Prusko, Die Gesellschafterstellung in der Insolvenz, Münchener Universitätsschriften, Band 242, 1. Auflage, C.H. Beck 2013
Von Rechtsanwältin Marion Andrae, Saarbrücken
Das vorliegende Werk wurde als Dissertation im Wintersemester 2012/2013 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen und berücksichtigt Rechtsprechung und juristisches Schrifttum bis März 2013. Das Werk beleuchtet die Gesellschafterstellung in der Insolvenz einer Kapitalgesellschaft und versucht, die insbesondere durch die Neuregelungen des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in den Fokus der Gesetzgebung gerückten Schnittstellen zwischen Insolvenzrecht und Gesellschaftsrecht miteinander in Einklang zu bringen.
Im ersten Teil der Abhandlung gibt der Verfasser einen Überblick über die Themenfelder. Er stellt zunächst die Fundamente der Stellung des Gesellschafters in der Insolvenz sowohl in insolvenz- und gesellschaftsrechtlicher als auch ökonomischer Hinsicht (unter Berücksichtigung der Zielsetzung und Funktionsweise des Insolvenzrechts) dar und skizziert den dadurch entstehenden Konflikt der Gesellschafterstellung in der insolventen Kapitalgesellschaft. Sodann widmet er sich im zweiten Kapitel zunächst der Stellung der Gesellschafter in der Insolvenzordnung vor Inkrafttreten des ESUG (InsO 1999) und zeigt den durch die Finanzkrise ausgelösten Gesetzgebungsprozess auf. Die weltweite Finanzkrise, ausgelöst durch den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im Jahre 2008, machte gesetzgeberische Reformen notwendig, die im Erlass des ESUG im Dezember 2011 mündeten, welches als Artikelgesetz grundlegende Änderungen im Bereich der Insolvenzordnung, des Zwangsversteigerungsgesetzes, des Kreditwesengesetzes, u.a. hervorbrachte.
In Kapitel 3 des Werkes gibt der Autor einen rechtsvergleichenden Überblick über den Umgang anderer Rechtssysteme mit der Gesellschafterstellung in der Insolvenz. Es folgen Aufrisse zu dem Chapter 11-Verfahren der USA sowie den Company Arrangements des Vereinigten Königreichs. Zuletzt wird der Legislative Guide der UNCITRAL (Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht) in der gebotenen Kürze abgehandelt.
Sodann widmet sich der Autor dem von Grundgesetz und BVerfG, europäischem Primär- und Sekundärrecht sowie der Rechtsprechung des EuGH und der EMRK gesetzten Rahmen – insbesondere im Hinblick auf Art. 14 GG bzw. die durch EU-Recht und EMRK geschützten Eigentumsrechte an Gesellschaftsanteilen.
Im Anschluss leitet der Autor über in eine umfangreiche Darstellung der notwendig gewordenen Reformschritte und deren dogmatischer Begründungansätze. Ausgehend von der InsO 1999, die keine Integration der Gesellschafter in das Insolvenzverfahren vorsieht, und daher die Fragestellung aufwirft, ob sie das im Falle einer Gesellschaftsinsolvenz auftretende Spannungsverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, das auf die Gläubiger als Hauptbetroffene des Verfahrens ausstrahlt, adäquat aufzulösen vermag, behandelt der Autor im Folgenden sehr detailliert die Kernbereiche, die bei der Gestaltung der Gesellschafterstellung in der Insolvenz berührt werden. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die InsO 1999 keine hinreichenden Lösungsmöglichkeiten der aufgezeigten Konfliktfelder zur Verfügung stellt.
Die durch dieses Unvermögen erforderlich gewordene Neuregelung der Stellung der Gesellschafter in der Insolvenz, wie sie durch das Inkrafttreten des ESUG im Jahre 2011 Eingang in die Insolvenzordnung erfolgte (InsO 2012), wird abschließend in Kapitel 6 aufgezeigt. Der Autor gibt zunächst einen knappen Überblick über die Genese und das Regelungsziel der Neuorganisation und stellt im Anschluss die inhaltlichen Gesetzesänderungen dar, namentlich den Einbezug der Anteilsrechte in den Insolvenzplan (§§ 217, 225a), zulässige Gestaltungsrahmen und Gruppenbildung (§ 225a Abs. 2 und 3, § 222), Neuregelungen im Verfahrensrecht (§§ 235 bis 253) und die Wirkung des Insolvenzplans (§ 254a). Anschließend wird die Umsetzung des debt-equity-swap (Gläubigerbeteiligung) und der angemessenen Beteiligung der Neugesellschafter diskutiert.
Zusammenfassend bietet das vorliegende Werk eine gute Grundlage für die dogmatische Interpretation und kritische Auseinandersetzung der durch das ESUG hervorgerufenen Reform der Gesellschafterstellung in der Insolvenz. Es eignet sich insbesondere für Rechtswissenschaftler und Praktiker mit wissenschaftlichem Interesse. Der Preis für die knapp über 220 Seiten starke Dissertation ist mit 59,- Euro sicherlich angemessen, da sich Interessierte einen umfassenden Überblick über die Dogmatik der recht speziellen Materie verschaffen können.