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Rezension Zivilrecht: Die Rechtsabteilung

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Lenz (Hrsg.), Die Rechtsabteilung – Der Syndikus und Steuerberater im Unternehmen, 2. Auflage, Springer Gabler 2015

Von Carina Wollenweber, Wirtschaftsjuristin, LL.M., Siegen



Das vorliegende Werk „Die Rechtsabteilung“ wird von Prof. Dr. Tobias Lenz herausgegeben und erscheint nunmehr in der 2. Auflage. Es beinhaltet 466 Seiten, welche in 3 Teile bzw. 19 Kapitel mit durchschnittlich 20 - 30 Seiten aufgeteilt sind.

Der 1. Teil führt allgemein in die Thematik ein, erklärt mitunter den Syndikusbegriff, weist auf Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Rechtsprechung des BSG hin und beschreibt die Organisationsmöglichkeiten und anfallenden Aufgaben der Rechtsabteilung in Abhängigkeit von der jeweiligen Größe. Im 2. Teil erhält der Leser einen umfassenden Einblick in diverse Branchen (Versicherungen, Maschinenbau, Vertrieb, Hochschule). Zudem sind auch betriebswirtschaftliche und organisatorische Kapitel vorhanden, welche das Legal Management, Outsourcing, den Aufbau der Rechtsabteilung sowie den Ein- und Aufstieg im Unternehmen thematisieren. Dieser Teil bildet somit das Herzstück des Werkes. Abschließend befasst sich der 3. Teil mit einzelnen Tätigkeitsfeldern bzw. Rechtsgebieten, erläutert diese und weist auf die praktische Relevanz hin. Behandelt werden das Arbeits-, Kartell-, Versicherungs-, IT- und Gesellschaftsrecht sowie Prozessführung und Vertragsgestaltung und -recht.

Der große Vorteil des Buches liegt darin, dass die einzelnen Autoren aus ihrem Erfahrungsschatz (z.B. S. 47, Rn. 1) und aus dem jeweiligen Tätigkeitsfeld (z.B. S. 231, Rn. 1) berichten. Dadurch lassen sich auch die unterschiedlichen Sprachstile und Erzählweisen erklären. Diese sind mitunter auch amüsant (z.B. S. 144, Rn. 2 ff.: „Geldtransporter-Fall“ des BGH; S. 145, Rn. 4: „Katzenkönig-Fall“; S. 148, Fn. 13: Vergleich: Juristen = Katzen und Vertriebsleute = Hunde). Durch die Einsichten der praktisch tätigen Juristen ergeben sich auch für den Leser ganz neue Erkenntnisse, welche nicht aus einem puren Lehrbuch gewonnen werden können. Zudem geben verschiedene Autoren auch Beraterhinweise, welche explizit durch einen Vermerk (u.a.!) hervorgehoben werden (z.B. S. 6, Rn. 7; S. 7, Rn. 8; S. 377, Rn. 14). Naturgemäß existieren mitunter auch Überschneidungen zwischen den einzelnen Kapiteln, sodass Informationen wiederholt werden (z.B. S. 119, Rn. 2 und S. 4, Rn. 3: Begriff des Syndikus). Dadurch verpasst der Leser, welcher nur sporadisch Kapitel lesen möchte, aber nichts.

Hervorzuheben ist ebenfalls, dass selbst spezialisierte Tätigkeitsbereiche sowie unterstützende Tätigkeiten beschrieben werden und nicht nur Themen, mit welchen der Leser rechnet (z.B. bei Versicherungen auch Wettbewerbs-, Gesellschafts-, und Datenschutzrecht sowie Compliance). Dadurch kann das Werk auch als eine Art Berufsberater für (sich in der Ausbildung befindende) Unternehmensjuristen eingesetzt werden, um sich über mögliche Tätigkeitsfelder zu informieren. Zudem profitieren auch Entscheidungsträger im Unternehmen. Sie erfahren z.B., wie eine Rechtsabteilung am geschicktesten aufgebaut werden kann, wie dies vielleicht sogar in derselben Branche gehandhabt wird und wann Outsourcing der Rechtsabteilung sinnvoll ist.

Das Werk deckt eine breite Menge an Informationen ab. Diese reicht von der geschichtlichen Entwicklung des Syndikus (S. 3, Rn. 1) über Fakten zu Anzahl (S. 4, Rn. 3) und Verdienst (S. 5, Rn. 3) bis zu speziellen Fragen zu z.B. einzelnen Branchen. In den Kapiteln „Legal Management“ und  „Die ausgelagerte Rechtsabteilung“ erfährt der Leser u.a., wie Rechtsabteilung und externe Rechtsberater aus betriebswirtschaftlicher Sicht aussehen. Dabei geben Kostenübersichten (S. 187, Rn. 13 - 15) Ausschluss darüber, wie die Bezahlung von internen und externen Beratern gestaffelt ist. Das Werk kann demnach bei der Frage helfen, ob eine Inhouse-Lösung sinnvoll ist oder nicht, welche Schritte bei der Vorbereitung zum Outsourcing zu befolgen sind und wie Vorteile der internen Rechtsabteilung auf die externen Berater übertragen werden können.

