Reinfeld, Das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, 1. Auflage, C.H. Beck 2019
Von Dr. Carina Wollenweber-Starke, LL.M., Wirtschaftsjuristin, Bad Berleburg
Das vorliegende Werk „Das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ des Autors Roland Reinfeld befasst sich mit dem Ende April 2019 in Kraft getretenen Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG), welches im Grunde eine Ablösung der § 17 – 19 UWG dargestellt. Es umfasst 7 Kapitel (§) auf insgesamt 245 Seiten.
Kapitel 1 befasst sich mit den Grundlagen und Grundbegriffen des GeschGehG und stellt mit seinen 60 Seiten das umfassendste Kapitel des Werkes dar. Der Leser erhält eine Einführung in die Thematik und erfährt, wie Geschäftsgeheimnisse vor dem Inkrafttreten des GeschGehG geschützt wurden (z.B. durch das völkerrechtliche TRIPS (S. 5 f.)) und welche Bedeutung das neue Gesetz hat. Darüber hinaus werden die Grundbegriffe des GeschGehG wie z.B. das Geschäftsgeheimnis an sich sehr detailliert erläutert (S. 27 ff.). Der Autor legt dabei auch einen Fokus auf die angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen, welche eine wesentliche Rolle spielen.
Im 2. Kapitel geht es um erlaubte und verbotene Handlungen wie Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen. Dem Whistleblower wird Kapitel 3 gewidmet. Die Ausnahmetatbestände greifen ggf. in Bezug auf die Meinungsfreiheit und die Aufdeckung von Missständen. Weiteres Thema ist u.a. die Kündigung von Whistleblowern. Der Autor stellt die zivilrechtlichen Ansprüche der §§ 6 ff. GeschGehG im 4. Kapitel vor. Dabei handelt es sich insbesondere um den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, aber auch um den Schadensersatzanspruch. Das recht kurze Kapitel 5 befasst sich mit den Einwendungen wie z.B. der Unverhältnismäßigkeit und dem Missbrauchsverbot. Das 6. Kapitel geht auf das Verfahrensrecht der §§ 15 bis 22 GeschGehG ein. Somit geht es u.a. um die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte. Im 7. und somit letzten Kapitel behandelt der Autor das Geschäftsgeheimnisstrafrecht aus § 23 GeschGehG. Thematisiert werden insbesondere die Betriebsspionage und der Geheimnisverrat. Insgesamt ist somit deutlich erkennbar, dass sich der Autor auch am Aufbau des Gesetzes orientiert.
Besonders gelungen ist, dass sowohl das „Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ (GeschGehG) als auch die dazugehörige „Richtlinie 2016/943 EU vom 8. Juni 2016“ inkl. ihrer 40 Erwägungsgründe im Anhang abgedruckt sind, sodass sich der Leser die Normen direkt anschauen kann und keine zweites Medium benutzen muss.
Soweit möglich zieht der Autor Parallelen zwischen den alten Normen des UWG und dem neuen GeschGehG (z.B. S. 187). U.a. bei der Definition des Geschäftsgeheimnisses (S. 24 ff.) und bei den Handlungsformen (S. 61) werden alt und neu verglichen, sodass der Leser die Änderungen leicht nachvollziehen kann. Es stellt sich allerdings die Frage, ob der Autor mithilfe z.B. einer Tabelle eine noch bessere Gegenüberstellung hätte erreichen können.
Darüber hinaus existieren immer wieder Hinweise zu Parallelvorschriften, z.B. aus dem UrhG, PatG und MarkenG (z.B. S. 113, 118), und erleichtern dem Leser das Verständnis. Mitunter geht der Autor auch auf Unterschiede ein (z.B. S. 138 zum Missbrauchsverbot).
Parallelen zum Datenschutzrecht und insbesondere der DSGVO wird der Leser leider vergebens suchen. Dabei wäre es z.B. bei Geheimhaltungsvereinbarungen und Zugangsbeschränkungen möglich, Synergieeffekte zu generieren.
Der Autor zeichnet den genauen Gang des Gesetzgebungsverfahrens nach (S. 12 f.). Dazu gehören als erwähnenswerte Zusätze u.a. das Ende der ersten Lesung sowie die Namen der Sachverständigen. Auch sind Auszüge aus der Gesetzesbegründung abgedruckt (z.B. S. 18), welche dem Leser die Hintergründe des neuen Gesetzes näherbringen. Besonders interessant sind ebenfalls die Zahlen zu Studien wie z.B. zur Zutrittskontrolle (S. 22).
