Wellenhofer, Sachenrecht, 35. Auflage, C.H. Beck 2020
Von stud. iur. Leonard Elsbroek, Göttingen
Das Lehrbuch „Sachenrecht“ von Frau Prof. Dr. Wellenhofer aus der Reihe Grundrisse des Rechts stellt eine handliche und kompakte Lektüre dar, die das Mobiliar- und das Immobiliarsachenrecht auf insgesamt 533 Seiten bespricht. Fokussiert auf die Vermittlung von Struktur und klassischen bzw. examensrelevanten Problemstellungen im Sachenrecht ist mit diesem Lehrbuch eine gute Option zum Studieren des Sachenrechts erhältlich. Die eine oder der andere mag dem Format von ca. 533 DIN A5 Seiten zur Darstellung des Sachenrechts mit Skepsis begegnen, jedenfalls aber aufhorchen. Verglichen mit anderen Lehrbüchern zur selben Thematik scheint es zumindest ungewöhnlich kurz und zugleich verlockend.
Vermittelt werden sachenrechtliche Grundlagen, Besitzrechte, rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Eigentumserwerb sowie Sicherungsrechte an beweglichen Sachen, Erwerb und Verlust von Grundstücksrechten, das EBV, Eigentumsstörungsanspruche und Nachbarrechte, Grundpfandrechte und Nutzungsrechte. Jedes Kapitel und Unterkapitel umfasst eine Einführung in die Thematik, in der z.B. Grundbegriffe oder ein Überblick vermittelt wird. Davon gefolgt ist häufig ein Schema zum Aufbau der jeweiligen Prüfung und daran anschließend die Erläuterung jedes einzelnen Prüfungspunktes. Zum Abschluss einiger (Unter-)Kapitel werden rechtsvergleichende Hinweise zur Verfügung gestellt.
Mit zahlreichen Verweisen auf Gerichtsentscheidungen, Kommentarfundstellen, Klausurfälle und auf weitere Lektüren, sowohl am Ende als auch innerhalb der Erläuterungen, werden die Ausführungen untermauert. Zudem sind häufig konkrete und kurze Beispiele mit eingearbeitet, die eine hilfreiche Verdeutlichung darstellen und dabei unterstützen, sich die entscheidenden Begriffe einzuprägen oder sich auch das Problem besser vorstellen zu können.
Auf dem Cover des Buches wird mit dem Sticker „Mit Fällen und Aufbauschemata“ geworben, was vermutlich bereits das Interesse einiger LeserInnen wecken dürfte.
Insgesamt befinden sich 36 Übungsfälle samt Lösungen in dem Lehrbuch, oft am Ende eines Kapitels oder zur Besprechung wichtiger Klausurthemen am Ende eines Unterkapitels angesiedelt. Dies eignet sich nicht nur zur Wiederholung und zur eigenen Verständniskontrolle, sondern veranschaulicht zugleich die richtige Verortung des Problems in der späteren Falllösung. Ein Kritikpunkt ist dabei allerdings, dass in den Lösungen das Konzept der Kompaktheit etwas überwiegt. Die Fälle sind in einem Fluss, ohne Prüfungspunkte, lediglich anhand von der juristischen Nummerierung gegliedert und beinhalten zum Teil Argumente, die zuvor nicht erwähnt wurden.
Das Einprägen der Falllösungstechnik und die verwendete Darstellungsart (Fließtext) sollte dabei nicht als Vorbild für die Anwendung in einer realen Klausursituation genommen werden, was wiederum schade ist, da gerade in den Übungsfällen an Übersichtlichkeit gespart wird, wo das Lehrbuch doch insb. verspricht, „[…] das Sachenrecht verständlich und klar strukturiert [zu behandeln]“. Dem könnte man mit genau der Anwendung der zuvor erläuterten Aufbauschema in der Falllösung weiter gerecht werden.
Nichtsdestotrotz wird mit der Bearbeitung der Fälle der Lerneffekt vermutlich mit am größten sein. Außerdem stellen alle 36 Übungsfälle ein hervorragendes Gegengewicht zum reinen Lesen von Informationen dar und betten sich vielleicht gerade aufgrund zuvor nicht präsentierter Informationen gut in den Lesefluss ein.
Die Aufbauschemata sind übersichtlich und vom Text selbst deutlich hervorgehoben. Einzig auffällig ist, dass die Nummerierungen der Prüfungspunkte in den Schemata nicht mit denen im Text harmonieren. Das mag möglicherweise auch nie die Intention der Autorin gewesen sein und tut dem Verständnis auch keinen Abbruch, wäre aber wohlmöglich eine einfache Hilfe, auch beim Lesen der Ausführungen zu den Prüfungspunkten im aufgestellten Schema zu bleiben und so die Prüfungspunkte und die jeweiligen Ausführungen im Zusammenhang zu präsentieren. Dennoch sind die Schemata in jedem Fall eine große Hilfe. Die meisten Schemata können zudem auch so wie sie dargestellt sind, auf Lernmaterialien übernommen werden. Ausnahmen gibt es wenige, bei denen Prüfungspunkte nicht unbedingt in vollständiger Form zum Einprägen geeignet sind, dafür aber ggf. umso mehr zur Verständniserlangung.
Ein Beispiel aus dem Schema zum Eigentumserwerb des Finders, § 973 BGB: 3. Anzeige des Fundes beim Verlierer, Eigentümer oder der zuständigen Behörde, § 965 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 (Ausnahme bei Sachen im Wert von weniger als 10 EUR, § 965 Abs. 2 S. 2). Der Prüfungspunkt stellt keine geeignete Überschrift in einer Prüfung dar, zeigt aber dennoch sofort die Ausnahme, die in jedem Fall die studierende Person im Kopf haben muss.
Das Sachenrecht als Thema mag vielleicht nicht alle Studierenden auf Anhieb in Euphorie versetzen, was aber gerade deshalb auch ein gut lesbares und nachvollziehbares Lehrbuch so wichtig macht. Mit dem vorliegenden Buch besteht sowohl die Möglichkeit, das Sachenrecht schnell zu verstehen als auch daran Spaß zu entwickeln. Nicht zuletzt ist Letzteres der abwechslungsreichen Gestaltung und der präzisen und gut lesbaren Formulierungs- und Aufbauweise zu verdanken. Das Gesamtkonzept des Lehrbuches überzeugt und es eignet sich hervorragend zum Erlernen und Wiederholen des Sachenrechts. Für die Phase der Examensvorbereitung ist dieses Lehrbuch gerade aufgrund seiner komprimierten Informationswiedergabe mit der Unterstützung von Schemata, Übungsfällen und Merksätzen eine echte Alternative zu ausführlicheren Lehrbüchern, da es auf den notwendigen Prüfungsstoff begrenzt ist und dabei auf Struktur und Problembewusstsein setzt.