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Rezension: Meinungsfreiheit und Rechtsextremismus

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Klausmann, Meinungsfreiheit und Rechtsextremismus: Das antinationalsozialistische Grundprinzip des Grundgesetzes, 1. Auflage, Nomos 2019

Von Sonja Hagenhoff, Hannover

 [Bild folgt]
Die Monografie Meinungsfreiheit und Rechtsextremismus: Das antinationalsozialistische Grundprinzip des Grundgesetzes von Vincent Klausmann erschien in der Reihe „Recht und Gesellschaft“ der Vereinigung für Recht und Gesellschaft. Es handelt sich bei zugleich um die Dissertation des Autors, die er an der Philipps-Universität in Marburg im Jahr 2018 eingereicht hat.

Seine Arbeit hat der Autor in zwei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil „Neonazismus und rechtliche Reaktion“ schafft der Autor mit den Kapiteln Rechtspolitische Situation und Sachverhalt, Strafbarkeit neonazistischer Äußerungen und Meinungsfreiheit sowie der Begriff des allgemeinen Gesetzes nach Art. 5 Abs. 2 GG die Grundlagen für die weitere Arbeit. Im Zweiten Teil befasst der Autor sich sodann mit dem antinationalsozialistischen Grundprinzip des Grundgesetzes. Dieses verdeutlicht der Autor tiefer gehend in den Kapiteln Begriff, Geschichte und Begründung des antinationalsozialistischen Grundprinzips und die rechtliche Wirkung des antinationalsozialistischen Grundprinzips. Diesen Teil und das Werk schließt der Autor dann mit einem Fazit und Ausblick.

Bereits in der Einleitung stellt der Verfasser dar, warum das Thema seines Werkes und zugleich seiner Dissertation auch im Jahr 2019 noch Bedeutung hat. Die Bundesrepublik Deutschland ist aus einem nationalsozialistischen Staat entstanden, dessen Keime auch heute noch bzw. wieder in der Deutschen Gesellschaft brodeln. Die Deutsche Geschichte nach 1945 hat immer wieder gezeigt, dass der nationalsozialistische Spuk nach dem zweiten Weltkrieg in Teilen der Bevölkerung weiterlebt. Dies hatte zur Folge, dass im Jahr 2005 § 130 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB) eingeführt wurde, um dessen Diskussion es in diesem Buch geht.

Um eine einheitliche Diskussion zu ermöglichen erklärt der Autor, dass seiner Ansicht nach, die Begriffe Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus, externe Rechte, Rechtspopulismus, Nazismus, Neonazismus, Faschismus, Neofaschismus und Nationalsozialismus nicht zufriedenstellend definiert werden können, da der Diskussion bereits eine jahrzentelange Kontroverse zugrunde liegt (S.38 f,). Jedoch erklärt der Auto, wie er die Begrifflichkeiten in seinem Werk verstehen möchte (S.40 ff.).

Nach den Grundlagen stellt der Verfasser die versammlungsrechtliche Ausgangssituation in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 dar. Dies soll die Entstehungsgeschichte, des hier diskutierten § 130 Abs. 4 StGB darstellen. Dabei legt der Autor einen Fokus auf den Aufmarsch von Wunsiedel, der im Jahr 2008 zur Wunsiedel-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geführt hat. Zum besseren Verständnis der Geschichte der Neonazi-Aufmärsche beschreibt der Autor kurz (Kap. 2.2.1) die Bedeutung von Rudolf Heß für die deutsche Neonazi-Szene. Denn diesem wurden Versammlungen in Wunsiedel immer wieder gewidmet. Diese Hintergrundinformationen sind für Leser, die in der Geschichte der deutschen Neonazi Szene und deren Versammlungen nicht bewandert sind, hilfreich, um die weitere Arbeit des Autors zu verstehen. Auch verdeutlichen diese Hintergrundinformationen, warum im Strafgesetzbuch eine Norm eingeführt wurde, obwohl es mit dem Versammlungsgesetz eine an sich abschließende Regelung gab.

Im zweiten Teil setzt sich der Verfasser mit dem antinationalsozialistischen Grundprinzip auseinander, welches das Bundesverfassungsgericht in der Wunsiedel-Entscheidung zur Rechtfertigung seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl. S. 140 ff.). Dieses wurde mit der Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht wieder ins Spiel gebracht, obwohl es in der Fachliteratur und Rechtsprechung nach Inkrafttreten des Grundgesetzes abgelehnt wurde. In seiner Arbeit gelingt es dem Autor, gerade in Bezug auf die Wunsiedel-Entscheidung und das NPD-Verbotsverfahren aus dem Jahr 2017, das Verhältnis zwischen dem antinationalsozialistischen Grundprinzip und der freiheitlichen Demokratischen Grundordnung herauszuarbeiten. Insbesondere gelingt es dem Autor an verschiedenen Stellen überzeugend herauszuarbeiten, dass das Bundesverfassungsgericht für seine Entscheidung nicht nur auf das antinationalsozialistisches Grundprinzip, sondern auch auf alternative Begründungsmöglichkeiten zurückgreifen hätte können.

Dem Autor gelingt es, dem Leser, der sich bisher noch nicht mit dem antinationalsozialistischen Grundprinzip und den dazugehörigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere der Wunsiedel-Entscheidung, auseinandergesetzt hat, die Problematik und die Diskussion, die auch um die zugrundeliegende Norm des § 130 Abs. 4 StGB herrscht, näher zu bringen. Dabei gelingt es dem Autor aber auch die Problematik für die heutige Gesellschaft anklingen zu lassen.


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