Schmitt / Herrmann, Vertragsklauseln im Wirtschaftsrecht, 1. Auflage, C.H.Beck 2019
Von Dr. Carina Wollenweber-Starke, Wirtschaftsjuristin, LL.M., Bad Berleburg
Das vorliegende Werk „Vertragsklauseln im Wirtschaftsrecht“ der Autoren Christoph Schmitt und Sebastian Herrmann trägt den Untertitel „Musterformulierungen mit Erläuterungen“ und umfasst 203 Seiten inklusive Sachverzeichnis. Es ist in 3 Teile und insgesamt 38 Kapitel (§) gegliedert, wobei Teil 1 mit 3 Kapiteln eine sehr kurze Einleitung darstellt. Kapitel 1 „Grundsätze der Vertragsgestaltung“ umfasst nur 1 Seite und ist daher sehr allgemein gehalten. Das 2. Kapitel beschäftigt sich mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und demnach u.a. mit dem Begriff des Aushandelns. Im 3. Kapitel widmen sich die Autoren insbesondere dem Transparenzgebot und der Inhaltskontrolle.
Teil 2 befasst sich mit allgemeinen Musterklauseln und bildet mit insgesamt 30 Kapiteln den Schwerpunkt des Werkes. Dabei orientiert sich dieser Teil am Aufbau eines Vertrages. Die für Verträge wichtigen Bereiche und allgemeinen Klauseln werden thematisiert wie z.B. Preisanpassung, Gewährleistung, Haftungsausschluss, Eigentumsvorbehalt, Verjährung, Rechtswahl, Gerichtsstand, Schriftform, Salvatorische Klausel.
Kapitel 9 trägt die Überschrift „Gewährleistung“. Darin enthalten sind auch eine Musterklausel zur Verjährung sowie Erläuterungen zu dieser im Zusammenhang mit der Gewährleistung. Kapitel 25 beinhaltet die Verjährung ohne Bezug zur Gewährleistung. Es stellt sich die Frage, ob die Aufteilung der Verjährung in 2 Kapitel für den Leser sinnvoll ist oder ob die Verjährung besser in einem Kapitel behandelt werden sollte.
Kapitel 16 befasst sich mit der Bürgschaftserklärung und unterscheidet sich damit vom Rest der Musterklauseln, welche hauptsächlich Anwendung in AGB finden.
In Kapitel 23 geht es um Geheimhaltungsklauseln. Leider findet das neue Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) gar keine Erwähnung, obwohl insbesondere die zugrundeliegende Richtlinie bereits bei Drucklegung bekannt war. Zumindest der Stand des Gesetzesvorhabens und die Tatsache, dass § 17 UWG in Zukunft nicht mehr benötigt wird (S. 134), hätte genannt werden können.
Kapitel 24 befindet sich zwar in Teil 2, befasst sich allerdings mit dem exklusiven Alleinvertriebsrecht eines Vertragshändlers und gehört damit eigentlich in Teil 3.
Das 28. Kapitel widmet sich der Rechtswahl und dem UN-Kaufrecht. Zwar wird das UN-Kaufrecht ausgeschlossen, aber es wird keine ausreichende Begründung geliefert. Die Autoren erwähnen lediglich, dass es eine Einzelfallfrage und davon abhängig sei, ob der Verwender Käufer oder Verkäufer ist (S. 153). Hier wäre es hilfreich für den Leser gewesen, wenn zumindest ein paar Vor- und Nachteile des UN-Kaufrechts erwähnt worden wären.
Der 3. Teil widmet sich besonderen Klauseln im Arbeits- und Vertriebsrecht und fällt mit seinen 5 Kapiteln ebenfalls recht kurz aus. Thematisiert werden u.a. der Freistellungs- und der Versetzungsvorbehalt im Arbeitsvertrag sowie Rücknahmepflichten und -rechte bzgl. der gekauften Waren im Vertragshändlervertrag.
