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Rezension Zivilrecht: Fachanwaltskommentar Medizinrecht

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Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Auflage, Luchterhand 2014

Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl


Die Neuauflage des ohnehin schon sehr präzisen und umfassenden Fachanwaltskommentars zum Medizinrecht ist im Vergleich zur Vorauflage um 500 Seiten erweitert worden. Neben der Neuregelung des Dienstvertragsrechts für das Verhältnis zwischen Patient und Arzt im BGB wurden auch Kapitel zu neuen Themen hinzugefügt, so z.B. die Kommentierung zum BtMG. Dazu wurde der Fokus auf aktuelle Themen gelegt, etwa der Umgang mit Patientenverfügungen, die Entwicklungen im Zivilverfahrensrecht oder auch das neue GKV-Finanzierungsgesetz. Neben dem beeindruckenden Buch steht dem Leser und Nutzer auch der Online-Zugang bei Jurion auf das Werk selbst und die darin zitierten Entscheidungen zur Verfügung.

Die Gestaltung des Kommentars ist nach wie vor angenehm und übersichtlich. Echte Fußnoten gibt es weiterhin nicht, aber der Lektürefluss kommt durch die Verortung der Verweise in den Text nur an einigen wenigen Stellen unangemessen ins Stocken. Zur Suche nach bestimmten Gesetzen muss der Leser wissen, dass die Aufteilung der Rechtsgebiete alphabetisch erfolgt, sortiert nach der Gesetzesabkürzung, sodass z.B. das Arzneimittelgesetz (AMG) vor dem Apothekengesetz (ApoG) erläutert wird. Diese Vorgehensweise ist insofern nicht ganz geschickt, dass z.B. im Verzeichnis über die Themengebiete der Bearbeiter die alphabetische Reihenfolge gerade anders, also nach dem Thema gewählt wurde, und andererseits passende Bereiche, etwa BGB und ZPO weit auseinander stehen. Wenn man sich aber an die Systematik gewöhnt hat, erschwert es die Arbeit mit dem Werk nicht, zumal die Autoren auch innerhalb der materiell-rechtlichen Ausführungen immer wieder auf prozessuale Besonderheiten hinweisen, etwa zum Klageantrag bei § 253 BGB oder zur Beweislast bei § 630h BGB.

Der Kommentar zeichnet sich trotz der Spezialisierung auf die Fachanwaltsausbildung nach wie vor dadurch aus, dass er einen geradezu assoziativen Bezug der vorhandenen Gesetze zum Medizinrecht ermöglicht. Das Arbeiten mit dem Kommentar fällt zudem deshalb leicht, weil die jeweiligen Bearbeiter eine gesunde Mischung aus grundlegenden, vertiefenden und aktuellen Informationen geschaffen haben. Teilweise werden diese Bezüge innerhalb eines Gesetzes aufgefächert und thematisch passend verortet, so z.B. innerhalb des BGB zu den bereits genannten Patientenverfügungen, außerdem zum Arbeitsrecht oder Gesellschaftsrecht, das aber auch durch die Kommentierung zum PartGG sinnvoll ergänzt wird (S. 1737 ff.). Bei den im BGB neu geregelten Normen möchte ich besonders die ansprechenden und eingängigen Erläuterungen von Jaeger zum Akteneinsichtsrecht hervorheben (S. 594 ff.), der auch bisherige Streitfragen treffend aufgreift. Aber auch innerhalb der jeweiligen sonstigen Kommentierungen lassen sich als pars pro totozahlreiche besonders gelungene Passagen herausheben, die die Gesamtqualität des Werks unterstreichen, bspw. innerhalb der ZPO den Schwerpunkt zum Beweisrecht (§§ 284-287 ZPO), wobei die möglichen Beweiserleichterungen im Behandlungsfehlerbereich abgehandelt (§ 286 ZPO, Rn. 36 ff.) werden, aber sich die jeweiligen Bearbeiter auch mit Kritik bzw. persönlichen Ansichten nicht zurückhalten und dies jeweils explizit kennzeichnen (z.B. § 286 ZPO, Rn. 47), sodass der Leser einerseits einen wirklich reichhaltigen Überblick erhält, andererseits aber auch abwägen kann, welche Linie er für das eigene Mandat wählen möchte. Des Weiteren zu nennen sind bei § 26 MBOÄ die Kommentierung zur Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst, die Gebührenberechnung für Laborleistungen in der Kommentierung zu § 4 GOÄ oder auch strafrechtliche Diskussionen wie etwa zur Bestechlichkeit von Ärzten in § 299 StGB oder zur Einwilligung von Minderjährigen im Rahmen des § 228 StGB. Thematisch abrunden kommen auch Sondergebiete zur Sprache, etwa das Transplantationsrecht, das Heilmittelwerberecht oder das Embryonenschutzgesetz.

Insgesamt kann man diesen Kommentar sowohl dem Einsteiger ins Medizinrecht als auch dem erfahrenen Praktiker empfehlen. Aufgrund der Vielfalt der behandelten Gesetze, aber auch aufgrund der intensiven und aktuellen inhaltlichen Durchdringung der einzelnen Rechtsgebiete erhält man nicht nur solides Wissen im Themenkontext, sondern auch Sicherheit in der Detaildiskussion. Die beteiligten Berufsgruppen und möglichen Streitparteien werden in ihrer jeweiligen Sichtweise, sofern möglich und nötig, berücksichtigt, sodass die Argumentation der jeweiligen Seite besser nachvollziehbar und rechtlich einzuordnen ist.

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