Bohnstedt, Vertragsrecht im Einkauf – Erfolgsfaktor im Supply Change Risk Management (SCRM), 2. Auflage, Springer Gabler 2014
Von Carina Wollenweber, Wirtschaftsjuristin, LL.M., Siegen
Mit dem 215-seitigen Werk „Vertragsrecht im Einkauf“ richtet sich der Autor in erster Linie gezielt an den Betriebswirt in der Praxis. Demnach ist es nicht verwunderlich, dass das Vokabular aus der Betriebswirtschaftslehre kaum erklärt wird. Man geht davon aus, dass Begriffe wie „Kanban“, „Lean Production“ und „Vendor Management Inventory“ dem Leser bekannt sind. Demnach könnten z.B. Volljuristen mit dem Werk gelegentlich Probleme bekommen, welche dann eigenständig gelöst werden müssten.
Auffällig ist, dass der Autor viel Wert auf die Praxis legt und daraus berichtet. Er gibt den Lesern Tipps mit an die Hand. Man hat das Gefühl, einen Ratgeber und Leitfaden zu lesen. Dieser Eindruck wird dadurch unterstützt, dass der Leser direkt angesprochen wird. Viele dieser Informationen sind nur gelegentlich in Lehrbüchern vorhanden und machen das vorliegende Werk zu etwas Besonderem.
Fußnoten existieren eigentlich nicht. Nur selten stehen die Quellenangaben direkt hinter einer Information. Dies ist zwar so beabsichtigt und liegt daran, dass der Leser bereits in der Berufswelt ist und kaum die Zeit haben wird, weitergehende Literatur zu studieren. Es wird nur kurz auf Kommentare zum BGB und HGB verwiesen. Dennoch hätten Angaben zur jeweiligen Quelle ergänzend gemacht werden können, um die Glaubhaftigkeit des Gesagten zu untermauern.
Das Werk ist sehr übersichtlich gestaltet. Es besteht aus drei Teilen und insgesamt 19 Kapiteln. Durch eine große Zahl auf der rechten Seite am Anfang eines jeden Kapitels findet man sich schnell zurecht. Leider existiert kein Sachregister am Ende des Buches, sodass man das Gesuchte mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses selbst finden muss. Dies sollte aber durch die feingliedrige Unterteilung kein allzu großes Problem darstellen.
Als erstes erfolgt eine Einleitung ins Thema, welche auf die große Bedeutung von Einkauf und rechtlichen Grundlagen hinweist. Danach beginnt der erste Teil mit der Verknüpfung von Supply Chain Risk Management und Recht. Im Anschluss werden relevante Rechtsquellen wie Europa- und Zivilrecht vorgestellt. Schließlich folgt ein Schnelldurchlauf durch die wichtigsten Gesellschaftsformen (z.B. GmbH, oHG und KG) und Vertragstypen (z.B. Kaufvertrag und Werkvertrag).
Im zweiten Teil geht es ausschließlich um den Vertragsschluss und wie man diesen wieder beseitigen kann (insbesondere Anfechtung). Dabei werden alle wichtigen Bereiche wie essentialia negotii und Formvorschriften kurz benannt. Auch die in der Praxis äußerst bedeutende Stellvertretung wird erklärt.
Das Kernstück des Werkes bildet der dritte Teil: Der Inhalt des Vertrages. Neben den AGB spielt in erster Linie das Leistungsstörungsrecht (Schuldrecht AT und BT) eine wichtige Rolle und wird leicht verständlich und mit vielen Beispielen erläutert. Die Auflistung der Incoterms 2010 und eine genauere Beschreibung der vier wichtigsten Klauseln (EXW, FCA, CFR und DDP) sind für die Praxis wichtig und dürfen nicht fehlen. Interessant sind auch die Abschnitte über Visiolex (eine Form der Visualisierung der Strukturierung von Verträgen) und über die Verwaltung von Verträgen (Archivierung und Überwachung der Erfüllung).
Besonders gut gelungen sind die vielen Beispiele und Musterklauseln. Mitunter werden auch Beispiele für ungültige Klauselformulierungen gegeben. Im Anhang befinden sich zwei Muster: Einkaufs-AGB Allgemeine Einkaufsbedingungen der XYZ AG sowie ein Einkaufsrahmenvertrag. Dem Leser wird dadurch anschaulich gezeigt, wie man einen Vertrag sinnvoll gliedern kann. Daneben sind im dem Werk noch sechs kleinere Fälle inkl. Lösung vorhanden, anhand welcher der Leser erkennen kann, ob er die Informationen verstanden hat. Die Fälle behandeln u.a. die Themen Vertragsschluss, Verhandlung, Verzug, Mangelhaftigkeit und Nebenpflichtverletzung.
Die Sprache ist leicht verständlich. Juristische Begriffe werden gut erklärt. Leider wird der Textfluss manchmal durch eine gewisse Anzahl an Fehlern etwas behindert. Dabei handelt es sich z.B. um falsch eingesetzte Wörter und fehlende Punktsetzung („Ein Schutz hiervor bieten nur Einen qualifizierte Schriftformklauseln..., die den Kreis der vertretungsberechtigten Personen eingrenzen“, S. 76). Die Richtigkeit der einzelnen Passagen ist dadurch natürlich nicht betroffen.
Ergänzend liefert der Autor auch Informationen zu historischen Entwicklungen im Recht. So geht er z.B. auf die Ursprünge des Rechtsstaates und der Vertragsfreiheit ein.
Auffällig sind auch die Hinweise auf die Unterschiede zum „Verbraucherrecht“ (z.B. die Notwendigkeit des Schriftformerfordernisses bei gewissen Handlungen und die Möglichkeiten zu einem Widerruf bei Fernabsatzverträgen) und auf die Tatsache, dass die Kenntnisse aus dem Privatleben des Einkäufers nicht auf die Situation im Unternehmen übertragen werden darf. Auch Exkurse zu anderen Rechtsordnungen sind vorhanden. So wird z.B. die Haftung im anglo-amerikanischen Recht beschrieben.
Fazit: Das Werk „Vertragsrecht im Einkauf“ ist genau das, was sein Titel verspricht: Es erklärt die juristische Seite des Einkaufs aus Sicht eines Betriebswirten. Aufgrund der langjährigen Erfahrung des Autors auf dem Gebiet sind die praxisorientierten Beispiele sehr gelungen und leicht verständlich. Wer im Einkauf tätig ist und sich mit den rechtlichen Hintergründen seiner Arbeit noch nicht (gut) auskennt, kann unbesorgt zu diesem Werk greifen. Es bietet einen einfachen Einstieg in diese äußerst bedeutende Materie und reichlich Informationen aus dem Alltag im Einkauf, die so kompakt nur selten anzutreffen sind.