Bei den Teilen 2 und 3 lässt sich der gleiche Aufbau eines Kapitels erkennen: Zuerst werden die entsprechenden Musterklauseln genannt, welche im Anschluss von den Autoren erläutern werden. Eine Ausnahme stellt Kapitel 25 „Verjährung“ dar, bei welchem die Klauseln in Kapitel 9 „Gewährleistung“ enthalten sind.
Die empfohlenen Musterklauseln werden durch Fettdruck hervorgehoben. Besonders gelungen ist, dass die positiven Beispiele durch ein Piktogramm mit einem Daumen nach oben und durch Fettdruck gekennzeichnet sind, während sich Negativbeispiele durch ein Piktogramm mit einem Daumen nach unten auszeichnen. Einige Negativbeispiele enthalten eine Quellenangabe (z.B. S. 75 zur Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen). Der umliegende Text erläutert, was an der konkreten Klausel nicht empfehlenswert ist (z.B. S. 27 zur Leistungsänderung). Dies ist sehr aufschlussreich für den Leser. Alle Klauseln und Beispiele werden durch einen Rahmen vom restlichen Text abgegrenzt. Zusätzlich existieren Praxistipps, die von den Autoren durch einen grauen Kasten kenntlich gemacht werden.
Im Fokus steht zwar eindeutig das Kaufrecht. Die Klauseln können häufig aber auch unabhängig von speziellen Vertragstypen gewendet werden.
Gelungen ist außerdem, dass nicht nur auf das Geschäft zwischen Unternehmen (B2B) eingegangen wird, sondern regelmäßig auch eine Bezugnahme zum Geschäft mit Verbrauchern (B2C) stattfindet (z.B. S. 24 zur Privatautonomie; S. 27 zur Leistungsänderung).
Zu beachten ist, aus wessen Sicht die Musterklausel formuliert wurde (z.B. aus Käufersicht bei einer Vertragsstrafe in Kapitel 13; aus Verkäufersicht bei einem Haftungsausschluss und einer -begrenzung in Kapitel 11) und für wen ein Praxistipp gedacht ist (z.B. S. 123 beim Ausschluss der Wareneingangskontrolle). Auch muss der Text genau gelesen werden, um bspw. zu erkennen, ob eine Klausel für den B2B- oder den B2C-Verkehr geeignet ist (z.B. S. 105 zum Abtretungsverbot). Des Weiteren ist zu erwähnen, dass z.T. andere Begriffe in den Musterklauseln verwendet werden. Obwohl die Autoren am häufigsten „wir“ und „Kunde“ benutzen, wird in Kapitel 27 von „Auftraggeber“ und „Auftragnehmer“ und in Kapitel 29 von „Käufer“ und „Verkäufer“ gesprochen. Kapitel 34 ist dahingehend uneinheitlich, als sowohl „Arbeitgeber“ als auch „Arbeitgeberin“ verwendet wird. Hier hätten sich die Autoren an eine einheitliche Begrifflichkeit halten sollen, sofern dies sinnvoll möglich ist.
Mitunter fällt auf, dass die Autoren Themen z.T. nur sehr knapp anreißen und relativ wenig Zusätzliches erläutern (z.B. S. 40 zu den Ausnahmen beim Verzug, bei denen es keiner Mahnung bedarf; S. 48 zu Incoterms; S. 153 zum Ausschluss des UN-Kaufrechts), sodass sich der Leser ggf. anderweitig umschauen muss. Insgesamt hält sich das Werk sehr nah am Gesetz und ist demnach als abstrakt zu bezeichnen. Häufig sind keine Beispiele vorhanden, die den Leser beim Verständnis unterstützen könnten (Eine gute Möglichkeit wäre z.B. bei S. 51 zum Sachmangelbegriff gewesen.).
Für den Leser ist es auch stets interessant und wichtig zu wissen, was geschieht, wenn eine empfohlene Klausel nicht in den Vertrag aufgenommen wird, sprich wie die Gesetzeslage aussieht. Dies wird mitunter nur versteckt und nicht ganz klar wiedergegeben (z.B. S. 64 zur Höheren Gewalt).
