Groß, Kapitalmarktrecht, 7. Auflage, C.H. Beck 2020
Von Syndikusrechtsanwalt Peer Hennig, Leipzig
Mit der 7. Auflage stellt RA Dr. Wolfgang Groß seinen geschätzten Kapitalmarktrechtkommentar vollständig überarbeitet vor. Dies wurde erforderlich, weil die neue europäischen Prospektverordnung (VO (EU) 2017/1129) maßgeblich auf das etablierte Prospektrecht einwirkte und national zu einer Neufassung des Wertpapierprospektgesetzes führte. Auch im Börsengesetz galt es die Änderungen der MiFID II berücksichtigen. Allein die aufgezeigten Gesetzesänderungen erforderten eine umfangreiche Überarbeitung; wertvoll ergänzt wird diese durch die Inbezugnahme aktueller Rechtsprechung und Literaturstimmen.
Gewohntermaßen umsichtig wie prägnant widmet sich der beliebte Praxiskommentar dem Börsengesetz (BörsG), der Börsenzulassungs-Verordnung (BörsZulV) und dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Schließlich und hochwillkommen für jeden Kenner der Altauflagen wird nunmehr darüber hinaus auch die neue Prospektverordnung kommentiert. Wobei es wohl systematisch wertvoller wäre, die Kommentierung der Prospektverordnung der Kommentierung des WpPG voranzustellen, wurde letztere doch maßgeblich aufgrund der Verordnung überarbeitet; allerdings bleibt der Autor so seiner etablierten Gliederung treu, was dem vertrauten Leser entgegenkommt.
Im Einzelnen untergliedert sich jeder dieser vier Teile in Vorbemerkung und Kommentierung. Wobei Groß gemäß seiner Ausrichtung auf die Praxis weiterhin erkennbar Schwerpunkte bei der Kommentierung setzt. Im BörsG bleibt der Fokus auf der Zulassung von Wertpapieren und dem Delisting. Auch der Fokus der BörsZulV verschiebt sich nicht, da diese von den Neuerungen der Prospektverordnung unbeeinflusst blieb.
Gänzlich wurde – wie bereits angedeutet – die Kommentierung des WpPG überarbeitet und die Kommentierung der Prospektverordnung erstmals eingeführt. Aufgrund der durch die Prospektverordnung intendierte „völligen“ Vollharmonisierung verbleibt für die nationalen Regelungen des WpPG nur noch eine begrenzte Regelungsmaterie, die besprochen werden kann. Im Wesentlichen sind dies die Haftungsfragen aus Prospekt oder Wertpapier-Informationsblättern. Dabei versteht es der Autor geschickt, den Leser durch die neuen Regelungen zu führen, indem er Zusammenhänge zu den Vorgängerregelungen herstellt und auf die Grundlagen der Änderungen hinweist.
Neben der Kompensation einer vermeintlich unzureichenden Vollharmonisierung durch die „alte“ Prospektverordnung zielt die „neue“ Prospektverordnung hauptsächlich auf Vereinheitlichung und Vereinfachung. Insbesondere soll der Verwaltungsaufwand bei Prospekterstellung für KMU, für Daueremittenten von Wertpapieren und bei Sekundäremissionen verringert werden. Ansonsten bleibt die bekannte Systematik erhalten, weshalb vielerorts die zum WpPG a.F. gewonnen Erkenntnisse übertragen werden können. Über eine „Entsprechungstabelle“ ermöglicht Groß den synoptischen Vergleich der „alten“ mit der „neuen“ Prospektverordnung. Wobei „Entsprechung“ nicht in materieller Hinsicht missverstanden werden soll. Wenngleich viele Regelungen inhaltsgleich übernommen wurden, führte die neue Prospektverordnung zu materiellrechtlichen Änderungen zum Beispiel im Bereich der Offenlegungsregeln (Art. 14).
Trotz der unglaublich hohen Informationsdichte der Kommentierung wünscht man sich gelegentlich noch weitergehende Erläuterungen. Allerdings ließe sich dieser Wunsch bei Lichte besehen wohl kaum mit der bewusst angestrebten Kürze dieses formidablen und nicht nur für Praktiker bei der Beratung von Emittenten und Kreditinstituten wertvollen Kommentars in Einklang bringen.