Quantcast
Channel: Die Rezensenten
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717

Rezension: Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren

$
0
0
Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Auflage, Carl Heymanns 2019

Von RA Dr. Norbert Lösing, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Lüneburg


In der 12. Auflage des „Teplitzky“ findet der Leser eine erwartungsgemäß sorgfältige und gründliche Aufarbeitung der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche und Einwendungen (Teil 1) sowie eine praxisgerechte und umfassende Darstellung des Wettbewerbs¬verfahrensrechts (Teil 2: Die Durchsetzung der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche). Die Übersichtlichkeit des ursprünglichen Alleinautorenwerks ist auch in der zweiten, von einem Autorenteam unter der Herausgeberschaft von Bacherverantworteten Auflage geblieben. Teil 1 umfasst in drei Abschnitten das wettbewerbsrechtliche Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadens-ersatzrecht, Teil 2 behandelt in vier Abschnitten die Durchsetzung ohne Prozess, das Erkenntnisverfahren (aufgeteilt in zwei jeweils gleich nummerierte und titulierte Abschnitte), die einstweilige Verfügung und die Besonderheiten des Zwangsvollstreckungsrechts. Es folgen die Verzeichnisse mit EuGH und BGH-Entscheidungen sowie das Stichwortverzeichnis.

Die Übersichtlichkeit des Werkes wird vom Leser dankend aufgenommen. Die behandelte Materie und die Rechtsprechung sind nämlich keinesfalls so übersichtlich und klar strukturiert. Schon die genaue Abgrenzung zwischen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch ist problematisch und der Streit darüber nicht nur akademischer Natur. Schaub, Kessen und Büch müssen diese Aspekte immer wieder in ihren Kommentierungen berücksichtigen, was ihnen meisterhaft gelingt. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch sind auf konträre Verhaltensweisen gerichtet. Der erste geht auf das Verbot, der zweite auf das Gebot eines Tuns. Die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs richtet sich nach § 890 ZPO, der Beseitigungshandlung dagegen nach §§ 887, 888 ZPO. Hat die Verletzungshandlung einen andauernden Verletzungszustand hervorgerufen, bei der ein und derselbe Tatbestand zwei verschiedene selbständige und klar unterscheidbare Ansprüche auf Unterlassung einerseits und Beseitigung andererseits entstehen lässt (z.B. die Anbringung eines Ladenschildes mit rechtsverletzender Firma), so verschwimmen die Ansprüche und der Erfolg des Beseitigungsanspruchs kann auch im Wege der Vollstreckung eines Unterlassungstitels nach § 890 ZPO erreicht werden. Es entfällt dann allerdings die Möglichkeit der Konkretisierung auf die Vornahme bestimmter Handlungen. Noch stärker verschwimmen die Ansprüche in der neueren Rechtsprechung des BGH zum Umfang des Unterlassungsanspruchs. Demnach kann dieser Anspruch die Verpflichtung des Schuldners zur Einwirkung auf (selbständige) Dritte bis hin zum Rückruf umfassen, selbst wenn dem Schuldner keine entsprechenden rechtlich durchsetzbaren Ansprüche gegen den Dritten zustehen. Der Unterlassungsanspruch beschränkt sich danach keinesfalls auf ein „Nichtstun“, sondern umfasst gegebenenfalls Handlungspflichten bis zur Grenze des Zumutbaren. Bedenkt man die relativ einfache und schnelle Durchsetzbarkeit eines Unterlassungsanspruchs und den Gedanken, dass es im Wettbewerbsgeschehen im Ganzen mehr auf Prävention als auf Wiedergutmachung ankommt (Schaub), erscheint die Ausweitung des Unterlassungsanspruchs allerdings problematisch. Gerade im einstweiligen Verfügungsverfahren gibt es nämlich die „böse Kehrseite“ (Schwippert) in Form des § 945 ZPO. Hat eine erlassene und vollzogene einstweilige Verfügung keinen Bestand, birgt die Ausweitung des Unterlassungsanspruchs auf eine Pflicht zum Rückruf ein erhebliches Schadensersatzrisiko, welches für kleine Unternehmen existenzbedrohend sein kann.

