Assies / Beule / Heise / Strube, Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage, Carl Heymanns 2019
Von RA Dr. Tilman Schultheiß, Dresden
Einer der Klassiker und auch praktisch sehr bedeutsamen Handbücher ist nunmehr in der 5. Auflage erschienen. Das Konzept des Buches orientiert sich an der Fachanwaltsordnung für die Fachanwälte im Bank- und Kapitalmarktrecht. Konsequent behält deshalb auch die Neuauflage ihre bisherige Praxis bei, in das Autorenteam ausschließlich praktisch tätige Rechtsanwälte aufzunehmen. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Handbuch nicht auch für Praktiker außerhalb der Anwaltschaft oder im Rahmen der Schwerpunktausbildung für Studenten/Referendare hilfreich und empfehlenswert wäre – mittlerweile hat sich das Werk in diesem Bereich völlig zu Recht als ein Standardwerk etabliert. Das erklärte Ziel der Neuauflage sind neben der Berücksichtigung der jüngeren Entwicklung in der Rechtsprechung und Gesetzgebung insbesondere die praktischen Implikationen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie sowie die weitere Entwicklung des Widerrufsrechts. Im Bereich des Darlehenswiderrufs haben sich seit der Vorauflage aus dem Juli 2015 zwar die Fallzahlen im gerichtlichen und außergerichtlichen Bereich erheblich reduziert und sie sind weiterhin rückläufig; doch hier findet noch immer eine sehr umfangreiche Entwicklung der Rechtsprechung statt, weshalb das Anliegen des Handbuchs insoweit berechtigt ist. Erhebliche Umwälzungen haben sich im Zuge der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ergeben, welche ebenfalls berücksichtigt sind.
Das Handbuch gliedert sich in neun Kapitel (Organisation und Rechtsrahmen, Kontoführung, Zahlungsverkehr, Darlehens- / Kreditrecht, Kreditsicherungsrecht, Kapitalanlage in Sparformen, Kapitalanlage in Wertpapieren / außerbörsliche Finanztermingeschäfte / alternative Investments und Investmentfonds, Immobilien und weitere Anlagemöglichkeiten / insbesondere Grauer Kapitalmarkt, Mandat und Prozessführung im Bank- und Kapitalmarktrecht). Der Aufbau richtet sich damit nicht streng nach der (auch) in diversen Handbüchern durchaus üblichen Zuordnung anhand verschiedener Rechtsgebiete / Normen. Vielmehr ist der Aufbau eher sachbezogen auf bestimmte, praktisch zusammenhängende Themenkomplexe, welchen dann die einzelnen Rechtsgebiete zugeordnet werden – so wird das KAGB beispielsweise unter dem Aspekt der Kapitalanlage in Investments neben der Kapitalanlage in Wertpapieren mit behandelt, was aus praktischer Sicht überzeugend ist, da diese Anlagen unabhängig von den betroffenen z. T. unterschiedlichen spezialgesetzlichen Regelungen von demselben Berater/innerhalb desselben Beratungsgesprächs empfohlen werden und deshalb auch denselben Grundsätzen der Rechtsprechung für Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung unterliegen (die freilich hinsichtlich einzelner Anforderungen und Rechtsfolgen abhängig von den betroffenen Normgebieten variieren können). Eine Besonderheit dieses Handbuchs stellt das letzte Kapitel über Mandat und Prozessführung im Bank- und Kapitalmarktrecht dar – hier werden typische Themen aus der praktischen Tätigkeit der im Bank- und Kapitalmarktrecht tätigen Anwaltschaft behandelt.
