Krekeler / Werner, Wirtschaftsstrafrecht, 2. Auflage, Carl Heymanns 2014
Von RAin Anika Rühl, Homburg
Bereits der Umstand, dass das Buch der Rechtsanwältin Elke Werner und des Rechtsanwalts Dr. Wilhelm Krekeler, jeweils Fachanwälte für Strafrecht, in der Reihe „Anwaltsstart – anwaltlicher Berufseinstieg“ erschienen ist, verdeutlicht, dass es sich hier eher um einen Einstieg in den Bereich der Wirtschaftsstrafsachen handelt als um eine umfassende Gesamtbehandlung dieses Deliktsbereichs. Daneben kann das Werk mit knapp 200 Seiten auch durchaus als übersichtlich bezeichnet werden. Dass in solcher Kürze keine umfassende Bearbeitung dieser umfangreichen Materie der Wirtschaftsstrafverfahren möglich ist, ist auch den beiden Autoren klar, die bereits im Vorwort darauf hinweisen, sich bewusst zu sein, „dass die angesprochenen Verfahrens- und materiell rechtlichen Probleme weitgehend der Vertiefung bedürfen“ und „dieses Werk … kein vollständiges Werk sein kann“.
Um einen ersten Einblick in den Bereich der Wirtschaftsdelikte zu erlangen, eignet sich das Buch aber durchaus, sowohl im Rahmen eines etwaigen Schwerpunktstudiums als auch in der praktischen Anwendung.
Zunächst werden die Besonderheiten des Wirtschaftsstrafverfahrens dargelegt. Grundsätzlich gelten für die Wirtschaftsstrafverfahren selbstverständlich die Vorschriften der StPO, das Autorenteam legt allerdings auch Wert darauf, Vorschriften genauer dazulegen und zu erläutern, die zwar im Gesamten Strafrecht Anwendung finden, denen aber gerade im Bereich der Wirtschaftsstrafverfahren besondere Bedeutung zukommt, exemplarisch die Bereiche der Vermögensabschöpfung oder vorläufiger Vermögenssicherungsmaßnahmen gemäß den Vorschriften der §§ 111 b ff. StPO in Verbindung mit den entsprechenden Vorschriften der ZPO.
Nachdem, wie auch seitens der Autoren konstatiert wird, im wirtschaftsstrafrechtlichen Verfahren Sachverhalte nicht selten nur durch Einschaltung von Sachverständigen aufgeklärt werden können, widmet das Buch einen größeren und ausführlicheren Abschnitt diesem Bereich, insbesondere hinsichtlich der Bestellung von Wirtschaftsreferenten bzw. Buchprüfern der Landeskriminalämter zu Sachverständigen, nachdem hier sich durch deren Zugehörigkeit zu einer Dienststelle durchaus Problemfelder eröffnen können. Bereits hier wird deutlich, dass, auch wenn das Buch wie angemerkt grundsätzlich eher einen Grundriss dieser Problematiken vornimmt, die Ausführungen stets mit aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bzw. Hinweisen zu weiterer vertiefender Literatur gespickt sind, so dass ein entsprechendes Selbststudium ohne weiteres ermöglicht wird.
Nachdem im Rahmen dieses erstens Teils, also der Besonderheiten des Wirtschaftsstrafrechts noch kurz auf die Verjährungsfristen, sowie die gerade bei Wirtschaftsstrafverfahren nicht aus den Augen zu verlierenden außerstrafrechtlichen Folgen - sprich zivilrechtliche Haftung, steuerrechtliche bzw. vergabe- und wettbewerbsrechtliche Folgen - eingegangen wird, befasst sich der nachfolgende Teil dann mit den einzelnen Wirtschaftsdelikten selbst. Zunächst werden der Begriff des Wirtschaftsstrafrechts, der als solcher nicht legal definiert ist, erläutert und die einschlägigen Gesetze und Straftatbestände aufgeführt. Hier beschränken sich die Ausführungen des Autorenteams auch nicht auf die einschlägigen Normen des Strafgesetzbuchs, sondern zeigen auf, dass im Rahmen wirtschaftsstrafrechtlicher Verfahren, eher „exotische“ Gesetze tangiert werden, beispielsweise des Bundesbankgesetz, das Depotgesetz oder einschlägige Devisen Bewirtschaftungsgesetze.
Wer hierzu weitere Information möchte, für den ist die „Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen“ definitiv nicht ausreichend, das Buch begnügt sich hier eher damit, die einschlägigen Vorschriften einmal bezeichnet zu haben, wobei sich in den Fußnoten auch an dieser Stelle genügend Hinweis auf weitere Literatur finden.
