Wertenbruch, BGB Allgemeiner Teil, 3. Auflage, C.H. Beck 2014
Von stud. iur. Andreas Seidel, Göttingen
Der Allgemeine Teil des BGB bildet nicht nur die Grundlage für das Bürgerliche Recht, seine Prinzipien finden sich gleichsam in vielen anderen Rechtsgebieten. Unzählige Autoren haben versucht, diesen so wichtigen ersten Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches zu vermitteln. Dabei bieten sich verschiedene Wege an, die §§ 1 bis 240 und die allgemeinen Regeln darzulegen. Wertenbruch nimmt dabei die Geschichte des Rechts als Ausgangspunkt.
Nach einem historischen Abriss der Entstehung des BGB beginnen auch die meisten anderen Paragraphen mit einer geschichtlichen Einordnung. Der Autor legt sehr großen Wert auf die Entstehung im 19. Jahrhundert und nimmt den Leser schon auf den ersten Seiten mit in die Motive der Gründungsväter und Ideengeber des Bürgerlichen Gesetzbuches. Der Verfasser ist dabei der Auffassung, dass die Entstehung des Gesetzes mit seinen Grundmotiven eine der aufschlussreichsten Methoden ist, das BGB auszulegen. Er begründet dies damit, dass die geistigen Väter bei der Kodifikation zentrale Streitfragen nicht regeln, sondern dies der Wissenschaft und der Rechtsprechung überlassen wollten (vgl. § 1 Rn. 1). Überdies wollte man keine Detailfragen klären sondern nur Grundprinzipien festlegen (vgl. ebd.).
Jeder Paragraph ist eingerahmt in eine einführende historische Einordnung, die oben schon angedeutet wurde und in einen abschließenden Teil, in dem eine kurze Zusammenfassung und Kontrollfragen zu finden sind und in dem Grundfragen zur Einordnung in den Gutachtenaufbau erläutert werden. Das vorliegende Buch zum Allgemeinen Teil setzt großen Wert auf Stringenz und gute Verständlichkeit. Neben dem eben dargestellten Binnenaufbau der einzelnen Paragraphen kann man dies auch an den vielen Hilfestellungen erkennen, die der Verfasser bietet. Er bietet einen reichhaltigen Anhang mit einem konzentrierten Entscheidungsregister (S. 393 ff.), mit einer Zusammenschau der wichtigsten Problemen und Streitfragen (S. 402 ff.), einer Anfängerklausur (S. 407 ff.) und einer Fortgeschrittenenklausur (S. 409 ff.). Beide Klausuren sind gutachterlich gelöst, hier fehlt es jedoch etwas an Tiefgang, der bei einer Gutachtenlänge von zwei bzw. fünf Seiten auf der Hand liegt. Die Sachverhalte sind jedoch mit Bedacht gewählt und richten sich nach dem jeweils vorgegebenen Wissensstand.
Wertenbruch legt ebenfalls großen Wert auf die Darstellung von Beispielsfällen. Diese wurden optisch abgesetzt und werden anschließend im Fließtext problembewusst gelöst. Dabei werden sowohl Klassiker wie der „Haakjöringsköd“-Fall (vgl. RGZ 99, 147; § 9 Rn. 10) abgehandelt, als auch die Probleme, die die Rechtsprechung in den letzten Jahren beschäftigt haben wie „Mr. Noch Unbekannt“ (vgl. BGHZ 195, 126; § 9 Rn. 4 oder §10 Rn. 26) oder „Porto/Bordeaux“ (vgl. AG Bad Cannstatt in: BeckRS 2012, 17508; § 9 Rn. 6). Dieses Gleichgewicht zwischen klassischen Problemen und solchen, die erst in letzter Zeit aufgetaucht sind, wird nicht nur in der Fallauswahl sondern auch in der Gesamtdarstellung der Themen gewahrt. So wurden die Rechtsfragen des elektronischen Geschäftsverkehrs, insb. der Vertragsschluss im Internet (vgl. § 10 Rn. 25 ff.) ausführlich eingearbeitet.
Dieses Lehrbuch will sich sowohl an Erstsemester wenden, die zum ersten Mal mit dem BGB AT in Berührung kommen, als auch an Fortgeschrittene. Diesem Anspruch wird Wertenbruchgerecht. Vor allem mit den vertiefenden Hinweisen, aber auch mit den Quellangaben im Fließtext zu Rechtsprechung und weiterführender Literatur kann dieses Werk bis in die Examensvorbereitung genutzt werden. Dieser breiten Leserschaft hat es jedoch wohl zur Folge, dass gewisse Detailfragen nicht behandelt werden. So findet sich im Abschnitt über die §§ 13 und 14 BGB keine Äußerung zur „dual use“-Problematik (vgl. § 4 Rn. 15 ff.). Es muss jedoch festgehalten werden, dass rechtsgebietsfremdes Wissen, wie etwa über Mängelgewährleistungsrecht zwar in gebotener Kürze, jedoch mit hoher Präzession erklärt wird und so selbst ein Anfänger gut folgen kann (bspw. § 4 Rn. 17). Abschließend lässt sich somit eine klare Empfehlung für all jene abgeben, die ein grundlegendes und tiefgreifendes Verständnis vom Allgemeinen Teil des BGB erwarten und sich diesen erarbeites wollen.