Beck / Löhle / Kärger, Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren, 10. Auflage, Anwaltverlag 2013
Von RA Sebastian Gutt, Helmstedt
Bei der Verteidigung in Verkehrsordnungswidrigkeiten kommt man in der Praxis nicht umher, neben juristischem Fachwissen auch über ein solides technisches Basiswissen in Bezug auf die eingesetzten Messgeräte zu verfügen. Nur so ist eine erfolgreiche Verteidigung des Betroffenen gewährleistet. Die Funktionsweise der einzelnen Messgeräte muss der Verteidiger also kennen, vor allem um die Messung auf eventuelle Fehler hin überprüfen zu können.
Das vorliegende bewährte Kompendium aus dem Anwaltverlag knüpft an das Bedürfnis der Praxis an und bietet auf knapp 520 Seiten beides: juristisches und technisches Wissen. Das Autorenteam besteht aus absoluten Experten. Die Zusammensetzung aus Juristen und Sachverständigen gewährleistet, dass die jeweiligen Bereiche aus erster Hand erläutert und dargestellt werden können. Auch in der 10. Auflage bieten die Autoren einen guten Mix aus Praxishandbuch und Nachschlagwerk.
Das Werk besteht aus insgesamt zwei Teilen, einen technischen und einen juristischen. Löhle stellt im ersten Teil die Funktionsweise der gängigsten Messgeräte dar. Ihm gelingt es von Beginn an, den Leser an die Hand zu nehmen und gekonnt durch die schwierige Materie zu führen, was angesichts einer Vielzahl von Rechenformeln lobend hervorzuheben ist. Auf einen Fußnotenapparat verzichtet Löhle gänzlich. Zitate, vornehmlich von der PTB Braunschweig, sind im Fließtext dargestellt. Schön ist, dass der Autor überwiegend zu den Formulierungen der PTB (eigene) Stellung bezieht und dabei nicht mit Kritik spart. Die Analyse der einzelnen Messgeräte erfolgt dergestalt, dass der Autor zunächst äußerst anschaulich den konkreten Messablauf darstellt und sodann auf einzelne Messfehler hinweist. Es empfiehlt sich, das Werk mit in die Hauptverhandlung zu nehmen. Wenn der jeweilige Messbeamte den Messablauf schildert, kann der Verteidiger unter Zuhilfenahme des Werkes nachhaken. Mit dem Werk ist man jedenfalls bestens vorbereitet auf den Hauptverhandlungstermin. Im Übrigen enthält das gesamte Werk – wie üblich beim Anwaltverlag – zahlreiche Hinweise und Praxistipps, die sehr hilfreich sind. Abgerundet werden die Erläuterungen von Löhle durch eine Vielzahl an Beispielen, insbesondere Messfotos. Der Leser lernt auf diese Weise, die Theorie gleich auch praktisch anzuwenden.
Im zweiten Teil (§ 7 ff.) greift Kärger die technischen Details auf und bettet sie in den juristischen Kontext ein; hier findet sich dann auch wieder ein üppiger Fußnotenapparat zur Vertiefung der Materie. Der Leser lernt, wie er sein Wissen über die Funktionsweise der Messgeräte in der Hauptverhandlung umsetzen kann. Das Werk hilft also nicht nur bei der Frage der Herangehensweise an das Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren, sondern auch bei der praktischen Handhabung gegenüber Bußgeldbehörde und Gericht. Die kurze und prägnante Darstellungsweise juristischen Basiswissens und praktischer Tipps weiß zu überzeugen.
Da in der Praxis überwiegend Kennzeichenanzeigen erfolgen, spielt – sofern es ein solches gibt – das Messfoto bei der „Überführung“ des Betroffenen die zentrale Rolle. Oftmals sind die Messfotos jedoch alles andere als gut, so dass der Verteidiger bei der Bildqualität anzusetzen hat. Kärger stellt sehr schön die Voraussetzungen an die Auswertung dar (§ 7 Rn. 24 ff.). Die Lektüre empfiehlt sich auch vor dem Hintergrund einer später folgenden Rechtsbeschwerde.
Gleichfalls hinzuweisen ist auf die Ausführungen zum Fahrverbot (§ 14). Den Betroffenen schmerzt (neben den einzutragenden Punkten) das Fahrverbot regelmäßig am meisten. Die Gerichte weisen zutreffend darauf hin, dass es sich nach dem Bußgeldkatalog um ein Regelfahrverbot handelt. Dennoch ergeben sich hier mit der richtigen Strategie Anknüpfungspunkte für eine erfolgreiche Verteidigung. Auch hier versteht es Kärger den Leser kurz und prägnant auf die einschlägige Rechtsprechung und die notwendigen Tipps hinzuweisen.
Insgesamt ist das Werk rundum gelungen und stellt einen Gewinn für die Praxis dar. Es ist in jedem Fall uneingeschränkt weiterzuempfehlen, sei es für den Einstieg oder zur Vertiefung.