Unter der Überschrift „Übergreifendes (Auswahl)“ vermitteln die Autoren dem Leser sodann über immerhin sechs Seiten einen Überblick zur Strafbarkeit des faktischen Organs, sprich des Geschäftsführers, des Mitgliedes eines Vorstandes, der Strafbarkeit von Organmitgliedern juristischer Personen sowie der, des „Compliance Officers“, wobei letzteres insbesondere anhand einer Obiter Dictum Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Strafbarkeit des Leiters der Innenrevision einer Anstalt des öffentlichen Rechts eingehender diskutiert wird.
Unter III. finden sich dann die entsprechenden Delikte in einzelner Darlegung, beginnend mit den Insolvenzdelikten im engeren Sinne, deren Aufbau generell am Beispiel des § 283 StGB, also des Bankrott bzw. des § 283 a StGB dargestellt wird. Nachdem die Insolvenzdelikte, wie auch die Autoren darstellen „im Wesentlichen aus drei Aufbauelementen“ bestehen, ist die Darstellung des Aufbaus dieser Delikte exemplarisch am Tatbestand des Bankrotts auch grundsätzlich zum Einstieg ausreichend – auch gilt; bei Bedarf sollte der Leser auf die empfohlene ergänzende Literatur zurückgreifen, was allerdings nicht als Manko des Buches verstanden werden soll. Die Ausführungen zu den Insolvenzdelikten sind durchweg verständlich formuliert und ausnahmslos durch aktuelle Rechtsprechung belegt.
Nachfolgend behandelt wird die Insolvenzverschleppung mit Augenmerk auf das Sonderproblem der Strafbarkeit des ausgeschiedenen Geschäftsführers der GmbH, die Vorschriften der §§ 331 – 333 bzw. § 335 b HGB, also der sich im HGB befindlichen Strafvorschriften. Sehr schön ist, dass gerade diese Tatbestände, deren Verständnis unter anderem gesellschaftsrechtliche Kenntnisse voraussetzt, in der Folge ausführlicher gerade auch im Bezug auf die Erläuterung einzelner Tatbestandsmerkmale geklärt werden. Zum Einstieg in diesen Bereich der Wirtschaftskriminalität halte ich das Buch für absolut ausreichend.
Ab Seite 113 werden die einschlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuchs behandelt, beginnend mit der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB, gefolgt vom § 298, den wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen, dem (Kredit-) Betrug, der Untreue, dem Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie abschließend Besonderheiten des Betruges am Beispiel des Lieferanten oder Warenkreditbetrugs.
Die Darstellung der Straftatbestände ist auch hier relativ knapp gehalten und verfolgt keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit, wie mit der Überschrift „Delikte (Auswahl)“ mehrfach deutlich gemacht wird.
Der Aufbau der Darstellung zu den einzelnen Delikten entspricht wohl dem, wie er in der absoluten Mehrheit der strafrechtlichen Lehrbücher gewählt wird. Es wird in aller Kürze der objektive bzw. der subjektive Tatbestand mit der Erläuterung der entsprechenden Tatbestandsmerkmale dargestellt, teilweise finden sich Ausführungen zu Täterschaft bzw. Teilnahme, Versuchs- oder Unterlassungsstrafbarkeit und Konkurrenzen – wie zuvor kurz und prägnant gehalten, aber mit ausführlichen Verweisen auf aktuelle Rechtsprechung.
Im Ergebnis hält das Buch, was es verspricht. Es ist in meinen Augen definitiv als Einstieg in die Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen geeignet, auf Grund der Kürze des Buches kann die im Vorwort geäußerte Einschätzung der Autoren, dass die angesprochenen Verfahrens- und materiell rechtlichen Probleme weitgehend der Vertiefung bedürfen, aber bestätigt werden. Ich persönlich halte das Buch insbesondere für geeignet, um bestimmte Sonderprobleme nach zu schlagen, da sich gerade die Darstellung der bereits erwähnten „exotischeren“ Delikte häufig durch die verständliche Darlegung aktueller Sonderprobleme auszeichnet. Wer dieses Buch als Einstieg in das seinen Fall betreffende Delikt und anhand der sehr ausführlichen Verweise auf weitergehende Literatur und Rechtsprechung zur Vertiefung nutzt, für den bietet das Buch eine optimale Möglichkeit, einen verständlichen Einstieg in die doch teilweise komplizierte Materie der Wirtschaftsstrafsachen zu erlangen, um sich dann Stück für Stück in die tiefergehende Fachliteratur einzuarbeiten. Ich denke, dass dies auch der Intention der beiden Autoren entspricht.