Hilber / Knorr / Müller / Schilling / Wurth, Deutsche Tochter im Internationalen Konzern, Rechtshandbuch für die Praxis, 1. Auflage, C.H. Beck 2019
Von Rechtsreferendar am Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Konstantin Georg Manus, LL. M. (Stellenbosch), Frankfurt a. M.
Bei einer deutschen Konzerntochter mit einer ausländischen Mutter sind Konflikte vorprogrammiert. Das zu rezensierende Werk stellt ein neuartiges Handbuch dar, das erfolgreich eine Darstellung darüber bietet, wie an diese potentielle Konflikte heranzugehen ist. Die Autoren der ersten Auflage bilden ein Team von acht Experten einer Kanzlei, die ihren reichen Erfahrungsschatz gebündelt haben, um erprobte Lösungswege in rechtsübergreifender Manier aufzuzeigen.
Das Konstrukt eines internationalen Konzerns beinhaltet per definitionemeine wirtschaftliche Aktivität über nationale Grenzen hinweg. Die Schaffung von Konflikten, durch die Anwendung von unterschiedlichen Rechtsvorschriften und Rechtskulturen, ist dieser Aktivität immanent. Das vorliegende Werk beabsichtigt exakt dieses Problemfeld auf die wirklich relevanten Fragen zu reduzieren und dem Adressaten verschiedene Antworten zu bieten, um divergierende ausländische Erwartungshaltungen und zwingende rechtliche Anforderungen des deutschen Rechts in Einklang zu bringen.
Im Jahr 2016 gehörten rund 32531 Unternehmen zu einer Muttergesellschaft mit Auslandssitz. Diese Unternehmen machten zwar nur 1,3 % aller Unternehmen aus, sie erzielten jedoch insgesamt etwa 25% der Brutto-Wertschöpfung, 24% der Brutto-Investitionen sowie rund 24% der Umsätze. Zudem beschäftigen diese 11% der in Deutschland tätigen Personen. Folglich ist die Bedeutung für Wirtschaft und Arbeitsmarkt deutlich höher anzusiedeln, als es ihrem Anteil an der Zahl der Unternehmen entspricht. Den größten Anteil der ausländisch kontrollierten Unternehmen haben Muttergesellschaften in Asien (rund 9 %). Unter anderem hieraus resultiert die Notwendigkeit das titelgebende Thema im Hinblick auf sechs verschiedene Rechtsgebiete zu durchleuchten.
Das Rechtshandbuch wird demgemäß zunächst durch ein gesellschaftsrechtliches Kapitel (A.) eingeleitet. Einen besonderen Stellenwert erfährt hier die Konzernfinanzierung im internationalen Verbund durch Cash-Pooling (S. 57 ff.). Dem Leser werden die Besonderheiten des Cash-Pools kurz und prägnant erläutert. Abschließend liefert Schilling in perfektionierter Lakonik eine Checkliste für die konkrete Ausgestaltung von Cash-Pool-Verträgen (S. 61).
Insgesamt ist die hervorzuheben, dass die Autoren versuchen zahlreiche Probleme in ihrem Werk zu verarbeiten, um eine bestmögliche Hilfestellung anzubieten. Die Probleme werden nicht breit dargestellt, sondern fokussieren sich auf Konzernsachverhalte und einen potentiellen Lösungsansatz. Im Arbeitsrecht (B.) geht Wurth daher nicht nur auf klassische Probleme, wie den Betriebsübergang nach § 613a BGB ein, sondern gleichermaßen auf die (Kampf-)Mittel zur Durchsetzung der Restrukturierung einer deutschen Tochter im internationalen Konzern (S. 117). Sollte ein Leser den Reiz verspüren beispielsweise diese etwas kurz abgehandelte Thematik zu vertiefen, bieten die entsprechenden Fußnoten und ein Schaubild ausreichend Nährboden.
Das umfangreichste Kapitel ist dem Steuerrecht (C.) gewidmet. Es findet eine Aufteilung in sieben Unterkapitel statt, die im Vergleich zum Rest des Werkes eine sehr detaillierte Handschrift tragen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit hat der Leser die Möglichkeit sich mit dem Thema Datenschutz (D.) und Kartellrecht (E.) auseinanderzusetzen. Insbesondere wird das Datenschutzniveau im Vergleich zu den USA aufgearbeitet (S. 263 ff.). Die Lektüre des Kapitels ermöglicht dem Leser einen straffen und fokussierten Überblick über den datenschutzrechtlichen Status Quo.
Das letzte Kapital befasst sich mit der übergeordneten Thematik der Compliance (F.). Auf knapp 40 Seiten zielen Müller und Seulen darauf ab, Konfliktlagen im internationalen Konzern aufgrund voneinander abweichender Compliance-Anforderungen aufzuzeigen. Es wird festgestellt, dass man in der Regel nur einer Rechtsordnung gerecht werden kann (S. 391). Diese realistische und missliche Situation führe dazu, dass ein solcher Konflikt kaum völlig aufzulösen sei. Nichtsdestotrotz wird dem Leser eine Herangehensweise angeboten, um Konfliktlagen zu erkennen, um die interne Compliance in Konzerngesellschaften bestmöglich zu vermeiden. (vgl. S. 356 i.V.m S. 391). Hierdurch konfrontieren die Autoren den Leser mit der zwangsläufigen Tatsache, dass es sich bei jedem Konflikt um einen Einzelfall handelt.
Zusammenfassend wird das Ziel verfolgt Mitarbeiter der Geschäftsleitung oder Rechtsabteilung internationaler Unternehmen mit Tochtergesellschaften in Deutschland, Rechtsanwälte, Steuerberater oder Unternehmensjuristen eine konzentrierte, anwendungsgerechte Handhabung der wirklich relevanten Konflikte aufzuzeigen. Diesem Anspruch wird das Autorenteam zweifellos gerecht. Ein Anschaffung, die in den richtigen Händen einen erheblichen Nutzen haben kann. Demnach vertritt der Rezensent die Auffassung, dass das Werk für einen Preis von ca. 100,-€ definitiv eine bereichernde Lektüre für die benannten Adressaten darstellt.