Schramm, Strafrecht Besonderer Teil II, Eigentums- und Vermögensdelikte, 3. Auflage, Nomos 2023
Von
RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Die
strafrechtlichen Einführungslehrbücher im Nomos-Verlag stehen neben den
bekannten studentischen Lehrbüchern, die ursprünglich von Kindhäuser
verfasst und nun sukzessive von anderen Autoren fortgeführt wurden.
Beispielsweise wurde das Werk zum Besonderen Teil 1 von Schrammübernommen,
der auch das vorliegende Einführungswerk zum Besonderen Teil 2 verantwortet. Es wird zwar fast
schon vorausgesetzt, dass strafrechtlich tätige Professoren Ausbildungswerke
zum gesamten strafrechtlichen Kanon verfassen (AT, BT, StPO), aber man muss als Autor auch das Glück haben, dies in einem kohärenten Umfeld tun zu können. Dann haben
die Leserinnen und Leser einen klaren Vorteil, weil die Werke in einem
Verlagshaus inhaltlich aufeinander abgestimmt und mit entsprechenden Zitaten
und Verweisen verknüpft werden können. So geschieht es auch hier, da Schramm
in den Fußnoten vielfach auf die Kindhäuser-Lehrbücher verweist, aber natürlich
auch auf die verlagsinternen Kommentarwerke wie den NK-StGB.
Das
Werk ist 2017 in der ersten Auflage erschienen und wird nunmehr in regelmäßigen
Abständen aktualisiert. Es wird flankiert von den Einführungs-Bänden zum AT (Kaspar)
und zum BT1 (erscheint 2024, Reinbacher). Die Reihe NomosEinführung fokussiert
die Darstellung der jeweiligen Thematik auf die Grundzüge und damit die zentralen
Tatbestände, hier der Vermögensdelikte, sodass sich schon Studenten ab ihrer ersten
Vorlesung im Werk gut zurechtfinden können. Mit Verzeichnissen umfasst das Lehrbuch mehr
als 360 Seiten und ist damit von der Menge her anspruchsvoll, aber nicht
überfordernd. Das liegt auch daran, dass die genannte Seitenanzahl keine reine
Bleiwüste birgt, sondern Prüfungsschemata und Beispielsfälle mit postwendenden
Lösungsvorschlägen das anwendungsbezogene Verständnis für die Materie direkt fördern.
Ergänzt werden die Ausführungen durch Wiederholungsfragen mit Randnummernangabe
zur Lösung. Dadurch dass die Nachweise aus Rechtsprechung und Literatur in
echte Fußnoten platziert wurden, können die Fließtexte auch recht schlank
gehalten werden. Innerhalb der Texte sorgen fett gedruckte Schlagworte für die
nötige Orientierung.
Was
wird inhaltlich geboten? Nach einer kurzen Einführung warten drei Teile auf die
Leser: Die Straftaten gegen das Eigentum, also Diebstahl, Raub, Unterschlagung
und Sachbeschädigung. Sodann folgen die Straftaten gegen das Vermögen als
Ganzes, was Betrug, Erpressung oder auch die Untreue beinhaltet. Schließlich kommen
Straftaten gegen spezialisierte Vermögenswerte zur Sprache, was dann den furtum
usus oder die Pfandkehr umfasst. Was ich bedauerlich finde, ist dass die
Unfallflucht nach § 142 StGB nicht den Eingang in das vorliegende Werk gefunden
hat. Sinn und Zweck der Vorschrift ist nämlich die Feststellung und Sicherung
der durch einen Verkehrsunfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche sowie
der Schutz vor unberechtigten Ansprüchen, sodass es durchaus berechtigt gewesen
wäre, die Norm bspw. in Teil 4 zu behandeln.
Innerhalb
der Kapitel kommen die Tatbestandsmerkmale, Qualifikationsmerkmale oder Regelbeispiele
nicht nur als reine Erklärung, sondern direkt in Verbindung mit erläuterten Beispielen
aus der Rechtsprechung zur Geltung. Die gewählten Beispiele werden dabei schön
auf moderne Erscheinungsformen der Kriminalität abgestimmt, was den
Verständnishorizont der Leser gleich noch erweitert. Schön zu sehen ist dies
bei der Frage der Enteignungskomponente der Zueignungsabsicht (S. 56), wenn als
Fall beschrieben wird, dass ein Mobiltelefon zwar entwendet wird, dies aber
lediglich geschieht, um den Speicher nach kompromittierenden Fotos zu durchsuchen und
diese ggf. zu löschen. Dass dann mglw. kein Diebstahl, aber andere Delikte zum
Tragen kommen, wird am Ende gut erläutert (S. 58).
Hervorzuheben
ist zudem, wie Verknüpfungen zum AT und zum BT1 gezogen werden, um das
kohärente Denken der Leser zu fördern. Bei der Frage etwa, ob ein Raum durch Unterlassen
denkbar ist (S. 109), wird die Parallele zur Nötigung durch Unterlassen bei
vorhandenen Garantenpflichten gezogen.
Die
weiterhin leidige Problematik der Abgrenzung zwischen Raum und Erpressung wird
zu meiner Überraschung nur bei dem Unterkapitel zur Erpressung einleitend angesprochen
(S. 255), nicht aber beim Raub (S. 105/106). Das ist zwar in der Darstellung
konsequent und nicht falsch, aber im Sinne einer assoziativen Herangehensweise
an typische Klausurprobleme hätte ich mir schon bei der Einleitung zum Raubtatbestand
ein paar Worte oder wenigstens einen Binnenverweis gewünscht.
Schließlich
möchte ich noch auf das gelungene Unterkapitel zum Missbrauch von Scheck- und
Kreditkarten, § 266b StGB, hinweisen. Dort werden trotz der zugegeben geringen
praktischen Relevanz der Norm viele wichtige Informationen vermittelt, die auch
für das Verständnis anderer Vermögensdelikte oder von Dreiecksfinanzierungen relevant
werden können (S. 300/301 sowie 302/303).
Das
Werk eignet sich meiner Ansicht nach zur Lektüre ab dem ersten Semester und zur
Erstellung erster eigener Prüfungsschablonen. Mit dem hier gewonnenen Wissen,
lassen sich die auf die Einführung aufbauenden Werke sowie die auf Studenten
zugeschnittenen Kommentare besser verstehen und leichter sowie schneller
rezipieren. Die klare Sprache und die fallorientierte Darstellung schaffen von
Beginn an eine gute Verständnisgrundlage für das Strafrecht.