Interessant ist auch das Kapitel „Vom Kollegen zum Vorgesetzten“, welches sich nicht nur an den Syndikus, sondern an alle Führungskräfte richtet. Es ist stark an die Seminare bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) angelehnt und verweist auch auf deren Folien. Darüber hinaus gibt es leider (fast) keine weiterführende Literatur und dementsprechend kein Literaturverzeichnis zu diesem Themenkomplex aus dem Personalmanagement. Dennoch kann das Kapitel als gelungen eingestuft werden. Die Leitlinien (S. 233, Rn. 3), diverse Übersichten und Abbildungen (z.B. S. 234, Rn. 4; S. 237, Rn. 8) und Erfahrungen des Autors helfen dem Leser, sein Team adäquat zu führen. Leider sind die Abbildungen 3 - 5 (S. 238 f., Rn. 8) in sehr kleiner Schriftgröße verfasst. Da es sich allerdings lediglich um die Ergebnisse aus dem individuellen Seminar handelt und diese keine Allgemeingültigkeit besitzen, ist dieser Kritikpunkt zu verschmerzen.

Die Kapitel „Der Syndikus in der Rechtsabteilung eines Versicherungskonzerns“, „Die Leitung einer Schadensabteilung“ sowie „Versicherungsrecht“ ergänzen sich inhaltlich. Dabei werden auch viele allgemeine Informationen gegeben (z.B. S. 108, Rn. 17: Trennung der Gesellschaften). Hervorzuheben ist insbesondere das Kapitel „Der Syndikus im vertriebsfokussierten Konzern – Ein Handbrevier“, in welchem die Unterschiede zwischen Juristen und Vertriebsleuten sehr schön herausgearbeitet werden. Zudem erhält der Leser Praxistipps für einen erfolgreichen Umgang miteinander. Auch das Thema Compliance findet Einzug in das Werk. Jedoch muss sich der interessierte Leser seine Informationen in den Kapiteln, welche z.B. den Maschinenbau und die Versicherungen behandeln, selbst zusammensuchen oder er bemüht bequem das Sachverzeichnis. Der Leser erhält hierzu viele allgemein gültige Informationen (z.B. S. 137, Rn. 30: E-Learning). Gelungen ist auch, dass viele Autoren ihr jeweiliges Kapitel mit einem Fazit beenden. Der 3. Teil beschäftigt sich meist ganz generell mit den einzelnen Rechtsgebieten und weist fast schon einen lehrbuchartigen Charakter auf (S. 266, Rn. 4: Definition des Arbeitnehmers).

Das Werk besitzt einen Hardcover-Einband sowie eine sehr angenehme und leserfreundliche Schriftgröße. Am Ende vieler Kapitel existiert ein eigenes, kleines Literaturverzeichnis. Leider ist keines für das gesamte Werk vorhanden. Das 2-seitige Inhaltsverzeichnis beschränkt sich auf das Nötigste und stellt insoweit nur eine Inhaltsübersicht dar. Es ist nur die 3-teilige Gliederung sowie die Überschriften der Kapitel mit Autorenangabe und Seitenzahl vorhanden. Da die jeweiligen Unterkapitel nicht angezeigt werden, muss der Leser blättern oder über das Sachverzeichnis suchen. Hier wäre ein „normales“ Inhaltsverzeichnis sehr wünschenswert gewesen. Schließlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Leser alle Themen der Reihe nach liest. Vielmehr wird er sich für ausgewählte Kapitel interessieren.

Des Öfteren lässt die Kommasetzung zu wünschen übrig (z.B. 121, Rn. 4: „Groß-Konzerne die schon in den frühen 60-iger Jahren ...“; S. 122, Rn. 5: „abhängig vom Geschäftsfeld in welchem sich das Unternehmen bewegt“). Dies stört zwar den Lesefluss, mehrmaliges Lesen ist aber nur selten erforderlich (z.B. S. 125, Rn. 8: „Sofern das Unternehmen … VDA zertifiziert ist, hängt die Latte noch etwas höher und die Zielgruppe derjenigen welche Kenntnisse von der Produkthaftung haben sollten potenziert sich um ein Vielfaches.“). Des Weiteren wäre eine einheitliche Randnummerierung auch im letzten Kapitel schön gewesen.

Zwar trägt das Werk den Titel „Die Rechtsabteilung – Der Syndikus und Steuerberater im Unternehmen“. Nur wenige Teile beschäftigen sich jedoch explizit mit dem Syndikus. Vielmehr treffen die meisten Aussagen auch auf den Unternehmensjuristen zu, welcher nicht nebenberuflich als Anwalt tätig ist. Informationen zum Steuerberater oder zu Steuergesetzen finden sich nur sporadisch (z.B. S. 457 f.: Besteuerung der Gesellschaften). Der Leser, welcher sich das Werk ausleiht oder sogar kauft, weil „Steuerberater“ auf dem Cover zu lesen ist, wird sehr enttäuscht. Demnach wäre es angebracht, dieses Wort bei der Neuauflage zu entfernen.

Fazit: Das Werk informiert umfassend über verschiedene Teilbereiche des Arbeitsfeldes eines Unternehmensjuristen. Dabei sind insbesondere die Praxishinweise und Erfahrungen der unterschiedlichen Autoren hervorzuheben. Als Adressatenkreis kann sowohl der praktisch tätige Jurist, der Entscheidungsträger im Unternehmen sowie der Jurastudent bzw. Berufseinsteiger genannt werden. Der letzte Teil des Werkes enthält eine Kurzdarstellung zu ausgewählten Rechtsgebieten. Somit kann das Werk als eine Mischung aus Praxis- und einer Art Lehrbuch bezeichnet werden und beinhaltet ein Sammelsurium an Informationen rund um den Themenkomplex „Recht im Unternehmen“. Die formalen Mängel (z.B. kein richtiges Inhaltsverzeichnis, z.T. schlechte Kommasetzung) fallen dagegen kaum ins Gewicht. Insgesamt kann sich das Werk für mehrere Personengruppen als hilfreich erweisen und überzeugt in erster Linie durch die vielen unterschiedlichen Einsichten in die Berufserfahrung der etablierten Juristen, welche in dieser Zusammensetzung einmalig sind.


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