Gelegentlich geben die Autoren einen Hinweis, ob zu dieser Thematik bereits höchstrichterliche Rechtsprechung existiert (z.B. S. 37 zu unverbindlichen Lieferterminen; S. 42 zu Schadenspauschalierungen), sodass der Leser in diesem Punkt auf dem aktuellen Stand ist.
Als Zielgruppe sind Rechtsanwälte, Notare, mit Vertrags- oder AGB-Gestaltungen befasste Syndikusanwälte und alle sonstigen mit der Vertragsgestaltung und -prüfung Befassten zu nennen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass das vorliegende Werk auf das deutsche Recht ausgelegt ist und nur ausnahmsweise auf nicht-deutsches Recht Bezug genommen wird (z.B. S. 87 zum Eigentumsvorbehalt im internationalen Geschäftsverkehr).
Die Musterklauseln sind – soweit ersichtlich – nicht zum Abruf oder Download im Internet verfügbar. Dies wäre insbesondere aufgrund einiger recht langer Klauseln (z.B. S. 66: Haftungsausschluss und -begrenzung) wünschenswert gewesen. Daher muss der Leser diese entweder abtippen (lassen) oder einscannen und mit einer Texterkennungssoftware arbeiten.
Der Leser findet sich mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses gut zurecht. Zudem gibt es jeweils eine kleine Inhaltsübersicht vor den Erläuterungen. Die Kopfzeile enthält Angaben sowohl zu dem jeweiligen Teil als auch zu dem Kapitel.
Bei Verwendung des Sachverzeichnisses fällt jedoch auf, dass dieses z.T. unvollständig ist. So wird z.B. weder Sach- noch Rechtsmangel gelistet, obwohl „Sachmangelbegriff“ eine Überschrift auf S. 51 ist und demnach ein zentraler Begriff sein sollte. Das Werk beinhaltet darüber hinaus ein Abkürzungs- und ein Literaturverzeichnis. Mit Hilfe der Randnummern kann präzise verwiesen werden. Das Werk selbst macht davon auch Gebrauch.
Das Werk verwendet zwar Fußnoten. Allerdings hätten die Autoren insgesamt mehr Fußnoten setzen können, damit der Leser erkennen kann, aus welcher ggf. bedeutenden Quelle (z.B. Urteil) die Information stammt (z.B. S. 2 ff., S. 9 ff.). Häufig wird lediglich eine Quelle angegeben, obwohl die Aussage allgemein bekannt sein dürfte (z.B. S. 11 zur Beweislast einer überraschenden Klausel). Ab und an wird aber auch gar keine genaue Quelle benannt, auch wenn dies angebracht wäre (z.B. S. 94: BGH-Urteil über die vorläufige Rücknahme von Vorbehaltsware ohne vorherigen Rücktritt im B2C-Geschäft). Dies sollte in der Folgeauflage nachgeholt werden.
Die Seiten sind aufgrund der Dicke hervorragend zum Markieren geeignet. Besonders wichtige Wörter werden durch Fettdruck hervorgehoben. Eine Hervorhebung findet gelegentlich auch durch Kursivdruck statt (z.B. S. 74).
Fazit: Das vorliegende Werk zeichnet sich mit seinen knapp 200 Seiten als sehr kompaktes Nachschlagewerk mit einem breiten Spektrum aus. Besonders gelungen sind die Musterklauseln und die Beispiele, bei denen der Leser anhand der Piktogramme sofort erkennen kann, ob diese positiv oder negativ zu bewerten sind. Außerdem finden sich Erläuterungen sowohl zum B2B- als auch zum B2C-Geschäft. Aufgrund der relativ wenigen Seiten ist es nicht verwunderlich, dass das Werk z.T. nicht so ausführlich ist, wie es sein könnte und mancherorts auch sein müsste. Der Leser wird sich demnach an einigen Stellen darauf gefasst machen können, weitere Literatur zu Rate zu ziehen. Es bleibt zu hoffen, dass das Werk die weitere Literatur auch bereits in der Fußzeile benennt und nicht schweigt. Für die Folgeauflage ist insbesondere zu empfehlen, die Quellenarbeit entsprechend auszubauen und auch auf die anderen genannten Kritikpunkte einzugehen.