Härtel (Hrsg.), Handbuch des Fachanwaltes Agrarrecht, 1. Auflage, Luchterhand 2012
Von RA, FA für IT-Recht und Verwaltungsrecht Christian Stücke, Helmstedt
Das Berufsbild des Landwirts hat sich insbesondere über die letzten Jahrzehnte hinweg gewandelt. Der Landwirt agiert immer mehr als Unternehmer. Auch die rechtlichen Fragestellungen, mit denen er im betrieblichen Alltag konfrontiert wird, haben sich gewandelt. Neben den geradezu klassischen Feldern des landwirtschaftlichen Pachtrechts sowie des landwirtschaftlichen Erbrechts sind zahlreiche neue Rechtskomplexe hinzugetreten. Exemplarisch kann hierbei das Recht der Agrarbeihilfen genannt werden aber auch das Umweltrecht sowie das Energierecht. Als landwirtschaftliche Unternehmer haben sich Betriebsinhaber auch mit arbeitsrechtlichen Dingen zu beschäftigen oder auch gesellschaftsrechtlichen Aspekten etwa der Bildung von landwirtschaftlichen Kooperationen bei Bewirtschaftung oder auch Vermarktung. Die Vielfalt der insgesamt daraus resultierenden, teilweise hoch speziellen Fragen führte zu Recht auch zur Schaffung einer einschlägigen Fachanwaltschaft, nämlich der des Fachanwaltes für Agrarrecht.
Der Umfang des Werkes ist außerordentlich. Ob die Bezeichnung als "Handbuch" anhand von immerhin über 2.000 dünnen, dichtbedruckten Seiten noch gerechtfertigt ist, erscheint fraglich. Unterteilt wird das Werk in 48 Kapitel, die von 44 Spezialisten aus dem Bereich des Agrarrechts - vorwiegend Lehrende, Richter, Anwälte, Ministerialbeamte - verfasst wurden.
Auch wenn nicht sämtliche der Autoren als Anwältinnen oder Anwälte tätig sind, ist das Werk seinem Titel entsprechend mandatsbezogenen mit Blick auf die anwaltliche Praxis verfasst worden. Dabei finden sich zu den einzelnen Gebieten jeweils einleitende Ausführungen, die jedoch recht schnell und teilweise sehr detailliert in konkrete, praxisrelevante Fragestellungen überleiten. Der materielle Inhalt wird in insgesamt sechs Teile geordnet, die dann jeweils in einzelne Kapitel untergliedert werden. Vor dem Hintergrund des bereits erwähnten Umfanges des Werkes und der reinen Anzahl der Kapitel verbietet es sich dabei schon beinahe, diese im Einzelnen aufzulisten, um den Umfang dieser Rezension nicht zu sprengen. Die schiere Breite des behandelten Stoffes wird indes anhand der einzelnen Komplexe deutlich: In dem ersten Teil werden rechtliche Grundlagen erläutert, um das für das weitere Verständnis notwendige Wissen zu vermitteln. Danach schließt sich ein Teil zum - stark gemeinschaftsrechtlich geprägten - Agrarbeihilfenrecht, Agrarkartellrecht sowie Außenhandelsrecht an. Teil drei behandelt das Agrarumweltrecht sowie Energierecht. Das Lebensmittelrecht sowie Futtermittelrecht werden in Teil vier behandelt; Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht finden sich in Teil fünf wieder. In Teil sechs, der mit der Überschrift "privates Agrarrecht, Strafrecht, Mediation" versehen ist, finden sich dann klassische Beratungsfelder wie das landwirtschaftliche Pachtrecht, das Erbrecht, Ehe-und Familienrecht oder auch das landwirtschaftliche Gesellschaftsrecht wieder. Auch das landwirtschaftliche Verfahrensrecht wird dort behandelt. Der Umfang der einzelnen Teile und Kapitel kann durchweg als "genau richtig" bezeichnet werden. Sollten einzelne, hoch spezielle Fallgestaltungen nicht anhand der schon vertieften Ausführungen im Werk selbst beantwortet werden können, hilft ein ausführliches Literaturverzeichnis und nicht zuletzt auch der Fußnotenapparat weiter.
Für die Fallbearbeitung ist die Diskussion von Beispielsfällen sehr nützlich. Die Verfasser orientieren sich an klassischen Fragestellungen, für die sie - teilweise auch alternative - Lösungsmöglichkeiten anbieten und erläutern. Praktiker werden zudem auch die zahlreich anzutreffenden Prüfungs-, Berechnungs- und Vertragsschemata zu schätzen wissen. Auch wird an passender Stelle vor klassischen Beratungs- und Gestaltungsfehlern gewarnt. Am Rande verdient der Einbau von Lernkontrollen Erwähnung: Jeweils am Ende eines Kapitels werden neben Materialien auch Wiederholungsfragen zur Verfügung gestellt, anhand derer eine Selbstüberprüfung durchgeführt werden kann. Für ein Praktikerhandbuch ein ungewöhnlicher Ansatz.
Auch wenn das Handbuch des Fachanwaltes Agrarrecht (scheinbar?) das anwaltliche Mandat im Fokus hat, profitieren auch andere Berufskreise von Werk. Die Ausführungen sind bei der täglichen Arbeit unter anderen der Landwirtschaftskammern, Beratungsringen, Ministerien und Agrarverwaltung, ja sogar in der täglichen unternehmerischen Arbeit des Landwirts selbst von außerordentlichem Nutzen. In der anwaltlichen Praxis erhalten nicht nur die mit dem Landwirtschaftsrecht quasi täglich befassten Spezialisten ein wertvolles Arbeitsmittel, auch anwaltliche Generalisten, die nur dann und wann mit agrarrechtglichen Fragestellungen konfrontiert werden, ziehen Nutzen. Insgesamt fällt es leicht, eine verdiente, klare Empfehlung auszusprechen.