Im Abschnitt „Geschäftsgeheimnisse von A bis Z“ (S. 37 ff.) werden stichwortartig mögliche Geschäftsgeheimnisse inkl. ggf. bestehender Urteile aufgelistet, z.B. Angebotsunterlagen, Gehaltslisten, Geschäftspläne, Preisberechnungen und Umsatzzahlen. Dies ist für die Praxis von besonderer Bedeutung.
Der Autor gibt dem Leser darüber hinaus Praxistipps, welche als solche auch explizit bezeichnet werden (z.B. S. 10). Ganz konkrete Beispiele für angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen wie bspw. Musterklauseln für Arbeitsverträge oder eine Muster-Geheimhaltungsvereinbarung sind leider nicht vorhanden, obwohl diese einen weiteren Praxisbezug geliefert hätten. Allerdings werden zumindest ein paar Maßnahmen für die IT-Sicherheit aufgelistet (S. 50). Insgesamt wäre ein Ausbau dieses Bereiches in der nächsten Auflage wünschenswert für den praxisorientierten Leser.
Der Autor erläutert mitunter seine Vorgehensweise (z.B. S. 83 f.), sodass sich der Leser darauf einstellen kann. Gelungen sind u.a. die Wiederholungen, welche dem besseren Verständnis dienen (z.B. S. 63 zu den Handlungsformen). Für den Leser wären ggf. auch Schemata sehr hilfreich. Z.B. könnte ein Prüfungsaufbau zur Aufdeckung von Missständen eingebracht werden (S. 91). So muss sich der Leser mit einem Fließtext auseinandersetzen.
Zielgruppe sind die von der Neuregelung betroffenen Unternehmen sowie deren interne und externe Rechtsberater wie insbesondere Compliance-Beauftragte, Unternehmensjuristen und Anwälte. Das Werk richtet sich aber auch an Richter der ordentlichen und Arbeitsgerichtsbarkeit und an sonstige Interessierte. Vorkenntnisse insbesondere zu UWG, zur ZPO und zum Recht von Immaterialgütern wie dem Urheberrecht sind von großem Vorteil für den Leser.
Das Werk arbeitet mit Randnummern, sodass präzise Verweise möglich sind. Auch finden sich Verweise innerhalb des Werkes (z.B. S. 62 f. auf die Handlungsformen). Besonders wichtige Wörter werden durch Fettdruck hervorgehoben. Aufgrund der angenehmen Dicke der Seiten ist auch ein eigenständiges Markieren möglich.
Mithilfe von Inhaltsübersicht, Inhalts- und Sachverzeichnis sowie Kopfzeile findet sich der Leser sehr schnell zurecht. Das Sachverzeichnis ist mit seinen 25 Seiten zudem sehr feingliedrig. In den Fußnoten befinden sich die jeweiligen Quellen. Bei Bedarf ist der Leser demnach in der Lage, tiefer gehende Nachforschungen anzustellen. Das Werk befindet sich auf dem Stand Juni 2019, sodass auch bereits die ersten Veröffentlichungen nach dem Inkrafttreten des GeschGehG berücksichtigt werden konnten. Abkürzungs- und Literaturverzeichnis sind zusammengefasst. Um einen Einblick in die einschlägige Literatur zu erhalten, muss der Leser genauer hinsehen. Im Abkürzungsverzeichnis sind leider nicht alle Abkürzungen erfasst (z.B. S. 44: „CRM“).
Fazit: Insgesamt handelt sich um eines der ersten Werke zum neuen GeschGehG. Der Autor führt sehr verständlich in das neue Recht ein und gibt auch zahlreiche Hintergrundinformationen. Besonders gelungen sind die vielen Vergleiche zum „alten“ UWG sowie zu den Parallelvorschriften aus dem Immaterialgüterrecht. Die Anhänge (GeschGehG und die entsprechende EU-Richtlinie) erweisen sich als sehr sinnvolle Ergänzung. Für den praxisorientierten Leser wären Ergänzungen in Richtung Musterklauseln und weitere Beispiele für eine zweite Auflage wünschenswert. Darüber hinaus könnte der Autor die Darstellung ggf. durch Schemata und Tabellen verbessern. Nichtsdestotrotz kann das vorliegende Werk dem interessierten Leser empfohlen werden, um sich fundiertes Wissen zum neuen GeschGehG anzueignen.