Ostendorf, Strafprozessrecht, 1. Auflage, Nomos 2012
Von Ri’in Domenica D’Ugo, Saarbrücken
Dieses Lehrbuch, so stellt der Autor im Vorwort klar, soll sich von allen anderen dadurch unterscheiden, dass der Stoff nicht breit, sondern pointiert mit Blick auf die Anforderungen in den Examina dargestellt wird. Es soll kein Wissenschaftsbuch und kein StPO-Kommentar sein, sondern Juristen in Ausbildung, jungen Praktikern und Fachfremden einen Überblick über den Strafprozess bescheren.
Beim Lesen des Werkes stellt sich heraus, dass der Autor mit der zweiten Behauptung Recht haben soll. Die Prüfungsorientiertheit ist hingegen nach Ansicht der Rezensentin mit einem klaren Fragezeichen zu versehen. Es darf - und hier fließen die Erfahrungen der Rezensentin ein: je nach Studienort etc. kommt eventuell eine vollkommen konträre Beurteilung in Betracht - bezweifelt werden, dass Statistiken über die Zahl der Tatverdächtigen und längere Zitate aus dem Richterbrief Nr. 1 vom 1. Oktober 1942 tatsächlich zu examensrelevantem Wissen führen. Ob in einer Erstauflage verzeihlich ist, dass längst abgeschaffte Rechtsnormen genannt werden (§ 69 BRRG!), soll der einzelne Leser für sich selbst entscheiden. Auch erscheinen teilweise die Formulierungen – aus Sicht des eiligen Studenten betrachtet – etwas „geschwurbelt“. Was soll man in der Prüfungsvorbereitung mit einem Satz anfangen, der da lautet: „Die erste Einengung des Wahrheitsstrebens erfolgt durch die Vorgabe der Notwendigkeit einer Entscheidung“?!
Zur Vermeidung von Missverständnissen: Das Buch ist gut, es liest sich für Interessierte wie ein Roman und vermittelt Hintergrundwissen zu Geschichte und Theorie des Strafprozesses, zu Begrifflichkeiten des Strafrechts (z.B. „Kapitalverbrechen“) und zur Praxis. Es werden wichtige Informationen für den Praktiker bereitgestellt, die sich zur Vorbereitung auf die ersten Praxiserfahrungen eignen und die anfängertypische Nervosität verringern können. Verantwortlich Handelnde wie Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Schöffen können hier Wissen erwerben, welches das eigene Tun in einen größeren historischen und theoretischen Zusammenhang stellt und damit ein neues Verständnis für die eigenen Aufgaben produziert.
Kurzum: Ein tolles Werk, wenn man die im dritten Absatz genannten Ziele verfolgt. Zur Prüfungsvorbereitung in einem – Entschuldigung – Examensrandgebiet nur bedingt geeignet, hier gibt es zielführendere Lehrbücher auf dem Markt.