Ich habe mir zwei Kapitel näher angesehen. Zunächst habe ich mir das Kapitel zum Kreditsicherungsrecht angesehen. Diesbezüglich ist bereits die schiere Breite der angesprochenen Themen sehr positiv hervorzuheben, die von klassischen Personal- und Realsicherheiten bis hin zu atypischen Kreditsicherheiten reicht und somit jedem Praktiker einen sehr guten Überblick und Einblick über die maßgeblichen Probleme ermöglicht. Erfreulich ist, dass in diesem Kapitel bereits zahlreiche Verweise auf neuere Rechtsprechung und Literatur eingeflossen sind, die sich seit der Vorauflage von Juli 2015 ergeben haben. Die einzelnen Abschnitte (Bürgschaft / Mitverpflichtung, Sicherungsübereignung, Einzel- / Globalzession, (Sicherungs-)Grundschuld, Pfandrechte / AGB-Pfandrecht, atypische Kreditsicherheiten, Übersicherung und Sicherheitenfreigabe, Verwertung von Mobiliarsicherheiten vor/in der Insolvenz, Zwangsversteigerung / (Instituts-)Zwangsverwaltung bei Immobilien) sind jeweils übersichtlich und mit dem Blick auf das Wesentliche in meinen Augen sehr ziel- und praxisorientiert aufgebaut. Der Leser kann sich hier gut orientieren und gelangt schnell an die gesuchten Informationen. Sehr wichtig und hilfreich sind auch die Hinweise zur Verwertung der Sicherheiten am Ende des Kapitels 5. Hierbei wird nicht nur der grundsätzliche Ablauf dargestellt, sondern es werden daneben auch die typischerweise auftretenden kritischen Aspekte im Kontext mit der Verwertung abgehandelt, wie beispielsweise die Krise von Schuldnern. Zudem finden sich in diesem Abschnitt auch hilfreiche Fallbeispiele, was die Darstellung und das Verständnis erheblich erleichtert. Sehr hilfreich ist des Weiteren auch die Darstellung der Zwangsversteigerung von Immobilien, die von einem herausragenden Experten (insbesondere) dieser Materie – Clemens Clemente– dargestellt wird.
Des Weiteren angesehen habe ich mir das Kapitel zur Kapitalanlage in Wertpapieren, außerbörsliche Finanztermingeschäfte und alternative Investments und Investmentfonds. Ein solches Kapitel stellt den jeweiligen Autor schon deshalb vor eine besondere Herausforderung, weil hier aufsichtsrechtliche wie zivilrechtliche Aspekte ebenso ineinandergreifen wie nationale Normen und unionsrechtliche Normen. Hinzu kommen die schon vielfach abgehandelten, aber jüngst noch einmal durch den BGH bestätigten Wechselwirkungen zwischen dem Aufsichtsrecht (insbesondere WpHG) und dem Zivilrecht. Zudem ist das bloße Volumen der zu betrachtenden Entscheidungen aus dem Bereich der Kapitalanlage beträchtlich und dessen zielorientierte Auswertung und Darstellung eine schon häufiger gescheiterte Zielstellung. Dem vorliegenden Handbuch gelingt der Spagat zwischen Straffung/Übersichtlichkeit auf der einen und der erforderlichen Detailtiefe auf der anderen Seite. Auch hier ist hervorzuheben, dass dies kaum gelingen kann, wenn man sich dieser Materie ausschließlich theoretisch annähert – gerade die praktische Relevanz in der forensischen Tätigkeit ist hier ein guter Kompass bei der gebotenen Selektion. Es existieren leider zahlreiche Beispiele für – inhaltlich und dogmatisch sicherlich einwandfreie – Darstellungen zur Anlageberatung, die sich seitenweise mit Details etwa zum Zustandekommen des Anlageberatungsvertrages oder zu dem theoretischen Inhalt und Umfang der Explorations- und Informationspflichten auseinandersetzen – erfahrungsgemäß Aspekte, die in gerichtlichen Entscheidungen selten mehr als einen Satz beanspruchen und dementsprechend praktisch bisweilen uninteressant sind. Man mag das für gut befinden oder nicht – der Praktiker muss diese Determinanten hinnehmen und er sucht deshalb auch ein Handbuch, das dem gerecht wird. Das Kapitel berücksichtigt hier gegenüber der Vorauflage sämtliche Neuerungen infolge der MiFID II. Die Abschnitte zur Anlageberatung sind in der aktuellen Auflage ebenfalls auf den neuesten Stand der Rechtsprechung gebracht, was die Recherche zu einzelnen Problemen erheblich erleichtert.
Insgesamt halte ich die Neuauflage des Handbuchs des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht – wie auch seine Vorgänger – nach wie vor für eine unverzichtbare Hilfe in der täglichen Praxis der damit befassten Anwälte (aber auch der sonstigen Praktiker sowie Studierende des Schwerpunktbereichs). Auch die 5. Auflage ist daher zu empfehlen.