Grunewald, Bürgerliches Recht, 9. Auflage, C.H. Beck 2014
Von stud. jur. Marvin Jäschke, Göttingen
Das Zivilrecht bildet bei den Klausuren den Schwerpunkt des staatlichen Teils der ersten juristischen Prüfung. Um diesen Prüfungsanforderungen im Zivilrecht zu genügen, bedarf es nicht nur fundierter Kenntnisse der – im Studium oft getrennt vermittelten – Teilbereiche des Bürgerlichen Rechts, sondern viel mehr auch eines Gesamtverständnisses des Bürgerlichen Rechts und seiner allgemeinen Regeln sowie eines geschulten Problembewusstseins.
„Bürgerliches Recht“ von Frau Prof. Dr. Barbara Grunewald nimmt sich der Aufgabe an, Examenskandidaten und Referendaren das notwendige Prüfungswissen im Bereich des Bürgerlichen Rechts in gebotener Kürze – auf 260 Seiten – zu vermitteln und dieses Wissen sogleich durch Fallbeispiele zu festigen. Erschienen ist das – von Herrn em. Prof. Dr. Joachim Gernhuber begründete – Werk 2014 in seiner nunmehr 9., völlig neu bearbeiteten, Auflage in der JuS-Schriftenreihe des C.H.Beck-Verlags.
Inhaltlich ist das Werk in zehn Abschnitte unterteilt: Der erste Teil befasst sich mit Rechtsgeschäften, ihrem Zustandekommen, möglichen Nichtigkeitsgründen, der Beteiligung von Vertretern und Minderjährigen, der Abgrenzung zu Gefälligkeitsverhältnissen und der Einbeziehung und Wirksamkeit von AGB. Der zweite Teil erfasst die Leistungsstörung in Schuldverhältnissen und erläutert neben dem allgemeinen Schuldrecht mit Unmöglichkeit, Schuldner- sowie Gläubigerverzug und Störung der Geschäftsgrundlagen auch die Mängelgewährleistung im Kaufrecht sowie bei Miet-, Dienst- und Werkverträgen. Ein dritter Teil erläutert dann „komplexe Strukturen von Schuldverhältnissen“, nämlich deren Drittwirkung, der Vertragsverbindung, der rechtsgeschäftlichen Treuhand und der Funktion des § 242 BGB. Mit dem vierten Teil folgt ein Abschnitt über den Schutz der Rechte des Eigentums und des Besitzes sowie der von der Rechtsprechung entwickelten Rahmenrechte (APR/ Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb). Mit der GoA, dem EBV, dem Bereicherungsrecht, insbes. der Kondiktion im Drei-Personen-Verhältnis, und den deliktischen Ansprüchen befasst sich der sechste Teil, bevor im siebten Teil der Inhalt der Schadensersatzansprüche behandelt wird. Der achte Teil widmet sich dann dem Erwerb von Grundstücken und Mobilien sowie Forderungen. Im neunten Teil wird dann das Sicherungsrecht in Form der Bürgschaft, Grundschuld und Hypothek sowie der Eigentumsvorbehalt, die Sicherungsübereignung und die Pfandrechte behandelt. Der abschließende zehnte Teil widmet sich dem Erwerb von Todes wegen und erklärt die Universalsukzession der Erben, den Erwerb des Vermächtnisnehmers sowie die Schenkung auf den Todesfall und die postmortalen Vollmacht.
Bei allen Ausführungen bleibt Frau Prof. Dr. Grunwald ihrem im Vorwort dargelegten Credo treu: Vermittelt wird in diesem Werk nicht tiefgreifendes – und im Examen nach Ansicht der Autorin wenig honoriertes – Detailwissen, sondern vielmehr die Regelungen und die Systematik der dargestellten Normenkomplexe, mit dem Ziel, die Studierenden zur überzeugenden, problembewussten Falllösung zu befähigen. Die Darstellungen verlieren sich deshalb nicht in der endlosen Aufzählung und dem Austarieren von Streitständen, sondern widmen sich dem „Regelfall“. Obgleich sind die üblichen Streitstände dennoch im Werk zu finden, oft auch unter expliziter Nennung der herrschenden und widerstreitenden Meinung, manchmal dagegen auch etwas versteckt in den Fußnoten. In die in präziser und gut verständlicher Sprache formulierten Erläuterungen ist an passender Stelle – und bei überragender Bedeutung für das Verständnis – auch Kasuistik eingearbeitet. Die im Anschluss an eine kurze Sachverhaltswiedergabe folgende – und manchmal auch äußerst kritische – Analyse und Erläuterung dient der Vertiefung sowie der Festigung des Erlernten. Von der Rechtsprechung abweichende Meinungen werden dabei ausführlich und verständlich gerechtfertigt.
Das Werk richtet sich an den Studierenden in der Vorbereitung auf die erste juristische Prüfung; Grundkenntnisse der Materie und Streitstände sind erforderlich um Zugang zu den Ausführungen zu finden und den maximalen Nutzen aus dem Werk zu ziehen. Wer sich bloß auf das Erlernen von Streitständen konzentrieren will, dem sei jedoch von Frau Prof. Dr. Grunewalds Werk ab- und zu anderen bekannten und deutlich „papierlastigeren“ Werken im Bereich des Bürgerlichen Rechts geraten. Wer aber einen systematischen Überblick über das BGB sucht oder gar die Philosophie des Werks und seiner Autorin teilt, dem sei das Arbeiten mit diesem Werk zuzuraten. Gerade zur Einführung in und dem schnellen Überblick über die jeweilige Materie eignet sich das „Bürgerliche Recht“ von Frau Prof. Dr. Grunewald hervorragend.