. S.70 f.) und die daraus resultierenden Folgen. Er ergänzt diesen zusätzlich durch informative Statistiken (vgl. S.74 f.).

Insgesamt gibt der Tagungsband neue Denkanstöße und regt eine spannende Debatte rund um das Thema von Schuld und Strafe an. Wer sich dieser Debatte stellen möchte, findet in dem vorliegenden Werk wohl einen der aktuellsten und durchweg informativsten Beiträge zu diesem Themengebiet. Somit eine lohnenswerte Investition, für alle die mehr wissen wollen, Hinterfragen und Antworten suchen auf die Frage nach Schuld und Strafe.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 2723