Brocker / Droege / Jutzi, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 1. Auflage, Nomos 2014
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Zum Verfassungstag am 18.05.2014 wurde dieser neu erschienene Kommentar zur Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz präsentiert und er reiht sich damit in eine feine, aber immer noch kleine Gruppe von Kommentarwerken ein, anhand derer man sich mit Geschichte, Inhalt und Auslegung der rheinland-pfälzischen Landesverfassung auseinander setzen kann. Die Herausgeber bzw. der Verlag haben dafür eine große Anzahl von Autoren verpflichtet, die allesamt entweder mit der Verfassung direkt, oder zumindest doch mit dem Bundesland selbst in Verbindung stehen und so die Sicht aller drei Gewalten sowie der Wissenschaft auf das Normenwerk darbieten.
Mit knapp über 1200 Seiten inklusive Verzeichnissen erhält der Leser und Rechtsanwender ein im Vergleich mit anderen Kommentaren zum Verfassungsrecht zwar kompaktes, aber inhaltlich sehr anspruchsvolles Werk, denn durch das recht enge und dichte Schriftbild wird die Menge an Informationen, Diskussionen und Erläuterungen enorm vergrößert, ohne dass die Handlichkeit beim Umgang mit dem Werk leidet. Die Gestaltung ist ansprechend, insbesondere wurden echte Fußnoten verwendet und in Fettdruck gehaltene Hervorhebungen leiten den Leser während der Lektüre sicher. Sehr hilfreich sind die Hinweise auf vergleichbare Regelungen des Grundgesetzes, ergänzende Normen des Landesrechts, die Entstehungsgeschichte der Norm sowie zusätzliche Literaturnachweise, die zu Beginn der Norm verortet sind.
Die Landesverfassungen bieten neben dem Grundgesetzt stets Besonderheiten, die sowohl während der juristischen Ausbildung, danach in der Praxis, aber auch ganz allgemein für politisch, rechtlich und geschichtlich interessierte Leser von Bedeutung sind. Der vorliegende Kommentar kann für sich beanspruchen, ohne Substanzverlust jede dieser Gruppen anzusprechen. Insbesondere die genaue und auch kritische Dokumentation nicht nur historischer Entwicklungen, sondern auch neuerer Veränderung macht die Kommentierungen und Erläuterungen zu einer spannenden Lektüre, zu sehen z.B. bereits in der Einleitung, S. 63, zur Verfassungsänderung im Jahr 2000, aber auch in der Einordnung des später geschaffenen Art. 4a zum Schutz personenbezogener Daten in Abgrenzung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, S. 118 ff., oder bei der Rezeption der Schuldenbremse im Rahmen des Art. 117, S. 966 ff.
Überzeugend ist die stete Relation der Landesnormen zu Grundgesetz, EMRK und Grundrechtecharta, um die Tragweite und gegenseitige Verflechtung der Verfassungsnormen noch zu unterstreichen. Dies korrespondiert zudem mit der Bemühung der Autoren, die europäische Dimension nationaler Verfassung im richtigen Kontext herauszustellen, schön zu sehen insbesondere im Rahmen der Kommentierung zu Art. 74a, S. 545 ff.
Prägend sind für eine Landesverfassung neben zusätzlich zum Grundgesetzt gewährten Rechten natürlich vor allem die Möglichkeiten des Bürgers, sich aktiv einzubringen. Die Kommentierungen zum Petitionsrecht, Art. 11, S. 187 ff., korrelierend zudem Art. 90 und 90a, S. 741 ff., zu Volksinitiative und Volksbegehren, Art. 108a und 109, S. 905 ff., sowie zum Volksentscheid, Art. 115, S. 943 ff., sind deshalb mit besonderer Aufmerksamkeit zu bedenken, wobei mir jeweils die pragmatische Gewichtung der Erläuterungen sowohl der formellen Voraussetzungen als auch der materiell-rechtlichen Hürden gut gefallen hat. Ergänzend zu diesem Thema ist natürlich die Kommentierung der Verfassungsbeschwerde, Art. 130a, S. 1090 ff., heranzuziehen, wo insbesondere die Beschränkung auf landesverfassungsrechtliche Fragen betont wird
Bemerkenswert ist an diesem Kommentar aber auch, dass die Autoren sich nicht scheuen, ins Detail zu gehen, wenn es der erläuternde Kontext gebietet. So sind die Ausführungen von Brocker zu Richtervorbehalt und Rechtsstellung der Richter, S. 1009 ff., sehr lesenswert, gerade wenn man sich den steten Balanceakt aus Kosteneindämmung und Erhaltung der unabhängigen Rechtspflege vergegenwärtigt.
Insgesamt erhält man mit diesem Werk nicht nur einen gut gemachten und inhaltlich fundierten Kommentar zum Landesverfassungsrecht, sondern auch eine interessante und mitunter allgemeinbildende Erkenntnisquelle. Die Lektüre lohnt sich deshalb nicht nur während des Studiums, um sich die Besonderheiten der rheinland-pfälzischen Verfassung zu vergegenwärtigen, sondern vor allem später, um sich mit der Geschichte und dem Selbstverständnis des Bundeslandes auseinander zu setzen. Eine gelungene Neuerscheinung.