Im „Teplitzky“ finden sich zu allen Fragen wettbewerbsrechtlicher Ansprüche und zu deren Durchsetzung die richtigen Antworten. Muss z.B. der Anspruchsschuldner identifiziert werden, reicht ein Blick in den Beitrag von Büch in Kapitel 14. Zu Rechtsfragen in Zusammenhang mit der Verjährung sind die Ausführungen von Bacher umfassend und praxisgerecht. Dabei werden zahlreiche Detailfragen, wie z.B. die Verjährung bei Einzelhandlungen, Dauerhandlungen und fortgesetzten Handlungen ebenso beantwortet wie die zur Wirkung eines Verjährungseintritts, der die Erhebung der entsprechenden Einrede voraussetzt, auf die Feststellung einer Begehungsgefahr für gleichartige Verstöße. Mit der schwierigen Problematik des wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzanspruchs und deren Berechnung setzt Schaub sich in sechs Kapiteln umfassend auseinander. Ein zusätzliches Kapitel widmet er der Gewinnabschöpfung, die nach h. M. ein Anspruch sui generis ist und kein Schadensersatzanspruch. Die oftmals der Geltendmachung des Schadensersatzes vorausgehende Geltendmachung des Auskunftsanspruchs wird von Büch in allen Details, einschließlich der Auseinandersetzung mit den Belangen des Verletzers und der eventuell notwendigen Interessensabwägung, in Kapitel 38 und hinsichtlich des Anspruchs auf Rechnungslegung in Kapitel 39 behandelt. Teil 1 endet mit den Darstellungen von Schaub zum Bereicherungsanspruch.

Waren die Darstellungen zu den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen und Einwendungen bereits umfassend, werden die Darstellungen zum Wettbewerbsverfahrensrecht ebenfalls dem Vollständigkeitsanspruch, den man unweigerlich an eine Publikation dieser Art stellt, gerecht. Der „Teplitzky“ lässt kein Problem unbehandelt bzw. ungelöst und begleitet den Leser bei seinem Gang durch die Besonderheiten des Wettbewerbsverfahrensrechts mit beeindruckender Souveränität und Ruhe. Nicht die Freude an der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit filigranen Rechtsfragen, sondern das pragmatische Aufzeigen der Fallstricke und die Hinweise auf die sich daraus ergebenden notwendigen Maßnahmen stehen im Mittelpunkt. Abmahnung, Verfahren vor den Einigungsstellen, Abschlussverfahren, Erkenntnisverfahren, Verfahren der einstweiligen Verfügung einschließlich der Rechtsbehelfe sowie Zwangsvollstreckungsverfahren werden jeweils in übersichtlichen Kapiteln dargelegt (z.B. Bacher, Kapitel 41: Die Abmahnung; Schwippert, Kapitel 46: Die Klage oder Feddersen, Kapitel 53: Einführung in die einstweilige Verfügung im Wettbewerbsrecht) und spezielle Probleme werden in ergänzenden Kapiteln detailliert herausgearbeitet. Neben grundsätzlichen Fragen wie dem Bestimmtheitserfordernis der Klageschrift (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und der daraus vom BGH hergeleiteten Unzulässigkeit der „alternativen“ Klagebegründung mit ihren Folgen für die Formulierung einer Eventualklage (Schwippert) werden z. B. gerade die im Wettbewerbsrecht besonders komplexen Aufgaben der Antragsformulierung gesondert behandelt. So ist die Formulierung des richtigen Antrags, der im Idealfall mit einem korrekt gefassten Urteilstenor übereinstimmen soll, oftmals die wichtigste und schwierigste Aufgabe für den Klägeranwalt. Hat er Kapitel 51 und 52 von Schwippertaus dem „Teplitzky“ gelesen und verinnerlicht, kann er diese Aufgabe mit Sicherheit erfolgreich bewältigen. Ebenso aufeinander aufbauend und praxisgerecht aufbereitet sind die Kapitel 53, 54 (Die besonderen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung), Kapitel 55 (Das summarische Verfahren und seine Entscheidung) und Kapitel 56 (Die Rechtsbehelfe und Verfahren gemäß §§ 926, 927 ZPO) von Feddersen. Hat man schließlich im Wettbewerbsverfahren einen Titel erlangt, kann man sich weiter auf die fachkundige Begleitung durch den „Teplitzky“ verlassen. Fragen zur Vollstreckung werden von Feddersenund Kessen abschließend beantwortet.

Wer in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten tätig ist, wird den „Teplitzky“ schnell schätzen lernen. Mit seiner Lektüre kann man sich Gewissheit für die richtige Vorgehensweise verschaffen und sich so die wünschenswerte Souveränität für ein erfolgreiches Verfahren aneignen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2717