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Rezension Strafrecht: Günter Kohlmann. Ein Juristen-Leben

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Kohlmann, Günter Kohlmann. Ein Juristen-Leben, 1. Auflage, Otto Schmidt 2013

Von ORR Dr. Ulrich Pflaum, München


Unter dem Titel „Günter Kohlmann. Ein Juristenleben“ erscheint im Kölner Verlag Dr. Otto Schmidt als „Hausverlag“ Günter Kohlmanns zehn Jahre nach der Festschrift zum 70. Geburtstag (2003) auch eine Biographie des namhaften Steuer- und Wirtschaftsstrafrechtlers. Autor ist der Sohn Patrick Kohlmann, promovierter Betriebswirt und Bankkaufmann. Der Hauptteil umfasst rund 150 Seiten einschließlich Abbildungen, dazu kommen rund 40 Seiten Quellen- und Literaturnachweise.

Für den Leser der Festschrift hat bereits der Einband der Biographie Wiedererkennungswert: den Einband schmückt das gleiche Lichtbild Günter Kohlmanns, das auch in der Festschrift abgedruckt war. Auch in den Ausführungen selbst wird der Leser von HirschsWürdigung von Persönlichkeit und Werk Günter Kohlmanns in der Festschrift oder auch von Langs Aufsatz zu Ehren Günter Kohlmanns in der ebenfalls bei Otto Schmidt erschienenen StuW 2003, S. 289 ff. neben Neuem immer wieder auf Bekanntes stoßen, allerdings – und das macht den Reiz der Biographie aus – häufig unter einem anderen Blickwinkel und regelmäßig in vertiefter Darstellung. Die Biographie widmet sich ausführlich dem familiären Hintergrund, der Kindheit, Jugend und Studienzeit Günter Kohlmanns („Eine Kindheit in Oberschlesien“, „Jugend im geteilten Deutschland“, „Eine solide juristische Ausbildung“). Der Leser erfährt von der Tätigkeit des Vaters und zweier Onkel in der Finanzverwaltung, von der Kinderlähmung und dem zurückbehaltenen Gehfehler, von der Flucht der Mutter mit den Kindern aus Schlesien nach Gera, während der in Schlesien zurückgebliebene Großvater von einem plündernden Rotarmisten ermordet wird. Interessante Facetten der Persönlichkeit sind das Interesse für Literatur und Theater, das noch in Gera geweckt wurde, bevor die Familie weiter nach Westdeutschland flüchtet, wo Günter Kohlmann schließlich seine Heimat findet, die Aktivität und das über die Studienzeit hinausreichende starke Engagement bei der früheren KDStV Grotenburg im CV zu Köln sowie die Funktion als Generalquartiermeister der Prinzengarde im Kölner Karneval.

Dem Untertitel „Ein Juristen-Leben“ entsprechend widmet sich die Biographie ausgiebig auch dem fachlichen Wirken von Günter Kohlmann, nach Abschluss des Studiums zunächst die Promotion im öffentlichen Recht, parallel dazu das Assessorexamen, schließlich die Hinwendung zum Strafrecht mit einer Habilitation über das Bestimmtheitsgebot („Eine solide juristische Ausbildung“). Nach der zermürbenden Auseinandersetzung mit der gewalttätigen „Studentenbewegung“ („Ein turbulenter Karrierestart – die Frankfurter Jahre“) kehrt Günter Kohlmann nach Köln zurück und tritt neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer als Strafverteidiger auf. Neben zahlreichen anderen („Strafrechtler in Hörsaal und Gericht“, „Kölner Angelegenheiten“) befasst sich die Biographie ausgiebig mit drei bundesweit nicht nur in der Fachöffentlichkeit aufsehenerregenden Mandaten Günter Kohlmanns, dem „Fall Arden“ im Umfeld der Kölner Herstatt-Bank (vgl. BGH,NJW 1990, 1000), der Verteidigung Walter Leisler Kieps im Zusammenhang mit den Parteispendenskandalen zunächst ab 1990 (vgl. BGH, wistra 1993, 19), dann erneut Ende der 1990er Jahre bis 2002, und Johannes Zwicks (vgl. BGHSt 43, 381). Als Wirtschaftswissenschaftler gelingt es dem Verfasser hervorragend, unter Rückgriff u.a. auch auf Untersuchungsausschuss-Materialien die Sachverhalte von Günter Kohlmanns großen Mandaten kompakt und auf das Wesentliche beschränkt darzustellen und auch die entscheidenden rechtlichen Erwägungen der erkennenden Gerichte anhand der Rechtsprechungsfundstellen wiederzugeben. Ein Anhang enthält ein vollständiges Schriftenverzeichnis Günter Kohlmanns.

Bei der Darstellung sowohl des wissenschaftlichen Werdegangs als auch der forensischen Tätigkeit bleibt immer auch die „menschliche“ Seite im Blick, „Stil und Auftreten“ Günter Kohlmanns und sein Verhältnis zu Kollegen und Studenten ebenso wie zu Mandanten. Der Leser erfährt vom „akzentuiert vorgetragenen Selbstbewusstsein“ des „Elegants“ Günter Kohlmann, das ihn die Konfrontation mit Studenten und Professorenkollegen ebenso wie mit Gerichten und Staatsanwaltschaften nicht scheuen ließ, von seiner zunehmenden Distanz zu Kiep einerseits, der Freundschaft mit Johannes Zwick andererseits („Die letzten Jahre“). Nachvollziehbar und legitim ist es, dass der Verfasser das engste Familienleben als nicht mehr zum „Juristen-Leben“ zählend weitgehend ausklammert.

Verfasser und Verlag haben ein höchst lesens- und empfehlenswertes Werk vorgelegt. Die Biographie von Günter Kohlmann eröffnet durch den Blick auf seine Persönlichkeit auch einen verbesserten Zugang zu seinen Werken. Zugleich bietet sie anhand seiner Mandate eine spannende Beschreibung der steuer- und wirtschaftsstrafrechtlichen Zeitgeschichte, die nicht nur für den fachlich einschlägig interessierten Juristen, sondern von allgemeinbildendem Interesse ist.

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