Meyer-Goßner / Schmitt, Strafprozessordnung mit GVG und Nebengesetzen, 62. Auflage, C.H. Beck 2019
Im Verlag C.H. Beck erscheint in 62. Auflage mit Stand zum 1.3.2019 der Handkommentar zur Strafprozessordnung, herausgegeben von Lutz Meyer-Goßnerund Bertram Schmitt.
Abermals wird das Werk neben Schmitt von Marcus Köhler bearbeitet, der nunmehr zusätzlich zu seiner bisherigen Verantwortung auch die Kommentierung der §§ 94-111a StPO übernommen hat.
Im Gegensatz zu mancher Vorauflage mussten sich die Bearbeiter „nur“ mit dem Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Anwesenheit in Hauptverhandlung (BGBl. I 2018, S. 2571) sowie mit dem Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 18.12.2018 (BGBl. I 2018, S. 2639) beschäftigen. Bereits im Vorwort erwähnt Schmitt berechtigt, der Schwerpunkt der Neuauflage liege in einer Konsolidierung und Vertiefung der zahlreichen Neukommentierungen, die aufgrund der Gesetzesänderung des Vorjahres erforderlich waren.
Freilich waren darüber hinaus zahlreiche (zum Teil äußerst grundlegende) Entscheidungen zu berücksichtigen. Genannt sei insoweit etwa das Urteil des 1. Strafsenats des BGH vom 6.3.2018 (1 StR 277/17 = NStZ 2019, 36) zur Verletzung der Aussagefreiheit auch außerhalb von Vernehmungen nach §§ 136, 136a StPO. Ebenso ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.1.2019 (2 BvR 2429/18 = NJW 2019, 915) zum Beschleunigungsgrundsatz bei Haftsachen, der Verhandlungsdichte sowie der Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen zu erwähnen.
Die Bearbeitung umfasst mittlerweile 2603 Seiten, ist also um 6 Seiten gewachsen.
Wie aus allen Vorauflagen gewohnt beginnt die Darstellung (nach einer Übersicht vor längeren Erläuterungen) zumeist mit Entstehungsgeschichte und Überblick, worauf die eigentlichen Erläuterungen stets strukturell eng an den Normen orientiert erfolgen. Zitate sind auf wesentliche Entscheidungen beschränkt. Obgleich das Werk nicht mit Fußnoten arbeitet, wird dadurch die Lesbarkeit des mitnichten beeinträchtigt. In Fettdruck finden sich lediglich wenige bedeutsame Schlagworte.
Die größte Stärke des Werkes liegt (ohne die wissenschaftliche Bedeutung kleinreden zu wollen) freilich in der Aktualität der Kommentierung. So stellt es sicher keinen Kritikpunkt dar, wenn sich der Kommentar etwa zu § 24 StPO, der Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit, nicht mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10.1.2019 (5 StR 648/18 = NStZ 2019, 223) beschäftigt. Notwendig in Anbetracht des Kommentierungsumfangs ist insoweit nämlich stets, sich auf das Wesentliche zu beschränken und lediglich wichtigste praxisrelevante Entscheidungen zu zitieren.
Der Handkommentar dient dem juristischen Praktiker bei seiner täglichen Arbeit als „Sofort-Nachschlagewerk“. Entsprechend darf infolge des begrenzten Umfangs von rund zweieinhalbtausend Seiten und der jährlichen Aktualisierung nicht verkannt werden, dass eine eingehende Beschäftigung mit nicht alltäglichen Rechtsfragen nicht erwartet werden kann. So wird etwa die Problematik verweigerten rechtlichen Gehörs vor Erlass eines Strafbefehls lediglich angedeutet (§ 407 Rn. 24). Insoweit finden sich jedoch stets Hinweise, die eine Vertiefung ermöglichen.
Eine einzige Ungenauigkeit findet sich in der Kommentierung zu § 52 Rn. 5a. Das zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern eingegangene Versprechen, eine Lebenspartnerschaft zu begründen, entfaltet seit dem 1.10.2017 keine Wirkung mehr, da diese Möglichkeit aus Rechtsgründen weggefallen ist (BT-Drs. 19/4670, S. 26, 35). Entsprechend ist die Vorgängerregelung des § 52 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StPO gänzlich in Wegfall geraten. Der Satz „Die Vorschriften über das Verlöbnis nach §§ 1297 ff. BGB gelten für die Lebenspartnerschaft entsprechend (§ 1 III S 2 LPartG), sodass insoweit auch ein Zeugnisverweigerungsrecht nach Nr 1 besteht“ stellt sich demnach als fehlerhaft heraus.
Von dieser (marginalen) Kritik abgesehen, bewältigen es Bertram Schmittund Marcus Köhler in einem bewundernswerten Arbeitseinsatz, die Kommentierungen zur Strafprozessordnung, dem GVG, dem EGStPO, dem EGGVG, dem EGStGB sowie die der EMRK und dem StrEG in höchster Präzision und zugleich infolge von Umfang und Aktualität praxistauglicher als jedes andere Werk darzubieten.
Um damit zu einem Fazit zu gelangen: ein aus der strafrechtlichen Praxis nicht wegzudenkendes alltägliches Arbeitsmittel, das keiner strafjuristischen Bibliothek in stets aktueller Auflage fehlen darf.