Brox / Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 44. Auflage, Vahlen 2020
Von RAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
Seit sage und schreibe 45 Jahren bereichert das Lehrbuch von Hans Brox zum Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches nun schon die deutsche Rechtslandschaft: 1976 erschien die Erstauflage. Wolf-Dietrich Walker hat das Werk seit der 31. Auflage zu verantworten und zu pflegen und hat das Buch sukzessive in die Moderne geführt. Wenn man lange Jahre nach der eigenen universitären Ausbildung die Neuauflage einmal wieder studiert und sich über die sprachlich lebendige und auch visuell ansprechende Aufmachung eines eher drögen juristischen Teilgebiets freuen kann, dann kann man gut und gerne konstatieren, dass der Autor seit Jahren richtig gute Arbeit leistet.
Insbesondere die sprachliche Aufbereitung des Stoffes ist eine große Herausforderung, wendet sich das Lehrbuch doch klassischerweise an die Studentinnen und Studenten der ersten Semester, die einerseits an die Schwierigkeiten juristischer Subsumtion und Methodik herangeführt werden sollen, gleichzeitig aber schon früh dem Zugriff der vereinfachenden Repetitorien ausgesetzt sind. Der Brox/Walker findet insoweit einen guten Mittelweg, indem der AT des BGB in den notwendigen historischen und systematischen Kontext gesetzt wird, zugleich aber durchweg mit kleinen Fallbeispielen und Rechtsprechungsanalysen der starke Praxisbezug des BGB AT betont wird. So wird die Rechtsanwendung parallel zum Erwerb von Grundlagenkenntnissen gefördert, was den konsequenten Leserinnen und Lesern nur zugutekommen kann. Die eher visuell rezipierenden Studierenden werden durch zahlreiche Schaubilder und Schemata „beruhigt“, die zugleich zeigen, dass es nie schadet, wenn man als Autor eines Werks dessen Inhalt auch in Form einer Präsentation, hier also einer Vorlesung, an die Adressaten vermitteln können muss. Wer sich mit Grausen daran erinnert, dass es früher echte „Vorlesungen“ meist betagter Professoren gab, wird den Ansatz des Lehrbuchs zu schätzen wissen.
Das Werk beginnt mit einer Einführung in das bürgerliche Recht, wobei jeweils in kleinen Kapiteln Dinge wie die Privatautonomie, die Gesetzesauslegung oder auch der Begriff des bürgerlichen Rechts erläutert werden. Der große zweite Teil thematisiert das Rechtsgeschäft und beansprucht mehr als die Hälfte des Buches. Hier kommen der Vertragsschluss samt Willensbildung und Auslegung, Verbraucherrechte, AGB, Wirksamkeitsvoraussetzungen, Willensmängel, Irrtum, Täuschung, Bedingung, Befristung sowie die Stellvertretung zur Sprache. Sodann wird in einem eigenen Teil das subjektive Recht in den Vordergrund gestellt, mithin werden Ansprüche, Einreden, rechtliche Grenzen, Rechtssubjekte und Rechtsobjekte erläutert. Der vierte Teil befasst sich mit Fristen und Terminen bevor der Schlussteil dann eine Art Arbeitskapitel ist, in welchem die Methodik der Fallbearbeitung samt Ausarbeitung im Gutachtenstil präsentiert wird.
Besonders interessiert haben mich bei der Lektüre diesmal die Spannungsfelder, in die das altehrwürdige erste Buch des BGB gerät, wenn es mit modernen Formen vertraglicher Geschäfte konfrontiert wird. Dabei werden Ebay- und E-Commerce-Geschäfte ebenso angesprochen (S. 95 ff.) wie die zugehörigen denkbaren Widerrufsrechte, die insbesondere auf europäischen Richtlinien beruhen (S. 102 ff.). Die Friktionen, denen sich Jugendliche beim Abschluss von Handyverträgen u.Ä. ausgesetzt sehen, werden im Kapitel zur Geschäftsfähigkeit aufgegriffen (S. 126 ff.). Die zugehörigen Fallgestaltungen enthalten schon Hinweise auf die Randnummern, in denen dann Lösungsansätze zu finden sein werden. Für die Folgeauflage würde ich mir in § 36 (Sachen) noch einen Fall und einige Absätze zur Rolle von Solaranlagen im Grundstücksverkehr wünschen: gehören diese zum Haus? Wie regelt sich die Nutzung in Form der Stromeinspeisung? Durch assoziatives Herangehen an praktisch höchst umstrittene Fragen können auch schon Erstsemester geschult werden.
Das Lehrbuch ist nicht nur ein Evergreen, sondern auch ein idealer Einstieg in das Bürgerliche Recht. Die fallbezogene Darstellung ermöglicht ein rasches Verständnis der Materie. Die eingängige Sprache lädt zur durchgehenden Lektüre geradezu ein. Auch lange Jahre nach meinem ersten eigenen „Brox“ kann ich das Buch nur vorbehaltlos empfehlen.