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Rezension: Strategien bei der Teilungsversteigerung des Familienheims

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Kogel, Strategien bei der Teilungsversteigerung des Familienheims, 4. Auflage, Gieseking, 2019

Von Rechtsanwältin Susanne Schneider, Helmstedt



2017 wurden in Deutschland durch richterlichen Beschluss 153.500 Ehen geschieden, teilt das Statistische Bundesamt auf seiner Internetseite (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2018/07/PD18_251_12631.html) mit.
Weiter wird mitgeteilt, dass die Zahl der Scheidungen -gegenüber 2016- um knapp 9000 oder 5,5 % zurückgegangen ist. Dennoch stellt sich für viele Ehepaare im Falle der endgültigen Trennung die Frage: Was machen wir mit unserer gemeinsamen Immobilie, dem bisherigen Familienheim? Für die meisten Familien ist es der größte Vermögensgegenstand. Wie kann eine sinnvolle Auseinandersetzung aussehen? Vorbildlich wäre eine gemeinsame Einigung. Jedoch gelingt dies nicht allen Eheleuten in der Trennungsphase und die Praxis, vom möglichen einvernehmlichen gemeinsamen Verkauf, bis hin zur Übertragung des Miteigentumsanteils nebst Ausgleichszahlung aufgrund notarieller Scheidungsfolgenvereinbarung, sieht oftmals anders aus. Manchmal weigert sich ein Ehegatte dem Verkauf oder der Übertragung zuzustimmen. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Ist die Gesprächsbereitschaft nicht mehr gegeben, bleibt oft nur die Auseinandersetzung der Eigentumsanteile im Wege der Durchführung einer Teilungsversteigerung. 

Nach der 1. Auflage im Jahr 2012 erscheint nun bereits die 4., völlig neu bearbeitete Auflage des bemerkenswerten Buches. Es umfasst aktuell 374 Seiten. Der Autor hat die neue Rechtsprechung und Literatur bis Dezember 2018 berücksichtigt und möchte sich, nach seinen Ausführungen im Vorwort, hauptsächlich an die Anwaltschaft richten. Das Buch enthält jedoch wertvolle und zahlreiche Praxistipps sowie Muster, so dass das Buch uneingeschränkt für Rechtspfleger und Richter empfohlen werden kann.

Das Buch ist insgesamt in zehn (10) Kapitel (Ausgangslage, Anordnung des Verfahrens, Einstellungsmöglichkeiten, Beitritt zum Verfahren, Wertermittlung, Vorbereitung des Versteigerungstermins, der Versteigerungstermin, Erlösverteilung, Kosten und Rechtsbehelfe) gegliedert. Inhaltlich ist das Buch gut strukturiert und sehr gut lesbar. Das oft undurchsichtige, und damit schwierige ZV-Verfahren, wird angenehm und verständlich auf höchstem Niveau bearbeitet. Unter dem Stichwort: Ausgangslage erfasst der Autor dabei die rechtliche Ausgangslage der Miteigentümer nebst möglicher Probleme durch Belastungen des Miteigentumsanteils, das Problem des § 1365 BGB bei der Zugewinngemeinschaft sowie Rechtsansprüche Dritter und die Rechtslage bei noch nicht rechtskräftiger Ehescheidung unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung. Insbesondere bei der zeitnahen Auseinandersetzung von Miteigentumsanteilen, bei noch nicht rechtskräftig geschiedenen Eheleuten, zeigt der Autor rechtliche Möglichkeiten (Abwehrstrategien) auf, wie eine Teilungsversteigerung doch noch zeitnah erfolgen kann (Rn. 114).

Walter Kogel, selbst erfahrener Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, führt aus, wie man strategisch gut für seinen Mandanten das Versteigerungsverfahren nutzen oder als Antragsgegner „bekämpfen“ kann. Denn es gibt zwischen den Eheleuten zwangsläufig -nach dem Scheitern der Gesprächsbereitschaft- gegenläufige Interessen: Zum einen der günstige Eigenerwerb oder aber die Absicht möglichst hochpreisig an einen Dritten zu veräußern. Sollten die unter Kapitel 3 aufgezeigten Einstellungsmöglichkeiten des Antragsgegners (Rn. 210, tabellarischer Überblick) dennoch scheitern, zeigt der Autor auch Strategien zur Aufhebungsmöglichkeit des konkreten Einzelverfahrens auf. Dem Herausgeber gelingt es vorbildlich, die Probleme darzustellen und Lösungen für die Mandanten in jedem Stadium des Verfahrens zu erarbeiten. Hierbei seien besonders die Darstellungen im vierten Kapitel zum Beitritt des Verfahrens zu erwähnen, ab Seite 105 ff. Der Autor räumt mit anwaltlichen Beratungsfehlern auf, wobei mir die optisch hervorgehobenen Praxistipps, fortlaufenden Beispielfälle und Musterformulierungen besonders gut gefallen haben. Ebenfalls absolut lesenswert ist der Abschnitt über den Versteigerungstermin nebst der Zuschlagsversagungsgründe, Rn. 571 ff. Der Autor geht dabei gesondert auf die Besonderheiten beim Familienheim, ab Seite 250 ein. Er erörtert die Problematik des kollusiven Zusammenwirkens des „böswilligen Ehepartners“ mit Dritten zur Verzögerung der Räumung und geht dabei auch auf die Neufassung des § 940 a ZPO ein.

Unter der Überschrift Kosten gibt der Autor ebenso Hinweise auf die Rechtsanwaltsvergütung für die Betreuung von Mandanten im Teilungsversteigerungsverfahren, wobei klar wird, dass ein angemessene anwaltliche Vergütung unter Berücksichtigung der schwierigen Materie und des Haftungsrisikos mit gesetzlichen Gebühren kaum zu erreichen ist, wie in vielen anderen Rechtsgebieten leider auch.

Abschließend ist festzuhalten, dass mich dieses Buch nachhaltig beeindruckt hat. Dem Autor ist es gelungen, eine schwierige und unliebsame Rechtsmaterie praxisnah und leicht verständlich aufzuarbeiten. Ich freue mich, dieses Buch in meinem persönlichen Bestand zu wissen, denn es ist großartig geschrieben. Eine unverzichtbare Arbeitshilfe für einen absolut fairen Preis!


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