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Rezension Zivilrecht: Familienrecht

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Schlüter, Familienrecht, 14. Auflage, C.F. Müller 2012

Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
 

Das Lehrbuch von Schlüter zum Familienrecht ist ein Klassiker der juristischen Ausbildung. Die neue Verortung in der Reihe „Schwerpunkte Pflichtfach“ ist nur auf den ersten Blick irritierend, könnte man es doch mit der Schwerpunktprüfung im Examen verwechseln. Inhaltlich wird aber rasch klar, dass es nach wie vor das bewährte Werk zum Familienrecht für Einsteiger und Examenskandidaten ist, jedenfalls soweit das Familienrecht in seinen Grundzügen überhaupt Gegenstand der ersten Staatsprüfung ist. Der Umfang des Buches ist mit 354 Seiten inklusive Registern nach wie vor überschaubar und das ist für den Leser optimal, denn nichts schreckt an einem ohnehin unbeliebten Rechtsgebiet mehr als ein zu umfangreiches Lehrbuch. So kann man sich wenigstens guten Gewissens gegen das Lernen „auf Lücke“ entscheiden.

Die Gestaltung der Lehrbuch-Reihe von C.F. Müller hat ein bewährtes Grundkonzept: den grau hinterlegten einleitenden Fall zu Beginn der Kapitel, auf den dann während der Ausführungen Bezug genommen wird und der am Ende mit einer Lösungsskizze erläutert wird. Die weitere Aufmachung des Werks hängt dann aber leider vom Engagement des jeweiligen Autors ab, sodass beim vorliegenden Werk zu bemängeln ist, dass graphisch außer kleiner gedruckten Vertiefungspassagen und der Verwendung von Fettdruck nahezu alle Möglichkeiten des visuellen Lernens beiseite gelassen wurden: es gibt weder Graphiken, noch Schaubilder, noch Tabellen, noch Hinweise noch sonstige Elemente, die den Leser von der Bleiwüste des Fließtextes ablenken und die Rezeption des Stoffes auf verschiedene Weise sichern könnten. Das ist ein klares Manko im Vergleich zu Konkurrenzwerken und klar verbesserungsbedürftig.

Einleitend führt Schlüter zu Ehe und Familie in der Rechtsordnung aus, um danach das Eherecht zu erläutern. Dazu gehören Kapitel zu Eheschließung, fehlerhafter Ehe und Eheaufhebung. Sodann sind die allgemeinen Ehewirkungen Thema der Darstellung, darunter Name und Staatsangehörigkeit der Ehegatten, die Verpflichtungen der ehelichen Lebensgemeinschaft, der Schutz gegen Ehestörungen, der Ehegattenunterhalt, Haushaltsführung, Wohnungszuweisung und Schlüsselgewalt. Im Weiteren wird das eheliche Güterrecht behandelt, wobei der Zugewinngemeinschaft zu Recht der Schwerpunkt gewidmet wurde, aber auch ein Exkurs zu Zwangsvollstreckungsfragen nicht fehlt. Anschließend werden die Scheidung und ihre Folgen problematisiert, darunter natürlich der Unterhalt, aber überraschend umfangreich auch der Versorgungsausgleich - ein Thema das vielerorts nicht einmal im Assessorexamen Pflichtstoff ist. Das Kindschaftsrecht erhält einen eigenen großen Abschnitt des Buches zugewiesen und befasst den Leser mit Fragen der Vaterschaft, des Unterhalts, der elterlichen Sorge samt Maßnahmen des Familiengerichts sowie der Adoption. Sehr gewissenhaft wird schließlich in Teil IV des Buches das Betreuungsrecht kompakt zusammengefasst, woraufhin der Schlussabschnitt die Lebenspartnerschaft und die nichteheliche Lebensgemeinschaft erörtert.

Das Lehrbuch bietet ein breites Spektrum an Wissen sowohl für den Anfänger als auch für den Examenskandidaten. Prüfungs- und Verständnisklassiker wie der Antrag auf Eheherstellung (S. 36), die Vergütung der Ehegattenmitarbeit (S. 57), Rechtsgeschäfte nach § 1365 BGB mit Theoriendiskussion (S. 81), die Unterhaltsversagung nach § 1579 BGB (S. 173) oder der Umfang der elterlichen Sorge (S. 267 ff.) werden prägnant präsentiert, wenn erforderlich mit Darstellung divergierender Meinungen. Aber auch Themen der Praxis werden, wenngleich manchmal sehr kurz, aufbereitet, so das Gewaltschutzgesetz (S. 68), anzurechnende Vorempfänge beim Zugewinnausgleich (S. 105), diverse Unterhaltsanspruchstatbestände (S. 142 ff.), der Umfang des Kindesunterhalts bezogen auf die jeweiligen Altersstufen (S. 233) samt Rangfragen (S. 241) oder gerichtliche Maßnahmen nach § 1666 BGB (S. 284). Die Auseinandersetzung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (S. 336 ff.) wird unter kritischer Rezeption der geänderten BGH-Rechtsprechung erläutert, kein Wunder, denn Schlüter selbst hat in den frühen 80er Jahren eine Monographie zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft vorgelegt. Die gewählten Beispiele können stets anhand konkreter Entscheidungen nachvollzogen werden.

Insgesamt kann man als Student mit diesem Lehrbuch nichts falsch machen. Die Einführung in die Materie gelingt ebenso wie die Bearbeitung einzelner Themenfelder. Die Vertiefung des Stoffes muss dann natürlich anhand von Fall- und Klausursammlungen erfolgen, was durch das nach der Lektüre angesammelte Grundwissen aber problemlos funktionieren sollte. Positiv ist zudem, dass Schlüterden Leser zur kritischen Rezeption der Materie und selbst der BGH-Rechtsprechung anregt, ohne dabei abseitigen Meinungen zu folgen. Abgesehen von der graphischen Aufmachung also eine klare Empfehlung für das Studium.

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