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Rezension Strafrecht: Arztstrafrecht in der Praxis

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Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, 5. Auflage, C.F. Müller, 2015

Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Johannes Berg, Kaiserslautern


Das Arztstrafrecht, so heißt es treffend im Vorwort von Werner Beulke, hat in den vergangenen Jahren eine erhebliche Konjunktur erlebt. Erwähnt sei insofern nur der Fall Putz (BGH, Urteil vom 25.06.2010 – 2 StR 454/09 = St 55, 191). Doch auch und gerade neben neuerlichen Entscheidungen zu Delikten gegen Leben und körperliche Unversehrtheit bewegt sich die Praxis des Arztstrafrechts mehr und mehr zu Korruptions- und Wirtschaftsstraftaten. Diese (und weitere Neuerungen) haben die Neuauflage notwendig werden lassen.

Dass es sich beim „Ulsenheimer“ um das Standardwerk des Arztstrafrechts handelt, bedarf keiner Erläuterung. Wie in den Vorauflagen findet sich – bei inzwischen insgesamt 925 Seiten Umfang – eine äußerst ausführliche Darstellung praktisch aller materiell-rechtlichen Fragen des Arztstrafrechts. Das bewährte Prinzip der Klammertechnik, also die Erläuterung vom Allgemeinen hin zu Spezialfragen, wurde in der Neuauflage unverändert beibehalten. Dieses ist systematisch durchdacht und ermöglicht dem Leser einen fundierten Eindruck in die gesamte Materie.  

In der Neuauflage finden sich darüber hinaus insbesondere Ausführungen zu Qualitäts- und Riskmanagement, zum Sponsoring im niedergelassenen Bereich, zum Abrechnungsbetrug des Vertragsarztes im GOÄ-Liquidationsbereich sowie zu Neuerungen, die aus dem Patientenrechtegesetz und hinsichtlich der Patientenverfügung entstanden sind. Durchweg glänzen dieser in der gewohnt hohen Qualität.

Auch im prozessualen Teil arbeitet Ulsenheimer systematisch nach dem genannten Prinzip. Hier ist indes zu kritisieren, dass sich die Darstellung allzu lange mit recht allgemeinen Fragen wie etwa dem Akteneinsichtsrecht (Rn. 1272-1281) befasst. Positiv mag sein, dass der Autor hier (Verhaltens-)Regeln für den Verteidiger aufstellt und zahlreiche Tipps gibt. Im Ergebnis verliert er sich jedoch zu sehr in allgemeinen Fragen, als dass die speziellen Anforderungen an die Verteidigung im Arztstrafrecht hinreichend tief dargestellt werden könnten. Allzu schwierig sind doch für einen darin unerfahrenen Verteidiger etwa die berufsrechtlichen Folgen strafrechtlicher Sanktionen oder gar einzelner verwertbarer Erkenntnisse in Strafverfahren gegen Ärzte zu beurteilen (Rn. 1374ff.). Daher wäre für die nächste Auflage an dieser Stelle eine Erweiterung wünschenswert.

Auch könnte das Stichwortverzeichnis besser ausgearbeitet werden. Auch wenn die Darstellung (gerade im Zusammenhang) eine mehr als didaktisch wertvolle, spannende und umfassende Lektüre darstellt, findet der Leser auf der Suche etwa nach selektivem Schwangerschaftsabbruch im Stichwortverzeichnis nur „Schwangerschaftsabbruch Rn. 4, 42, 310f., 336, 423, 426, 606, 776, 791, 796f., 825, 869“ und muss sich die einschlägige Stelle im Werk mühselig heraussuchen (Rn. 804).

Zusammenfassend ist jedoch klarzustellen, dass Ulsenheimer mit der Neuauflage sicher an die Erfolge der früheren Ausgaben anknüpfen wird. Es handelt sich um ein systematisch durchdachtes, wissenschaftlich fundiertes und ersichtlich von reicher praktischer Erfahrung gefärbtes Praxishandbuch, das keinem Verteidiger fehlen darf, der in Strafsachen gegen Ärzte tätig werden möchte.


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