Kudlich/ Oglakciooglu , Wirtschaftsstrafrecht , 2. Auflage, C.F. Müller 2014
Von stud. jur. Marvin Jäschke, Göttingen
Der Schwerpunkt des Wirtschaftsstrafrechts ist ein noch junger Bereich der universitären Ausbildung, der sich im Wesentlichen mit komplexen Sachverhalten und strafwürdigem Verhalten im Wirtschaftsleben befasst. Kenntnis und Verständnis für die Struktur und Arbeitsweisen der wirtschaftlich tätigen Akteure sind daher Voraussetzung für jede Auseinandersetzung mit diesem Rechtsgebiet. Die im begrenzten Rahmen des universitären Schwerpunkts zu behandelnde Kern- bzw. Pflichtmaterie scheint jedoch noch immer nicht gesichert - gute Lehrbücher sind nach wie vor rar.
Mit dem Werk "Wirtschaftsstrafrecht", von Prof. Dr. Hans Kudlich und Dr. Mustafa T. Oglakcioglu verfasst, bietet der C.F. Müller -Verlag dem Studierenden für den Einstieg in diesen Schwerpunkt ein rund 300 Seiten starkes Lehrwerk, dass auf einem langjährig genutzten Vorlesungsskript basiert. Wie bereits die Erstauflage bedient sich auch die 2014 erschienene 2. Auflage einer eigenwilligen Struktur: Die ersten vier Kapitel dienen der Einführung in die Rechtsmaterie; dabei werden zunächst der Begriff des Wirtschaftstrafrechts aus verschiedenen theoretischen Ansätzen sowie die Phänomenologie der Wirtschaftskriminalität beleuchtet und im Anschluss die verschiedenen Rechtsquellen des Wirtschaftsstrafrechts dargestellt (§ 1). Danach folgt ein Abriss über die Phänomenologie der Straftatbestände und die häufig anzutreffende besondere "Blanketttechnik" (§ 2). Nachfolgend werden die notwendigen Prinzipien der Auslegung von Wirtschaftsstraftatbeständen - insbesondere im Spannungsverhältnis zur Privatautonomie - vermittelt. Den Abschluss bildet dann das vierte Kapitel über die (strafrechtliche) Verantwortung im bzw. vom Unternehmen. Besonders empfehlenswert sind in diesem Zusammenhang die Abwägung bzgl. der Frage der Notwendigkeit von Verbandsstrafen sowie die interessanten Ausführungen zu § 30 OWiG.
Im zweiten Abschnitt (§§ 5-17) folgen dann die Darstellung und Analyse von besonders prägnanten und namenhaften (Leit-)Entscheidungen, so z.B. auch das Lederspray-Urteil (§ 5), der Fall Mannesmann (§ 10), der Kölner Müllverbrennungsskandal (§ 13) und das Urteil gegen Siemens-ENEL (§ 12). Dieser "Besondere Teil" dient dabei der Einführung in einzelne Bereiche des Wirtschaftsstrafrechts und relevanter Straftatbestände und diskutiert die anhand der Fälle aufgeworfenen Sonderprobleme. Ansprechend sind dabei nicht nur die einfach gehaltenen Einführungen in die einzelnen Tatbestandsmerkmale und der gut verständliche Schreibstil, sondern auch die oft verwendeten Übersichten, Schemata und Schaubilder. Besonders überzeugend und lohnenswert sind hier beispielsweise die Übersicht des § 8 zu den wichtigsten wirtschaftsrechtlichen Fallgruppen des Betruges.
Hervorzuheben sind - insbesondere für Schwerpunktstudenten - die Verweisungen auf aktuelle Monographien am Ende eines jeden Kapitels sowie der üppig gefüllte Fußnotenapparat. Zur Vorbereitung auf etwaige mündliche Prüfungen steht dem Schwerpunktstudenten zudem ein Katalog von 58 Fragen am Ende des Buches zur Verfügung. Die Antworten lassen sich mit Hilfe des Werks und den im Anhang genannten Randnummern selbstständig erarbeiten. Positiv fallen zudem die vielen Definitionen und auch die abgedruckten Paragraphen auf, die sich an relevanten Stellen im Werk finden lassen. Letztere erleichtern - angesichts der Vielzahl an möglichen einschlägigen Rechtsnormen - die Lektüre des Werks in nicht unerheblichem Maße und tragen zum positiven Gesamteindruck bei.
Mit dem Werk "Wirtschaftsstrafrecht" von Prof. Dr. Kudlich und Dr. Oglakcioglu bietet der C.F. Müller-Verlag ein Buch, das, gerade vor dem Hintergrund der noch immer in der Konsolidierung begriffenen Kernmaterie, ein solides Grundwissen vermitteln kann. Mit seinen ausgewählten Teilbereichen, den zahlreichen Verweisungen und Literaturhinweisen sowie dem Fragenkatalog wendet es sich vornehmlich an Studierende im Schwerpunkt und ist all denen zu empfehlen, die sich solide in diesen Bereich einarbeiten wollen.