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Rezension Zivilrecht: Bilanzkunde für Juristen

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Von Kanitz, Bilanzkunde für Juristen, 3. Auflage, C.H.Beck 2014

Von Ri’in Domenica D’Ugo, Saarbrücken


Juristen und Bilanzen - ein heikles Thema. Nicht umsonst hat sich hartnäckig die Mär von dem Richter gehalten, der gesagt haben soll: „Die Bilanz ist offenkundig gefälscht, wie sonst ist zu erklären, dass auf beiden Seiten das Gleiche herauskommt?“. Dementsprechend hat der Autor sich auch dafür entschieden, gleich zu Beginn des Buches das Thema „Iudex non calculat“ anzuschneiden und darzustellen, woher dieser Satz kommt und welche Relevanz er besitzt. Nicht minder interessant zu lesen sind die knapp gehaltenen Ausführungen zu der Frage, wozu ein praktizierender Jurist überhaupt die Grundsätze der Buchhaltung kennen sollte.

Derart motiviert kann der Leser sich sodann durch das Glossar der Rechnungslegung arbeiten, in welchem die Grundlagen auch durch kleine Falldarstellungen und Tabellen anschaulich dargestellt werden. So vorbereitet steht der weiteren Lektüre des anspruchsvollen Buches nichts mehr im Wege.

Nach einer angemessenen Einführung in die Grundfragen der Buchführung und des Jahresabschlusses, dem angebrachten schnellen Ritt durch das deutsche Bilanzrecht und einem umfassenden Überblick in die wesentlichen Grundprinzipien für Ansatz und Bewertung stellt der Autor auf gut 140 Seiten die Bilanz „an sich“ dar. Er bleibt dabei keineswegs an der Oberfläche, sondern erwähnt beispielsweise auch tiefgehende Aspekte im Rahmen des Themas Eigenkapital („Mezzaninkapital“, besondere Darlehensformen). Ebenfalls nicht zu kurz kommen in den nächsten Kapiteln die Kapitalflussrechnung, die Konzernrechnungslegung, die externe Jahresabschlussanalyse und Bilanzpolitik. Für die Vollständigkeit des Werks sorgen die danach folgenden Darstellungen zu den Rechnungslegungsfragen in Unternehmenskrisen und in der Liquidation. Platz gefunden haben darüber hinaus sogar nach Ausführungen hinsichtlich weiterer Sonderfälle der Rechnungslegung, zum Beispiel in Umwandlungs- und Abfindungsfällen. Das Buch schließt mit einer eingehenden Fallstudie ab. Das durch das Durcharbeiten der knapp 440 Seiten starken Darstellung erworbene Wissen kann hier durch das Lösen von 13 Aufgaben zum geschilderten Fall angewandt und vertieft werden.

Bei der vorliegenden dritten Ausgabe des Werkes handelt es sich um eine vollständig überarbeitete Auflage, deren Schwerpunkt auf konzeptionellem und darstellungstechnischem Gebiet lag. Im Rahmen der Überarbeitung hat der Autor das Kapitel zur Unternehmensbewertung aus guten Gründen gestrichen - was allerdings offenbar leider am Verlag bzw. dem Klappentextersteller vorbeigegangen ist - und stattdessen die oben zitierte Fallstudie aufgenommen sowie die vorhandenen Darstellungen um weitere Grafiken und Fallbeispiel ergänzt.

Zur Zielgruppe des Buches wurden „alle Juristen“ erklärt. Der so angesprochene Leser sollte sich tunlichst nicht davon blenden lassen, dass in dem Klappentext ein leichter Einstieg in die Materie versprochen wird; dies mag jedenfalls zu Beginn der Einarbeitung zu einer gewissen Frustration führen. Es lohnt sich jedoch, am Ball zu bleiben. Der Autor, seines Zeichens Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, hat das Buch klug aufgebaut und ermöglicht dadurch einen ordentlichen Einstieg in die und - im Rahmen des Möglichen - einen überschaubaren Weg durch die Bilanzkunde. Wer den schnellen Überblick sucht, wird ihn nach Ansicht der Rezensentin hierin nicht - und wahrscheinlich auch nirgends sonst - finden. Wer sich allerdings vertieft mit dem Thema beschäftigen darf, will oder muss, sollte die für das Buch aufgerufenen 69 € investieren und sich den Kapiteln mit einiger Zeit und Muße nähern. Dann steht, wenn schon nicht dem eigenständigen Erstellen eines Jahresabschlusses, so jedenfalls doch einem dementsprechenden Verständnis bei Durchsicht eines Solchen nichts mehr im Wege.

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