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Rezension Zivilrecht: Versorgungsausgleich

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Borth, Versorgungsausgleich in anwaltlicher und familiengerichtlicher Praxis, 7. Auflage, Luchterhand, 2014

Von Richter am Amtsgericht Carsten Krumm, Lüdinghausen


Borth ist einer der zentralen Autoren im doch sehr sperrigen Gebiet des Versorgungsausgleichsrechts. So wundert es auch nicht, dass sein nunmehr in 7. Auflage erschienenes Buch „Versorgungsausgleich in anwaltlicher und familiengerichtlicher Praxis“ als Standardwerk für diesen Rechtsbereich gilt und so auch häufig in obergerichtlicher Rechtsprechung zitiert wird. Das Buch ist etwa 670 Seiten stark und befasst sich mit allen erdenklichen Bereichen des Versorgungsausgleichsrechts.

Es beginnt erwartungsgemäß mit einem allgemeinen Kapitel zu Grundlagen und Konzeption des Versorgungsausgleichs. Hier wird die geschichtliche Entwicklung seit 1977 dargestellt, dies freilich in der gebotenen Kürze. Von zentraler Bedeutung sind im Bereich der Grundlagen vor allem die Ausführungen zu den vom Ausgleich erfassten Anwartschaften und zur Bestimmung der Ehezeit. Tatsächlich findet man bei den auszugleichenden Anwartschaften alle nur denkbaren Konstellationen mit zahlreichen weiteren Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen. Besonders zu verweisen sei hier etwa auf die sonstigen Versorgungsbestandteile, wie etwa stellen Zulagen bei der Bundeswehr oder Untertagezuschläge im Bergbau, vgl. S. 47. Für die Praxis auch interessant die Ausführungen zu wertlosen und nicht feststellbaren Anrechten bzw. Anrechten im Ausland, Kap. 1 Rn. 110-113. Derartige Konstellationen kommen in den letzten Jahren immer häufiger vor – praxisnah weist Borthdarauf hin, dass im Wertausgleich bei der Scheidung aus Anwaltsposition klarzustellen ist, dass ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht besteht, das Gericht also auch insoweit Aufklärungsarbeit leisten muss.

Die nachfolgenden Kapitel des Buches befassen sich mit der Bewertung von Anrechten auf eine Versorgung wegen Alters oder Invalidität bzw. mit dem Wertausgleich von Versorgungsanrechten. In diesem letztgenannten Kapitel finden sich dann auch Ausführungen zur Tenorierung eines Versorgungsausgleichsbeschlusses. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich (Kapitel 4) findet sich dann ebenso wie die Teilhabe an einer Hinterbliebenenversorgung. An dieser Stelle der Besprechung soll natürlich für Leser, die nicht alltäglich mit Familiensachen zu tun haben, klargestellt werden, dass der Großteil der „VA-Verfahren“ unproblematisch abläuft. Wenn es aber „hakt“, dann gestaltet sich die Lösungssuche stets problematisch. Ein Buch wie „der Borth“ ist hier Gold wert.

Die Beschränkung oder der Wegfall des Versorgungsausgleichs, die letztlich nur ausnahmsweise stattfinden werden sind in Kap. 6 thematisiert. Insbesondere die Problematik der groben Unbilligkeit (die bei hochstreitigen Scheidungen gerne problematisiert wird) wird ausführlich dargestellt.

Kap. 7, das sich mit den Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich befasst, ist sowohl für beratende Anwälte als auch Notare ebenso wie für forensisch tätige Anwälte in Familiensachen und Familienrichter von besonderer Bedeutung. Immer häufiger kommt es nämlich zu Scheidungsfolgevereinbarungen, die sich auch mit dem Versorgungsausgleich befassen und dementsprechend auf die ganze restliche Lebensgestaltung der Beteiligten Einfluss haben. „Der Borth“ zeigt klar auf, was geht und was nicht. In diesem Zusammenhang wird ausführlich und gut gegliedert dargestellt findet sich natürlich die Problematik der Inhaltskontrolle von Vereinbarungen in Eheverträgen (Rn. 1050 ff). Besonders hilfreich für ein schnelles Nachschauen der Problematik ist dabei die Übersicht über Einzelfälle zur Wirksamkeit-und Ausübungskontrolle, die sich im Rn. 1057 findet.

Von erheblicher praktischer Bedeutung ist auch die Anpassung des Versorgungsausgleichs nach Rechtskraft (Kap. 8). In der Praxis am häufigsten kommt für die Anpassung wegen Unterhalts vor. Diese wird zum einen inhaltlich dargestellt (Rn. 1079 ff.), aber auch im Hinblick auf die Durchsetzung im gerichtlichen Verfahren. So wird die Antragstellung ausführlich erörtert (Rn. 1082 ff.).

Hervorzuheben ist dann noch Kap. 10 des Buches, welches die Versorgungsausgleichsverfahren mit Auslandsberührung betrifft, sich also mit einer Thematik befasst, die im Laufe der Jahre deutlich an Wichtigkeit gewonnen hat. Hier werden etwa die Frage der örtlichen Zuständigkeit und des anzuwendenden Rechts dargestellt. Versorgungsausgleichsrecht aus anderen Staaten fehlt natürlich, da dies den Umfang der ohnehin schon ausführlichen Darstellungen des Buchs sprengen würde.

Für vollkommene Anfänger im Familienrecht bietet sich sodann das Kap. 11 des Buches an, welches das Verfahren zum Versorgungsausgleich auf etwa 80 Seiten darstellt. Man findet hier sämtliche prozessuale Besonderheiten des Verfahrens. Dabei wird an allen notwendigen Stellen auf die anderen Buchabschnitte konkret verwiesen, so dass auch ein vertiefende nachlesen möglich ist. Zudem werden Beschlusstenorierungen als Muster vorgestellt, Rn. 1311 ff.

Zuletzt noch hinzuweisen ist auf eine Checkliste am Buchende, die unterteilt ist nach Verfahrenseinleitung, nach klärungsbedürftigen Fragen nach Antragstellung, nach der Prüfung der erteilten Auskünfte und schließlich nach der Kontrolle der gerichtlichen Entscheidung. Diese Checkliste ist erkennbar primär für die Anwaltschaft geschrieben, sie kann jedoch auch von der richterlichen Leserschaft nutzbringend verwandt werden, insbesondere von Berufsanfängern.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Borth mit seiner Darstellung zum Versorgungsausgleichsrecht einen sprichwörtlichen Meilenstein gesetzt hat. Die Anschaffung eines solchen Werkes lohnt sich nicht nur für mit Familiensachen befasste Anwälte und Notare, sondern vor allem auch für Gerichte.

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